Haben Sie sich an Ihre Vorsätze für 2023 gehalten? Man könnte ja eigentlich vieles besser machen, rutscht aber im Alltag schnell wieder in alte Muster. Der Journalist Martin Wittmann hat sich vorgenommen, innerhalb eines Jahres in vielen Bereichen besser zu werden. Da er weiß, dass intrinsische Motivation oft nicht genügt, kündigt er an, ein Buch über sein Vorhaben zu schreiben –  je mehr Personen davon wissen, desto unangenehmer ist es schließlich, wenn er scheitert. 

Wittmann ist Anfang 40, hat Soziologie studiert und lebt mit Frau und Tochter in München. Seine »Rundum-Selbstoptimierung« soll im Alltag neben der Arbeit und dem Familienleben zu stemmen sein. Im Januar beginnt er mit einer ersten Veränderung und fügt dann jeden Monat ein weiteres Projekt hinzu. Er will beispielsweise Kochen, Gitarre, Boxen, Tanzen und Spanisch lernen sowie zu einer mehrtägigen Radtour aufbrechen. Und auf Fleisch und das Auto will Wittmann größtenteils verzichten. 

Neues zu lernen und mit Gewohnheiten zu brechen, kostet den Autor viel Kraft. Am Anfang läuft nichts automatisch. Das Zubereiten einfacher Gerichte ist für den Kochanfänger mühsam. Neben seinem straffen Trainingsplan zur Vorbereitung auf das Boxen lernt er Akkorde auf der Gitarre. Nach etwa einem halben Jahr gerät er an seine Grenzen. Wenn er an einer Stelle nachjustiert und deshalb mehr Zeit benötigt, gerät er an anderer Stelle ins Wanken. Zudem schleicht sich das schlechte Gewissen ein, wenn er weniger Zeit und Energie für seine Familie hat. 

Manche Projekte klappen weniger gut. Es fällt Wittmann schwer, auf das Auto zu verzichten oder einen Hummer zuzubereiten. Einiges gelingt jedoch: Mit dem Gravelbike, einer Art Mischung aus Mountainbike und Rennrad, fährt er von Nürnberg nach Berlin. Auch das Familienleben leidet irgendwann nicht mehr. Bei seinen Freundschaften muss Wittmann allerdings Abstriche machen. Als Leserin oder Leser fühlt man mit, wenn Wittmann sich mit seinen vielen Projekten verzettelt. 

Der Autor berichtet von seinen Erkenntnissen, etwa während einer Reise nach Madrid. Zuhause fällt ihm das Pauken von Vokabeln schwer. In Spanien geht das Sprechen dagegen erstaunlich gut. Manches gelingt offenbar ganz nebenbei – ohne Zeitmanagementmethode oder Ratgeberformel. Außerdem übt der Autor sich darin, Wünsche loszulassen. Tanzen zu lernen, gesteht er sich ein, will er wohl nicht wirklich, sondern würde es nur gerne wollen.