Materialien: Ein Gewächshaus auf dem Mars?
Aerogele sind künstlich hergestellte Festkörper, die so porös sind, dass sie fast ausschließlich aus Luft bestehen. Ihre besondere Struktur bringt ihnen nicht nur den Rekord für die geringste Dichte ein, sie macht sie auch zu ausgezeichneten Wärmeisolatoren. Im Zentrum des Youtube-Videos aus der Reihe »Veritasium« stehen Silikat-Aerogele, die bis zu 97 Prozent aus Luft bestehen und trotzdem eine beeindruckende, mechanische Festigkeit aufweisen. Im Video werden zahlreiche Experimente mit dem Material vorgeführt, die seine erstaunlichen Eigenschaften zeigen.
Neben Anwendungen als Speichermedium für Gase oder zur Wärmedämmung, steht seit Kurzem auch noch eine weitere, besonders spektakulär anmutende Einsatzmöglichkeit für das Wundermaterial im Raum: Es könnte dabei helfen, den Mars lebensfreundlicher zu machen. Zwar war die Oberfläche unseres Nachbarplaneten vor langer Zeit bereits einmal von Seen, Flüssen und sogar einem riesigen Ozean geprägt. Als er vor vier Milliarden Jahren sein schützendes Magnetfeld und in der Folge seine Atmosphäre verlor, hat sie sich jedoch in eine lebensfeindliche, von hoher UV-Strahlung heimgesuchte Eiswüste verwandelt.
Forscher der Harvard University und der University of Cambridge haben kürzlich im Fachjournal »Nature Astronomy« einen Vorschlag präsentiert, wie sich dieser Effekt zumindest lokal wieder umkehren ließe. Ihren Berechnungen zufolge würde eine zwei bis drei Zentimeter dicke Schicht aus Silikat-Aerogel ausreichen, um sowohl die schädliche Strahlung abzuschirmen als auch die Temperatur weit genug zu erhöhen, um das Eis wieder aufzutauen. Den Forschern zufolge macht ihr spezieller Mix an Eigenschaften Silikat-Aerogele zum perfekten Material für ein solches Vorhaben. Sie lassen sichtbares Licht von der Sonne passieren, um die Oberfläche aufzuwärmen, halten aber gleichzeitig UV-Strahlung zurück. Außerdem lassen sie, ähnlich wie in einem Treibhaus, die Wärme nicht mehr entweichen, was eine permanente Temperaturerhöhung ohne die Notwendigkeit einer aktiven Heizung bewirken würde. Inspiriert wurde die Studie durch ein natürliches Phänomen, das bereits jetzt auf unserem Nachbarplaneten zu beobachten ist. An seinen Polen befindet sich eine Mischung aus gefrorenem Eis und gefrorenem Kohlendioxid, die ganz ähnliche Eigenschaften wie die Aerogele aufweist. Auch sie lässt das Sonnenlicht ungehindert passieren und wirkt gleichzeitig als Wärmeisolator, weshalb im Marssommer unter dem Eis erwärmte Flecken zu beobachten sind.
Im Gegensatz zu so genannten Terraforming-Ansätzen, die eine Veränderung der gesamten Marsatmosphäre vorsehen und allein schon ob ihrer gewaltigen Ausmaße als reine Utopie abgetan werden müssen, ließe sich ein »Marsgewächshaus« aus Silikat-Aerogel auch in kleinem Stil realisieren und dann sukzessive ausbauen.
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