Astronomie: Exoplaneten klangen noch nie so gut
"A whole new world", eine ganz neue Welt: Das Lied, das sich im Disney-Original – im Zeichentrickfilm "Aladdin" von 1992 – lediglich als neue Perspektive auf dieselbe alte Erde erwies, wird in der Cover-Version von A Capella Science endlich seinem Titel gerecht. Hier geht es tatsächlich um ganz neue Welten, nämlich um Exoplaneten: Planeten, die andere Sterne umkreisen als die Sonne.
Die Suche nach Exoplaneten ist eine der großen Erfolgsgeschichten der Astronomie der letzten zwanzig Jahre. Diese Geschichte erzählt der Physiker Tim Blais in seinem Musikvideo so musikalisch wie kompetent und unterhaltsam. Gesanglich wird er dabei von Julien Neel von Trudbol (A Capella von Barbershop bis Beatles), Sam Robson (Disney bis Gospel) und Gia Mora (Einstein's Girl, Scirens u.a.) unterstützt, die der Clip mal solo ins Bild setzt und mal zu ganzen a-capella-Chören vervielfältigt.
Nun ist das wirkliche Leben kein Musical, sondern komplizierter und über Strecken hinweg langweiliger. Und wenn man wirklich mal die Neigung verspürt, seinen Gefühlen spontan durch ein Lied Ausdruck zu verleihen, fehlt es meist an geeigneter Begleitung. So überzeichnet und zugespitzt "Whole New Worlds" darum auch ist – in punkto Wissenschaft erweist es sich als erstaunlich akkurat.
In der Tat haben die ersten Exoplanetenjäger nach verschobenen Spektrallinien gesucht. Mit Hilfe dieser so genannten Radialgeschwindigkeitsmethode spürten sie 1995 den ersten Planeten auf, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist, nämlich um 51 Pegasi. Kenner wissen darüber hinaus, dass schon zuvor, 1990, ein Planet um eine Sternleiche, einen Pulsar, entdeckt worden war – das Musikvideo weiß es ebenfalls!
In teils durchaus polyphonen Strängen, bei deren Dechiffrierung die Untertitel helfen, bringen die Sänger also nicht nur die wichtigsten Fakten, sondern auch viel Hintergrundinformation unter. Ja, in der Anfangszeit der Exoplanetensuche wurde tatsächlich diskutiert, wie 51 Pegasi entstehen konnte und ob und in welcher Form dabei Migrationen eine Rolle spielten, also radiale Wanderungen eines Planeten auf seinen Stern zu oder von ihm weg. Und ja, bei der Radialgeschwindigkeitsmethode wissen wir die Masse des Himmelskörpers nur bis auf einen Faktor von sin(i) genau, mit i als dem Winkel, um welchen seine Bahnebene relativ zu uns als fernen Beobachtern geneigt ist.
Wer sich mit Exoplaneten auskennt, wird bei dieser musikalischen Tour de Force viele alte Bekannte entdecken. Wer hingegen zum ersten Mal von ihnen hört, versteht nicht alle Details, sollte aber zumindest dem roten Faden folgen können. Der führt von Pegasi 51b über Kepler-Teleskop und Transitmethode (Nachweis von Exoplaneten durch "partielle Sternfinsternisse") bis hin zur Suche nach einer zweiten Erde und schließlich zu Proxima b, dem erst im Sommer 2016 gefundenen Planeten um den erdnächsten Stern Proxima Centauri. Messkurven und Diagramme von ESO, NASA & Co. inklusive. Die jüngsten Funde um den roten Zwergstern Trappist 1 folgen im Video als ultrakurzer Nachklapp.
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