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Bedrohte Wale: Tankschiffe im Walgebiet

Auf einer Insel in Westkanada belauschen und beobachten zwei Forscher Wale. Deren Lebensraum bedrohen Frachter einer neuen Tankerroute, die Gas nach Asien bringen. Der Dokumentarfilm »The Whale and the Raven« will den Blick auf das Artensterben richten.
Bedrohte Wale: Tankschiffe im Walgebiet

Veröffentlicht am: 15.04.2019

Laufzeit: 0:01:55

Sprache: englisch UT deutsch

Ein Mann schaut durch ein großes Fenster auf einen grauen See. Er hat Kopfhörer auf und hört Laute, die an Sphärenklänge erinnern: »Whiammp« und ein kurzes »Knääh«. Es sind die Töne von Walen. Dann hört er nur noch ein monotones Brummen: »Dadadageerö«. Das monotone Geräusch der Dieselmaschine eines Frachtschiffes übertönt alles unter Wasser. Hermann Meuter ist Walforscher. Er lauscht den Klängen der Meeresbewohner mit Unterwassermikrofonen. Doch jetzt reißt er sich die Kopfhörer herunter. Er ist sauer, heute kann er keine Wale mehr studieren. Die Filmemacherin Mirjam Leuze stellt in ihrem Dokumentarfilm »The Whale und the Raven« die Forschungsarbeit über Wale von Hermann Meuter und Janie Wray vor. Beide haben zusammen 2001 dazu die Walforschungsstation Cetacea Lab auf Gil Island im Norden von British Columbia in Westkanada aufgebaut.

Hier, in engen Fjorden nahe dem Küstenstädtchen Kitimat, tummelt sich eine große Anzahl an Buckelwalen, Orcas und Finnwalen. Die Gegend ist wie ein überdimensionaler, gefüllter Fressnapf für die vielen Wale, erklärt Janie Wray im Film, so reich ist das Wasser mit Fischen gefüllt. Ein Grund auch einst für die Ureinwohner, hier zu siedeln. Zwei Klans der First Nations – der indigenen Völker Kanadas, die hier an der Küste leben – haben die beiden Walforscher jeweils adoptiert, damit sie dort von den anderen akzeptiert werden: Der Raven(Ganhada)-Klan hat Hermann Meuter und der Blackfish(Gispudwada)-Klan Janie Wray als Mitglied aufgenommen. Beide erforschen das soziale Gefüge und die Kommunikation der schwimmenden Riesen hier an der einsamen Westküste Kanadas. Doch es stehen Veränderungen an. Bald wird es mehr von diesen dröhnenden Geräuschen geben, wenn Tanker Flüssiggas nach Asien exportieren. Für 40 Milliarden kanadische Dollar wurde in der Nähe des Forschungslabors eine gigantische Exportanlage gebaut. Die geplante Route der Frachtschiffe verläuft durch das Fjordsystem des Naturschutzgebiets Great Bear Rainforests, vorbei am First-Nations-Dorf Hartley Bay. Noch weiß keiner genau, wie die Wale darauf reagieren werden.

Die Regisseurin Mirjam Leuze, Ethnologin und Medienwissenschaftlerin, hatte zuvor den Film »Flowers of Freedom« über die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Goldminen gedreht. Mit ihrem Walfilm möchte sie eines erreichen: »Die Erkenntnis, dass wir Menschen nicht allein auf dieser Welt sind, sondern diesen Planeten mit anderen Lebewesen teilen, die hochintelligente, mitfühlende Wesen sind. Wir müssen unsere Sicht auf die Welt verändern, auch mit Blick auf das große Artensterben, das gerade stattfindet und das der Mensch verursacht.« In »The Whale and the Raven« lässt die Dokumentarfilmerin alle Betroffenen zu Wort kommen – auch die unterschiedlichen Interessen der in der Nähe lebenden First-Nations-Bewohner. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung ist der Film eher nicht. Daten, Zahlen oder biologisches Wissen werden nur angerissen, und so bleiben viele Fragen offen. Im Vordergrund steht die Faszination der Walforscher für diese größten Säugetiere unseres Planeten und deren Lebenswelt. Und diese Welt zeigt Leuze im ungeschönt grauen, nasskalten Wetter, aber mit berauschenden Unterwasserbilder aus der Sicht der Wasserbewohner. Grandiose Aufnahmen aus der Vogelperspektive – der Rabenperspektive – lassen eine ungewohnte Weite spüren. So entsteht auch jenseits von Zahlen und Daten ein berührendes Gefühl für eine bislang fast unberührte Natur.

Der Film ist in Zusammenarbeit mit ARTE, dem ZDF und der Film- und Medienstiftung von NRW entstanden.

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