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Interview: Bildgebung in 4-D: Den Blutfluss im Herzen im Detail beobachten

Den Blutfluss des Herzens detailliert aufnehmen: Mathias Neugebauer vom Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin, MEVIS, erläutert im Interview die Möglichkeiten einer innovativen Technik.
The Beauty of Blood Flow Analysis

Veröffentlicht am: 27.03.2018

Laufzeit: 0:01:19

Sprache: ohne gesprochene Sprache/p>

Raw Science ist ein Onlinenetzwerk mit Sitz in San Francisco, das On-demand-Videos und News über Wissenschaft und Technik produziert.

Herr Neugebauer, von Ihnen und Ihren Kollegen am MEVIS stammen die faszinierenden Bilder in dem hier gezeigten Video. Was ist das Besondere an der 4-D-Technik, mit der Sie den Blutfluss auf der Grundlage von Patientendaten visuell darstellen?

Dr. Mathias Neugebauer: Klassischerweise nutzt man Ultraschall, um Bilder von Blut zu gewinnen, das durch den Körper fließt. Man stellt dabei fest, ob Blut in Richtung des Ultraschallsensors fließt oder von ihm weg. Das Ergebnis ist eine zeitaufgelöste, aber nur zweidimensionale Abbildung. Auch mittels der Gabe von Kontrastmitteln kann man Rückschlüsse über den Blutfluss ziehen. Bei der 4-D-Technik mit Magnetresonanztomografie hingegen, deren Daten wir mit von uns entwickelten Visualisierungs- und Analysemethoden aufbereiten, nehmen wir über die Zeit hinweg – für 20, 30, 40 Zeitpunkte – den gesamten dreidimensionalen Raum des Herzens auf. Wir können für jeden Punkt in diesem Raum sagen, in welche Richtung auf der x-, y- oder-z-Achse das Blut während eines kompletten Herzschlags fließt.

Erkennen Sie mit einer solchen 4-D-Visualisierung mehr als mit bisherigen Verfahren?

Wirbel können wir zum Beispiel sehr deutlich sehen. Wenn das Blut verwirbelt, statt geradlinig weiterzufließen, geht nicht nur Bewegungsenergie verloren. Der instabile Fluss reibt auch an der Gefäßinnenseite. Das schwächt die Zellen, es bilden sich lokale Entzündungen. Das Blutgefäß wird weich, und letztlich kann sich ein Aneurysma bilden, eine Arterienerweiterung. Mit unseren Aufnahmen können wir also im Prinzip abschätzen, welche Menschen eher Gefahr laufen, ein Aneurysma zu entwickeln. An der University of Oxford wird gerade untersucht, inwieweit die so genannte strömungsbedingte Gefäßaufweitung tatsächlich als Biomarker dienen kann, also zuverlässige Prognosen von Erkrankungen ermöglicht.

Können Sie mit Ihrer Arbeit auch schon Patienten helfen?

Wir haben Kinder mit Aortenisthmusstenose untersucht, einer angeborenen Engstelle der Aorta. An dieser staut sich das Blut, und dahinter bilden sich sehr unschöne Wirbel. Das führt zu ungünstigen Druckverhältnissen: Das Herz muss stark pumpen, die unteren Körperregionen werden schlechter mit Blut versorgt, und die körperliche Leistung der Patienten lässt nach. Früher musste man in einer solchen Situation einen Katheter in den Körper des Kindes einführen, um den Druck in den Blutgefäßen zu messen. Danach kannte man die Druckverhältnisse entlang der Strecke, die der Katheter zurücklegte, und konnte krankhafte lokale Druckunterschiede identifizieren. Jetzt geht das komplikationsärmer und belastet das Kind weniger. Es liegt lediglich im MRT-Gerät, und anschließend können wir aus unseren Aufnahmen die Drücke ermitteln.

So vereinfacht sich also die Diagnose. Bringt Ihre Technik auch die Therapie weiter?

Die erwähnten Wirbel kann man auch bei Patienten mit angeborener Herzklappenfehlbildung beobachten. Sie belasten die Herzklappen, so dass diese mit der Zeit ihre Elastizität verlieren. Sie werden hart und behindern den Blutfluss und somit die Sauerstoffversorgung des Körpers. Anhand unserer Bilder können wir in solchen Fällen relativ frühzeitig sehen, ob die Ärzte operativ an der Herzklappe eingreifen müssen oder ob es ausreicht, weiter auf Medikamente zu setzen.

Vermutlich hat die Methode aber auch ihre Schwächen.

Bedeutende Schwächen hat das Verfahren bislang nicht offenbart. MRT-Aufnahmen dauern allerdings deutlich länger als Aufnahmen, die mit anderen Verfahren erstellt werden. Auch ist die Konfiguration der Geräte für den Radiologen komplizierter. Und der Patient muss zwischendurch die Luft anhalten, damit das Bild nicht verwackelt, und darf keine metallischen Implantate tragen, die durch die MRT magnetisiert werden könnten. An entsprechenden Verbesserungen wird aber aktuell gearbeitet.

Sehen Sie weitere Anwendungsmöglichkeiten?

Mit der Methode können wir nicht nur die Blutflussrichtung, Geschwindigkeit und den Blutdruck bestimmen. Es lassen sich auch gewisse Risiken für das Gehirn beurteilen, zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Blutpartikel dorthin gelangen. Sobald sich etwa eine Plaque oder ein Thrombus löst, der sich im Herz gebildet hat, möchte man wissen, ob der mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Gehirn weiterwandert, dort also einen Schlaganfall auslösen könnte, oder ob er sich in periphere Gefäße bewegt und eher harmlos bleibt.

Das Interview führte Christian Wolf.

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