Autos im Röntgenlicht: Computertomographen: neuester Technologie-Hype in der Materialprüfung
Aluminium ist heute ein wichtiger Werkstoff im Karosserie- sowie im Motorenbau von Fahrzeugen. Möglich wurde der Einsatz des Leichtmetalls auch dank neuer Prüfmethoden, die aus der Röntgentechnik kommen. Sie eignet sich besonders für die Prüfung von Aluminium, denn im Röntgenlicht werden darin Materialfehler gut erkennbar. Daher hat sich die Röntgenprüftechnik in den letzten beiden Jahrzehnten im Leichtbau fest etabliert. Beispielsweise werden heute Aluräder sämtlicher Hersteller schon im laufenden Fertigungsprozess einer Röntgenprüfung unterzogen – eine Facette im großen Bereich von Industrie 4.0. Für Anbieter solcher in die Fertigung integrierbarer Röntgenprüfsysteme wie Erhardt + Abt, die zu den Innovationsführern solcher automatisierten Röntgenprüfanlagen gehören, sehen Marktexperten großes Wachstumspotenzial. Seit kurzem ist auch die Computertomographie in solche Prüfsysteme eingezogen. Das bringt dank der noch exakter bestimmbaren räumlichen Position von Materialdefekten samt ihrer genauen Abmessungen höhere Präzision automatisierter Fehlererkennung. Allerdings müssen für ein CT-gestütztes dreidimensionales Röntgenbild auch wesentlich größere Bilddatenmengen verarbeitet werden als in der herkömmlichen Radioskopie.
Die Aufnahme- und Verarbeitungsgeschwindigkeit der CT-Prüftechnologie konnte in den letzten Jahren deutlich verbessert werden: Für kleine Bauteile wie Kolben ist inzwischen eine Echzeitprüfung während der Produktion möglich – bei einem Fertigungstakt von weniger als einer halben Minute. Für die 3D-Aufnahme eines Motorkolbens benötigt das sogenannte Inline-CT, das heute als Pilotanlage beim Kolbenhersteller Mahle steht und gemeinsam mit Forschern am Entwicklungszentrum für Röntgentechnik entwickelt wurde, nur noch etwa 15 Sekunden. Während der Kolben rotiert, entstehen 400 Einzelaufnahmen mit einer Belichtungszeit im Bereich von einer Millisekunde, die die Software in den nächsten 15 Sekunden zu einem Volumenbild verrechnet und mit Algorithmen auf Fehler prüft. Mit der Robotik lässt sich zudem das Handling dieser Teile noch weiter optimieren. Entwickler solcher Systeme erwarten, dass die automatische Interpretation solcher Fehler sogar Einfluss auf den Produktionsprozess nehmen kann: ist über die Asuwertung großer Mengen von Produktionsdaten ein Defizit nachweisbar, kann das System autonom regelnd in den Prozess eingreifen.
Am Entwicklungszentrum für Röntgentechnik, dem EZRT des Fraunhofer IIS, arbeiten Experten bereits an den nächsten Generationen der CT-Technologie, die immer größere Bauteile während des Produktionsprozesses analysieren können. Mit XXL-Tomographen möchten die Forscher das "Innenleben" ganzer Automobile inspizieren. Über die Perspektiven der Technologie sprach Susanne Päch mit Professor Randolf Hanke, der das EZRT leitet und zudem den Lehrstuhl für Röntgenmikroskopie an der Uni Würzburg hält. Sein großer Traum: Er möchte in den nächsten Jahren einen Computertomographen entwickeln, mit dem es möglich wird, sogar den Ablauf eines Autocrashs in einem vierdimensionalen, hoch aufgelösten Röntgenfilm zu dokumentieren.
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