Digital Health: Bits statt Pille
Die viele Jahrzehnte wie in Stein gemeißelten Strukturen des Gesundheitsmarkts lösen sich im digitalen Zeitalter immer mehr auf: Digitale Methoden halten Einzug – nicht nur dank Big Data in der Erforschung von Krankheiten wie Krebs, sondern auch in der Behandlung selbst. Pharmariesen erkennen, dass sich "beyond the pill" ein riesiger neuer Markt auftut. Sie beginnen mit der Suche, für sich Geschäftsmodelle von morgen zu evaluieren, sogar Kooperationen mit IT-Unternehmen stehen auf der Tagesordnung. Das Schlagwort Service Provider macht die Runde, die Patienten künftig ganzheitlich mit vernetzter Medizintechnik versorgen. Hersteller, die in der Bandbreite von Kernspintomographie und Blutanalyse immer nur Segmente der Technologien beherrschen, müssten für eine Medizintechnik 2.0 jedoch erst noch ihre proprietären Standards öffnen; bis dahin ist es noch ein recht weiter Weg, aber die Richtung ist vorgezeichnet.
Digitalisierung im Gesundheitswesen, das bedeutet aber auch das: Für Ärzte wird der "Digitale Assistent" à la Watson von IBM zu einem Berater, dessen relevanten Empfehlungen in der Behandlungsmethode sich Ärzte immer weniger werden entziehen können, hat er doch global umfassenden Zugriff auf statistische Analysen und die neuesten weltweiten Forschungs-Erkenntnisse, aber auch auf innovative Therapiemethoden und deren Erfolge – Daten, die ein einzelner gar nicht mehr überblicken kann. Aber die Welt der Apps beginnt auch in die Tätigkeit von Krankenkassen einzufließen. Denn ihre Aufgabe ist neben der medizinischen Versorgung ihrer Mitglieder auch die Vorsorge. Denn Vorsorge kommt den privaten und öffentlichen Versicherungen deutlich kostengünstiger als die Therapie. Sie fangen damit an, Lösungen von Start Ups für sich zu entdecken. Gleichzeitig verschwinden die bisher so klaren Grenzen zwischen Vorsorge und Therapie. Digitale Apps für den Consumermarkt greifen immer tiefer in die Therapie ein, was nach Einschätzung mancher Experten dahin führen wird, dass Menschen künftig der digitalen Expertise einer App mehr vertrauen als dem Arzt in der Praxis. Mit der Marktmacht der Krankenkassen könnte also zumindest für bestimmte Krankheitsbilder mit der App-Welt eine medizinische Parallelwelt in direktem Wettbewerb zur traditionellen Medizin entstehen. All das war Thema des vierten Innovations-Forums „Digital Health“, organisiert vom Munich Network. Susanne Päch war dort und hat die wichtigsten Fakten und Meinungen der Experten über den Gesundheitsmarkt von morgen in ihrer Reportage zusammengestellt.
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