Erbkrankheiten: Fehler im Bauplan des Kraftwerks
Mitochondrien sind, unter anderem, die Kraftwerke der Zellen: Sie erzeugen die Energie, die der Körper zum Leben benötigt. Und sie enthalten eigene DNA, weshalb sie von so genannten mitochondrialen Erbkrankheiten betroffen sein können. Diese erfahren meist wenig Aufmerksamkeit – umso erfreulicher ist es, dass das britische Fachjournal Nature ihnen hier ein Video widmet.
Einfach gehaltene Illustrationen führen leicht verständlich in das Thema ein, wobei es sicherlich der Erfassbarkeit geholfen hätte, Fachbegriffe wie "oxidative Phosphorylierung" – der eigentliche Prozess der Energiegewinnung – auch schriftlich einzublenden. Zum gelungenen Überblick trägt nicht nur die Erwähnung der Ursachen für mitochondriale Erbkrankheiten bei, sondern auch ein drastisches Beispiel, das stets tödlich verlaufende Leigh-Syndrom.
Den eigentlichen Anlass für das Video aber gibt eine relativ neue Möglichkeit, solche Erbkrankheiten von vornherein zu verhindern: die Eihüllenspende, auch Mitochondrientransfer genannt. Dabei überträgt man den Zellkern aus der Eizelle der Mutter in die Hülle einer gesunden Spenderinnen-Eizelle, deren Zellkern zuvor entfernt wurde, und setzt der Mutter das befruchtete Ei wieder ein. Auf diese Weise wird die geschädigte Mitochondrien-DNA der Mutter von Anfang an nicht an ihr Kind weitergegeben.
Doch die Technik wird kontrovers diskutiert, was das Video bedauerlicherweise nicht thematisiert – wohl, weil die Wurzeln von Nature in Großbritannien liegen, wo der Umgang mit dem Thema legerer ist als in Deutschland. Unklar ist zum Beispiel, zu welchen Komplikationen sie später im Leben des Patienten führen kann. So findet sich trotz Transfer der Spenderinnen-DNA auch immer noch ein Anteil der mütterlichen mitochondrialen DNA in den Zellen des wachsenden Kindes. Hinzu kommt: Rein genetisch haben die so entstehenden Kinder drei Elternteile.
Auch bleibt unerwähnt, dass es eine Alternative gibt: die Eizellspende. Diese wird allerdings ebenfalls zwiespältig gesehen. Sie ist einerseits sicher und erprobt, andererseits ist ein so entstehendes Kind genetisch nicht mit der Mutter verwandt.
Patienten, die unter einer mitochondrialen Erbkrankheit leiden – allein in Großbritannien sollen es 14 000 Menschen sein –, hilft das neue Verfahren übrigens nicht weiter. Nachträglich lassen sich die geschädigten Gene nämlich nicht ersetzen.
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