Schweres leicht gedacht
Richard David Precht hat es tatsächlich fertiggebracht, den Bericht des Komikers Hape Kerkeling über einen Pilgergang nach Santiago de Compostela vom jahrelang besetzten Platz 1 der "Spiegel"-Sachbuch- Bestsellerliste zu verdrängen – mit einem Buch über Philosophie! Das kann nichts Rechtes sein, dachte ich, griff misstrauisch nach dem handlichen Paperback und rüstete mich zum Verriss nach dem Motto: Gewogen und zu leicht befunden. Leicht fiel mir das Lesen in der Tat, aber oberflächlich schreibt Precht nicht.
Er hat Philosophie studiert, über den Schriftsteller Robert Musil promoviert, sympathische Romane geschrieben und auch sonst fleißig publiziert. Sein neues Buch gliedert er nach den von Immanuel Kant formulierten Grundfragen der Philosophie: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Es beginnt wie eine Erzählung mit einem persönlichen Bekenntnis: Die Schriften der Philosophen haben den Studenten Precht fasziniert und die Professoren ihn enttäuscht, denn sie rekapitulierten die Schriften nur, ohne von neuen Erkenntnissen insbesondere der Hirnforschung Notiz zu nehmen, die gleich nebenan gelehrt wurden.
Der persönliche Einstieg wirkt entwaffnend, denn einem Bekenntnis kann man schlecht widersprechen. Gern nahm ich nun teil an der unvoreingenommenen, respektlosen, aber ernsthaften Wahrheitssuche eines Zeitgenossen. Was weiß die moderne Neurobiologie über unser Denken zu sagen, über Moral und Willensfreiheit? Ist Abtreibung moralisch? Soll man Sterbehilfe erlauben? Dürfen wir Tiere essen? Haben Menschenaffen Menschenrechte? Darf man Menschen klonen?
Deutlich spürt der Leser: Precht behandelt all diese Fragen, weil er selbst Antworten haben will; das merkt man daran, wie er wissbegierig die unterschiedlichen philosophischen Positionen prüft und übersichtlich präsentiert. Für jedes Kapitel findet er einen überraschenden, unterhaltsamen Einstieg; nicht nur Fans von "Raumschiff Enterprise" und "Matrix" kommen auf ihre Kosten.
Erstaunlich selten unterläuft Precht ein Beiwort, das er besser weggelassen hätte, wenn er keine Lust hatte, es näher auszuführen – "der bemerkenswerte evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer" oder "Martin Heidegger, der eine berüchtigte Figur war". An solchen Stellen merkt man, dass Precht sein Riesenthema beschneiden musste wie Charlie Chaplin, der als Tramp alles, was aus seinem prallen Koffer quillt, mit der Schere stutzt.
Trotzdem, für die im Untertitel angekündigte "philosophische Reise" ist man mit Prechts Koffer gut gerüstet. Auch kleine Perlen sind drin. Im Kapitel "Was ist ein glückliches Leben?" berichtet er vom Widerspruch zwischen dem persönlichen Wertesystem, das in unserer auf Sicherheit und Besitz ausgerichteten Gesellschaft Geld und Prestige obenan stellt, und dem empirischen Befund der Glücksökonomen, wonach nichts glücklicher macht als sozialer Reichtum, also Beziehungen zu anderen Menschen.
So gesehen, folgert Precht, leben die meisten Menschen im – global gesehen reichen – Westen falsch: Sie "kaufen Dinge, die sie nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen, mit Geld, das sie nicht haben". Ein Buch über Philosophie, das man gut gelaunt zuklappt wie nach einem Abend mit vielseitig interessierten und darum interessanten Gästen.
Er hat Philosophie studiert, über den Schriftsteller Robert Musil promoviert, sympathische Romane geschrieben und auch sonst fleißig publiziert. Sein neues Buch gliedert er nach den von Immanuel Kant formulierten Grundfragen der Philosophie: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Es beginnt wie eine Erzählung mit einem persönlichen Bekenntnis: Die Schriften der Philosophen haben den Studenten Precht fasziniert und die Professoren ihn enttäuscht, denn sie rekapitulierten die Schriften nur, ohne von neuen Erkenntnissen insbesondere der Hirnforschung Notiz zu nehmen, die gleich nebenan gelehrt wurden.
Der persönliche Einstieg wirkt entwaffnend, denn einem Bekenntnis kann man schlecht widersprechen. Gern nahm ich nun teil an der unvoreingenommenen, respektlosen, aber ernsthaften Wahrheitssuche eines Zeitgenossen. Was weiß die moderne Neurobiologie über unser Denken zu sagen, über Moral und Willensfreiheit? Ist Abtreibung moralisch? Soll man Sterbehilfe erlauben? Dürfen wir Tiere essen? Haben Menschenaffen Menschenrechte? Darf man Menschen klonen?
Deutlich spürt der Leser: Precht behandelt all diese Fragen, weil er selbst Antworten haben will; das merkt man daran, wie er wissbegierig die unterschiedlichen philosophischen Positionen prüft und übersichtlich präsentiert. Für jedes Kapitel findet er einen überraschenden, unterhaltsamen Einstieg; nicht nur Fans von "Raumschiff Enterprise" und "Matrix" kommen auf ihre Kosten.
Erstaunlich selten unterläuft Precht ein Beiwort, das er besser weggelassen hätte, wenn er keine Lust hatte, es näher auszuführen – "der bemerkenswerte evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer" oder "Martin Heidegger, der eine berüchtigte Figur war". An solchen Stellen merkt man, dass Precht sein Riesenthema beschneiden musste wie Charlie Chaplin, der als Tramp alles, was aus seinem prallen Koffer quillt, mit der Schere stutzt.
Trotzdem, für die im Untertitel angekündigte "philosophische Reise" ist man mit Prechts Koffer gut gerüstet. Auch kleine Perlen sind drin. Im Kapitel "Was ist ein glückliches Leben?" berichtet er vom Widerspruch zwischen dem persönlichen Wertesystem, das in unserer auf Sicherheit und Besitz ausgerichteten Gesellschaft Geld und Prestige obenan stellt, und dem empirischen Befund der Glücksökonomen, wonach nichts glücklicher macht als sozialer Reichtum, also Beziehungen zu anderen Menschen.
So gesehen, folgert Precht, leben die meisten Menschen im – global gesehen reichen – Westen falsch: Sie "kaufen Dinge, die sie nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen, mit Geld, das sie nicht haben". Ein Buch über Philosophie, das man gut gelaunt zuklappt wie nach einem Abend mit vielseitig interessierten und darum interessanten Gästen.
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