Philosophie: Epikur – (zu) leicht gemacht
Ob Philosophie, Literatur oder politische Theorie – der YouTube-Kanal "The School of Life" bedient sich aus dem Fundus der Geistesgeschichte. Für seine Videos macht er aus komplexen Theorien kleine, leicht verdauliche Häppchen, die uns helfen sollen, unser Leben besser zu meistern. In die Serie der Philosophievideos reiht sich ein fünfeinhalbminütiger Clip über Epikur ein, der aus einer Abfolge von Fotos und Collagen besteht, die vor allem unterhaltsam und witzig sein sollen.
Die zentrale Frage in Epikurs Philosophie wird auch im Film diskutiert: Was macht Menschen glücklich, worin besteht Glück oder ein gutes Leben? Die im Film als Epikurs Antworten auf diese Fragen verwendeten Formulierungen sind zwar einfach zu verstehen, aber ungenau übersetzt und dadurch missverständlich. So ist es eben nicht "fun", also "Freude" oder "Spaß", worin für Epikur grundlegend Glück besteht, sondern eine besondere Form von Lust, was in der englischen Literatur meist mit "pleasure" übersetzt wird.
Der Film beschränkt sich auf jeweils drei moderne Beispiele dafür, was nach Epikur falsch verstandene Lust sei: Geld, Konsum beziehungsweise Luxus und romantische Liebesbeziehungen. Und er nennt drei Beispiele, wie Glück nach dem griechischen Philosophen stattdessen zu erreichen sei – durch Freundschaft, intrinsisch motivierte Tätigkeiten und Ruhe. Unter "Seelenruhe" (griechisch: ataraxia) versteht Epikur aber nicht nur, wie im Film dargestellt, Nachdenken oder Alleinsein, sondern auch die Abwesenheit von Schmerz oder von Ängsten, beispielsweise vor dem Tod – ein elementarer Aspekt in seiner Philosophie, der im Film gar nicht erwähnt wird.
Fazit: Der Film greift wichtige Elemente der Philosophie Epikurs auf, beispielsweise den Wert der Freundschaft. Zentrale Begriffe stellt er dabei oft zu einfach und letztlich falsch dar, sodass er dem großen Philosophen schlicht nicht gerecht wird.
Aber vielleicht geht es ja auch weniger um Epikur als um kostenpflichtige Workshops: Hinter "The School of Life" steckt eine gleichnamige Londoner Organisation, die 2008 von dem Philosophen, Schriftsteller und TV-Produzenten Alain de Botton gegründet wurde und auch Kurse zur Lebensbewältigung anbietet.
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