Verhaltensbiologie: Big Brother für Tiere
Herausfinden, warum Zugvögel nicht aus ihrem Winterquartier zurückkehren; mithilfe der Bewegungsmuster von Ziegen Vulkanausbrüche vorhersagen; Flughunde detailliert beobachten, um den eigentlichen Hauptwirt des Ebola-Virus zu identifizieren, der den Erreger auf die Fledertiere überträgt: Solche Ziele verfolgen Wissenschaftler mit dem internationalen ICARUS-Projekt, das am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell initiiert wurde. Dafür wollen die Forscher Tiere mit Sendern ausstatten und über Empfängerantennen an der Internationalen Raumstation (ISS) verfolgen. Der kurzweilige und schön bebilderte Fünf-Minüter der Max-Planck-Gesellschaft zeigt das Vorhaben in einem günstigen Licht, benennt aber auch offene Fragen und technische Herausforderungen und schafft so ein rundes und realistisches Bild.
Allerdings klammert er die Frage nach einem möglichen Missbrauch aus. Was etwa, wenn Tiere aufgrund ihrer Bewegungsmuster, die dank der Radolfzeller Open-Data-Strategie frei im Netz verfügbar sind, gezielt gejagt werden? Bei Gänsen sei das wohl bereits passiert, berichtete Zeit Online. Etwa im Fall von Nashörnern und anderen bedrohten Arten behielten sich die Forscher darum vor, entsprechende Daten zu schützen. Und was ist, wenn die Technik in einer Diktatur dazu umgemünzt werden soll, Menschen zu überwachen? Dann könnten die Sender auch gezielt abgeschaltet werden, so die Max-Planck-Forscher gegenüber der Zeitung. Doch ein solcher Missbrauch muss erst einmal erkannt werden, bevor er sich unterbinden lässt.
Ruhig eine extra Filmminute hätte den Machern des Videos auch die Information wert sein dürfen, dass ein Ethikkomitee über Teilprojekte und überwachte Tierarten mitentscheidet und den Erkenntnisgewinn gegen die Beeinträchtigung individueller Tiere abwägt. Doch nun heißt es erst mal Daumen drücken, wenn Mitte Juni 2017 die Antennen-Hardware ins All fliegen und an Bord der ISS installiert werden soll – erst dann ist die Tierwelt tatsächlich auf Sendung.
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