Molekulare Maschinen: Das weltweit erste Rennen von Nano-Autos
Ende April 2017 traten sechs Teams in Südfrankreich zum allerersten Autorennen im kleinstmöglichen Maßstab an. Zwei davon hatten ihre NanoCars allerdings nicht einmal mitgebracht. Denn das Rastertunnelmikroskop (RTM) am CEMES, einem Zentrum für Materialforschung im französischen Toulouse, verfügt über nur vier Spitzen, mit denen sich der Standort der nanometergroßen "Autos" vermessen lässt und von denen sie ihre Energie in Form von Elektronen beziehen. Die Forscher aus Graz und Ohio hatten ihre Autos daher kurzerhand zuhause gelassen und steuerten die dortigen RTMs per Fernbedienung.
Wie man sich die von High-Tech geprägte Atmosphäre rund um die "Rennbahn" vorstellen kann, davon vermittelt der informative Clip einen sehenswerten Eindruck. Von den Hintergründen erzählt er hingegen fast nichts, obwohl die NanoCars bereits durch die Weltpresse gingen. Der bislang berühmteste Vertreter dieser Fahrzeugklasse stammt nämlich von Bernard Feringa; der Niederländer hatte für seine molekularen Maschinen, darunter eben auch ein NanoCar, gemeinsam mit Kollegen im Jahr 2016 den Chemienobelpreis erhalten.
Typischerweise besteht ein NanoCar aus einem einzigen Molekül mit nicht einmal hundert Atomen. Führt man ihm über die Spitze eines RTM Strom zu, verändert sich an bestimmten Stellen die Struktur der Bindung zwischen Atomen oder es kommt zu Vibrationen. Wählt man bei der Herstellung des Autos nun gezielt Strukturen aus, die bei einer solchen Stimulation eine Drehbewegung vollziehen, ist der erste Schritt zu einem elektrischen Rad geschafft.
Wie die in Toulouse an den Start gegangenen Konstruktionen im Modell aussehen, zeigt übrigens eine Grafik von Nature.
Die Vorgabe der Veranstalter des NanoCar Race lautete, dass die Rennwagen in 36 Stunden 100 Nanometer überwinden müssen, also 0,1 Mikrometer. Das Grazer Team schaffte sogar 150 Nanometer in 90 Minuten; dabei arbeitete es zusammen mit Forschern von der Rice University in Houston, Texas, wo der Begriff NanoCar ursprünglich geprägt worden war. Zwei weitere Teams kamen allerdings gar nicht erst vom Fleck.
Noch handelt es sich bei solchen Rennen um hochanspruchsvolle Spielereien, die wenig praktischen Nutzen versprechen, immerhin aber öffentliche Aufmerksamkeit garantieren. Mancher spekuliert zwar darüber, dass die Technik langfristig zum Beispiel in Computerspeichern Einsatz finden könnte. Näher liegen allerdings Fragen wie die nach Details der Wechselwirkung zwischen "Autos" und "Rennstrecken", zwischen Molekülen und Oberflächen also. Die erhofften Antworten könnten dazu beitragen, dass sich Moleküle künftig gezielter zu größeren Strukturen zusammensetzen lassen.
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