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Per aspera ad astra

Der einflussreichste deutsche Dichter der Aufklärung, Gotthold Ephraim Lessing, schrieb als Vierzehnjähriger an seine Schwester: "Schreibe wie du redest, so schreibst du schön." Ein Großmeister dieser Stilform des Schreibens ist der Astrophysiker Harald Lesch. Auch sein neuestes Werk zur Physik der Sterne strotzt vor Füll- und Flickwörtern, die manchem Deutschlehrer den kalten Angstschweiß auf die Stirne treibt, weil er das gar nicht schön findet. Die geschätzte Hälfte des Buchs besteht aus dieser hemdsärmligen Sprechsprache. Nun ist diese Sprache bei Harald Lesch – und seinem Koautoren Jörn Müller, mit dem zusammen er bereits drei Werke verfasste – ein Weg zum Verständnis: Den beiden Autoren gelingt es auch in diesem Buch, komplexes Wissen auf sehr verständliche Weise zu vermitteln.

Kinder trällern das im Buchtitel genannte Lied gerne und laut "Weißt du, wie viel Sterne stehen?" Natürlich bleiben auch Lesch und Müller die letzte Antwort auf diese Frage schuldig. Zumindest nennen sie eine grob geschätzte Zahl, nämlich 7x10²22. Eine Sieben mit 22 Nullen ist freilich eine große Zahl, die selbst die großen Geldmengen, welche die Zentralbanken im Rahmen der derzeitigen Weltwirtschaftskrise eifrig drucken, in den Schatten stellen.

Was ist ein Stern, woraus ist er aufgebaut, weshalb leuchtet er, wie entsteht er, wie endet er? Das sind nur einige der Fragen, welche die beiden Astrophysiker mit Tiefgang behandeln. Anschaulich zeigen sie, wie Sterne als Kernfusionskraftwerke funktionieren, chemische Elemente "erbrüten" und ganz unterschiedlich vergehen. Fast nebenher lernt der Leser die verschiedenen Sterntypen kennen und erfährt, wie unterschiedlich die Entwicklung von Sternen in Abhängigkeit ihrer Masse verläuft. Viele didaktisch gute Illustrationen erläutern und vertiefen den Text.

Im vorletzten Kapitel bringen die Autoren einen, wie sie selbst schreiben, "Hammer". Sie diskutieren einen sehr exotischen Sterntyp der ersten Generation, der rein theoretisch denkbar, aber nicht nachgewiesen ist: "Dunkle" Population- III-Sterne, die anstelle von Kernfusionsprozessen durch die Vernichtung Dunkler Materie existieren. Lesch und Müller wagen in ihren Büchern stets Spekulationen, laufen dabei aber nie Gefahr, auf reines Glatteis zu schlittern.

Sehr gut gelungen ist eine Sammlung grundlegender Formeln und Gleichungen im Anhang des Buchs. Diese verdeutlicht beziehungsweise vertieft viele der im Text behandelten Themen. Abgerundet wird das Sterne-Buch durch ein prägnant formuliertes Glossar, eine Zusammenstellung nützlicher Internet-Adressen sowie ein Literaturverzeichnis.

Auch im letzten Kapitel philosophieren die Autoren, so wie im ersten. Wie ist die Zukunft des Universums? Die Geschichte unserer Sonne, die ihre Midlife- Crisis noch vor sich hat, wird nach etwa zehn Milliarden Jahren beendet sein. Die Autoren wagen einen Ausblick, der einige Zehnerpotenzen weiter reicht als das Leben der Sonne: Demnach knipst der letzte verlöschende Stern in etwa 100 Billionen Jahren das Licht aus.

Letztlich bleibt der eigenwillige Schreibstil von Harald Lesch und Jörn Müller Geschmackssache. Vielleicht ist dieses Buch aber gerade deshalb so überaus lehrreich, spannend und unterhaltsam? Ein hervorragendes Werk, das eine glatte Eins erhält, weil es die Physik der Sterne strahlend klar erklärt. Wir dürfen gespannt sein auf weitere Lehrstücke dieses Autorenduos, die letztlich zeigen, wie schön die Astronomie und das Wissen über diese Wissenschaft sind.

  • Quellen
Sterne und Weltraum 06/2009

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