Psychopathie: Ein psychopathisches Gehirn?
James Fallon ist überzeugt davon, dass er einen Psychopathen an dessen Gehirn erkennen kann. Schließlich hat der Neurowissenschaftler von der University of California in Irvine in den letzten Jahrzehnten die Hirn-Scans von etwa 70 Mördern ausgewertet. Eines Tages blickte er auf eine besonders prägnante Aufnahme. Hirnareale, die für Impulskontrolle, moralisches Verhalten, Angst und andere Emotionen wichtig sind, zeigten sich darauf nur schwach oder gar aktiv – Fallon war sicher, das Gehirn eines Psychopathen vor sich zu haben. Doch er stellte fest: Auf der Aufnahme sah er sein eigenes Gehirn.
Dieser 4-minütige Film der BBC beschäftigt sich vor allem mit Fallon selbst: Wie reagierte er auf die Entdeckung und wie versuchte er, in der Folge damit umzugehen? Auch seine Familie kommt zu Wort. Eigentlich, so sagt zum Beispiel sein Sohn, war er nicht wirklich von der Entdeckung überrascht. Fallon habe eine Menge von dem, was ein Serienkiller braucht.
Eine detailliertere und wissenschaftlichere Einordnung von Fallons Geschichte liefert der Beitrag Psychopathen – eine Welt ohne Empathie auf dasgehirn.info. Er zitiert auch eine Stimme, die Fallons Befund relativiert: den renommierten Psychopathieexperten Robert Hare von der kanadischen University of British Columbia. Diesem zufolge gibt es tatsächlich "erfolgreiche" Psychopathen in ehrbaren Berufen, die nicht zu Verbrechern werden. Entgegen landläufiger Meinung können Psychopathen nämlich durchaus moralisch richtig und falsch unterscheiden. Was ihnen vor allem fehlt, ist Mitgefühl, Reue und ein Schuldbewusstsein. Hare selbst ist anders als Fallon darum skeptisch in Bezug auf die Aussagekraft der Hirnscanbilder von Psychopathen. Denn die Unterschiede zwischen Psychopathen und "normalen" Menschen, die sich darauf finden, seien teilweise minimal.
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