Kosmologie: 10 hoch 500 Universen
In den 1990er Jahren machten Astronomen eine verblüffende Beobachtung: Das Universum expandiert nicht nur – vielmehr fliegt, angetrieben von mysteriöser Dunkler Energie, alles darin auch noch immer schneller auseinander! Wieviel schneller, das lässt sich ziemlich genau vermessen. Doch welches Naturgesetz führt ausgerechnet zum gemessenen Wert der beschleunigten Expansion? Brian Greene, Physiker von der Columbia University in New York, bietet eine faszinierende Antwort und beruft sich dabei auf die umstrittene Stringtheorie.
Dieser zufolge besitzt unser Universum nicht nur 4 Dimensionen (3 Dimensionen für den Raum plus eine für die Zeit), sondern 10. Die zusätzlichen 6 Dimensionen sind winzig klein, in bestimmter Weise "gefaltet" und an jeden 3D-Raumpunkt angeheftet. Kann uns doch egal sein!? Ganz und gar nicht: Denn die Art und Weise, wie die Extradimensionen gefaltet sind, entscheidet darüber, welche Kräfte im Universum herrschen, welche Materieteilchen es gibt und ... wie schnell es expandiert. Hier nähern wir uns also dem Problem der beschleunigten Expansion. Und treffen doch gleich auf ein weiteres Problem: Denn es gibt leider 10500 Arten, Extradimensionen zu falten, also 10500 mögliche Universen, die – wenn man's genau nimmt – alle auch wirklich existieren müssten. Denn wenn sie das nicht tun, wäre die Theorie unbefriedigend, sie könnte nämlich nicht erklären, warum genau dieses eine von 10500 Universen tatsächlich existiert und alle anderen nicht.
Killerargument oder Fortschritt? Brian Greene plädiert für Letzteres. Und bringt einen spannenden Gedanken ins Spiel: Vielleicht ist unsere Frage nach dem Naturgesetz hinter der von uns beobachteten beschleunigten Expansion genauso falsch gestellt wie einst Keplers Frage, warum die Erde 8 Lichtminuten von der Sonne entfernt sei. Wir leben eben da, wo es zwischen Hitze und Kälte gerade passt. Vielleicht leben wir auch im Multiversum eben gerade in dem Universum, in dem Galaxien entstehen und nicht zerrissen werden oder verklumpen – also da, wo die Expansionsrate passt. Somit wäre die Expansion unseres Universums nichts Besonderes und ihr Wert nicht durch ein Naturgesetz erklärbar – sondern schlicht ein Spezialfall eines riesigen Spektrums von Möglichkeiten, die irgendwo auch tatsächlich realisiert sind.
Alles nur Spinnerei? Kann schon sein. Aber zum Schluss erklärt Brian Greene auch noch, wie wir die Theorie des Multiversums eines Tages sogar experimentell testen könnten. Sehenswert.
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