Direkt zum Inhalt

Teleportation: Byte me up, Scotty!

Zustände eines Quantenteilchens lassen sich über große Distanzen auf ein anderes übertragen. Aber Materie wie in »Star Trek« zu teleportieren – da macht die Physik nicht mit.
Why Star Trek Transporters Are Sci-Fi’s Most Impressive Technology! (Because Science w/ Kyle Hill)

Veröffentlicht am: 28.06.2016

Laufzeit: 0:07:02

Sprache: englisch

Ein Knopfdruck und Captain Kirk verschwindet von der Planetenoberfläche und materialisiert sich wieder an Bord der »Enterprise«. Physikalisch ist ein solcher Transporter zunächst durchaus denkbar. Zumindest funktioniert es bei mikroskopischen Teilchen. 1997 hat ein Forscherteam erstmals die Quantenzustände von Lichtteilchen teleportiert. Dabei übertrug es die Polarisation eines Photons, das heißt die Schwingungsrichtung seines elektromagnetischen Felds, auf eines von zwei miteinander verschränkten Photonen, das rund einen Meter entfernt war (siehe zur genaueren Erklärung auch einen Beitrag auf »Nature News«). Mittlerweile gelingt das sogar mit Atomen: Ein Atom an einem Ort verliert seine typischen Quanteneigenschaften, während ein anderes die Eigenschaften annimmt. Man transportiert also nicht Materie, sondern Information. Das wirft die Frage auf: Lässt sich das Ganze nicht doch auf größere Objekte anwenden, so dass die Vision von »Star Trek« Realität wird?

Ein fundamentales Problem dabei ist die Datenmenge, die zur Rekonstruktion makroskopischer Körper benötigt wird. In diesem Video auf dem YouTube-Kanal Nerdist nennt der amerikanische Wissenschaftsjournalist Kyle Hill Zahlen, wie viele Informationen man benötigt, um ein System perfekt zu kopieren. Sicherlich braucht man Typ, Ort und Geschwindigkeit aller Atome. Je nachdem, ob man noch weitere Eigenschaften – wie etwa das magnetische Moment – hinzunimmt, erhält man bereits einige Dutzend Bit an Information für jedes einzelne der über 1027 (eine Eins mit 27 Nullen) Atome in unserem Körper. Das gilt aber nur für die von der klassischen Physik erwarteten Komplexität materieller Strukturen.

Auf der Mikroebene ist unser Körper aber auch ein quantenmechanisches System, was die Komplexitätsbetrachtung deutlich erschwert: Denn gemäß der Quantenphysik besteht ein physikalisches System nicht nur aus seinen atomaren Bestandteilen, sondern auch aus allen Wechselwirkungen zwischen diesen. Damit explodiert die Informationsmenge geradezu exponentiell: Laut dem im Video genannten Wert bräuchte man einen Festplattenstapel, der dreimal quer durch das sichtbare Universum reicht, um die nötigen Informationen zu übertragen. Das ist allerdings der Maximalwert, den man benötigt, um sicherzugehen, dass die Kopie möglichst perfekt das Original wiedergibt. Es könnte sein, dass sich dieser Wert mit geschickter Datenkompression und unter Vernachlässigung weniger relevanter Informationen massiv verringern lässt. Viele Quanteninformationen etwa könnten für das Funktionieren eines Organismus ziemlich unbedeutend sein. Die Datenmenge wäre dann aber immer noch astronomisch.

Hinzu kommen allerdings zwei weitere Punkte, auf die das Video nicht näher eingeht. Einerseits lassen sich laut der heisenbergschen Unschärferelation Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens nie gleichzeitig genau messen. Es könnte also sein, dass sich bereits bei der Bestimmung des Ausgangszustands Fehler einschleichen, die bei einem einzelnen Atom keine Rolle spielen, bei einem komplexen, zusammengesetzten System aber schon.

Und zweitens wird bei einem Quanten-Kopiervorgang die Information des Ausgangsobjekts unweigerlich zerstört. Quantensysteme sind in diesem Sinne »Unikate«. Beim Quantenkopieren kann auch im besten Fall immer nur eine Instanz des Quantenzustands vorliegen. Das konnten theoretische Physiker sogar anhand des so genannten No-Cloning-Theorems beweisen. Dieses Theorem lässt sich aus den Gesetzen der Quantenphysik ableiten und besagt, dass es unmöglich ist, einen Quantenzustand von einem System perfekt auf ein anderes System zu übertragen, ohne den Ursprungszustand zu verändern. Das ist auch die Grundlage der im Prinzip absolut sicheren Quanten-Kryptografie. Wenn ein Lauscher ein Quantenbit aus dem Informationskanal abzweigt, fällt das auf, weil er keine Kopie davon für sich anfertigen kann, ohne die ursprüngliche Information zu verfälschen.

Wenn man einen Transporter benutzen will, sind diese Erkenntnisse auf der einen Seite beruhigend: Sonst könnte ein dusseliger Techniker zig Zwillingsexemplare von uns erzeugen. Der große Nachteil: Wenn beim Transportvorgang irgendetwas schiefgeht, sind sowohl Original als auch Kopie am Ende futsch und der Proband verwandelt sich in einen nicht wieder gut zu machenden Kollateralschaden der Technikgeschichte.

Schreiben Sie uns!

3 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.