Wir werden alle sterben: Folge 42: Polsprünge - nur stilecht mit Handtuch!
Hallo und herzlich willkommen zur zweiundvierzigsten Folge von "Wir werden alle sterben" am 42. Tag des Jahres 2018. Heute möchte ich euch etwas über Polsprünge erzählen. Der Begriff klingt ziemlich apokalyptisch, aber der Nordpol bleibt natürlich, wo er ist. Es geht dabei um die Veränderungen des Erdmagnetfeldes. Zum Beispiel wandert der magnetische Pol im Laufe der Zeit in der Nähe des Nordpols umher. Im Moment driftet er von Kanada aus Richtung Norden.
Ein deutlich dramatischerer Vorgang ist allerdings die Umkehrung des Erdmagnetfeldes. Wenn also plötzlich die Kompassnadel nach Süden zeigt. So eine Feldumkehr dauert normalerweise etwa 1000 bis 10 000 Jahre, und während dieser Zeit ist das Magnetfeld deutlich schwächer und hat mehrere Pole an verschiedenen Orten der Erde. Erdgeschichtlich gesehen ist das ein normaler Vorgang, allein in den letzten 40 Millionen Jahren gab es 70 Umkehrungen des Magnetfelds. Spannend ist das Thema allerdings vor allem deswegen, weil es eine Reihe von Indizien gibt, dass in absehbarer Zeit so eine Magnetfeldumkehr passieren könnte.
Zum einen wird das Erdmagnetfeld seit Jahrzehnten deutlich schwächer, in den letzten 150 Jahren um etwa zehn Prozent; zum anderen wandern die Magnetpole seit dem Jahr 2000 auch deutlich schneller als sonst, um bis zu 65 Kilometer pro Jahr. Außerdem verändert das Magnetfeld seine Struktur und scheint eher einem schwachen Feld mit mehreren Polen zu ähneln. Die letzte Feldumkehr war vor fast 800 000 Jahren; es wäre also rechnerisch langsam mal wieder Zeit.
Anders als manchmal behauptet wird, sind diese Polsprünge keine Gefahr für das Leben auf der Erde, und damit auch nicht für uns. Schließlich passiert das alle halbe Million Jahre, und in den Fossilien gibt es keinerlei Indizien für ein Massensterben. Was man allerdings sieht, sind radioaktive Nuklide wie instabile Beryllium- und Stickstoffkerne, die bei einer Magnetfeldumkehr häufiger entstehen und sich auf der Erde ablagern.
Ursache dafür ist die kosmische Strahlung, die normalerweise zu einem beträchtlichen Teil vom Magnetfeld abgelenkt wird. Ist das Magnetfeld schwächer, treffen die Teilchen auf die Atmosphäre und erzeugen dort radioaktive Elemente. Das ist aber auch der Grund, weshalb uns auch ohne Magnetfeld die Strahlung nichts anhaben kann. Unsere Lufthülle fängt den Kram ab. Das wichtigste Problem ist, dass die kosmische Strahlung die Ozonschicht zerstören würde – wir müssten also ein paar Jahrtausende lang viel Sonnencreme benutzen.
Spannender ist die Frage, was eine Magnetfeldumkehr mit unserer Technik anstellen würde. Satelliten zum Beispiel. Schon bei heutigen Sonnenstürmen verursachen die energiereichen Teilchen Datenfehler, so dass die Systeme neu booten müssen. Ohne Magnetfeld würde zumindest die heutige Generation von Satelliten viel häufiger ausfallen, speziell GPS. Das Problem lässt sich aber durch speziell geschützte Satelliten bewältigen. Das gleiche gilt für die verwundbaren Stromnetze.
Eine Umkehrung des Magnetfeldes wäre also keine Katastrophe, sondern vor allem lästig und gelegentlich teuer. Aber ob es tatsächlich in den nächsten Jahrhunderten passiert, ist völlig unklar. Das Magnetfeld ist nämlich chaotischer als man gemeinhin hört. Neben den gemächlichen Richtungswechseln macht das Erdmagnetfeld auch kurze Exkursionen.
Klingt harmlos, aber dabei kehrt sich das gesamte Magnetfeld kurz um und schnappt dann nach ein paar hundert Jahren zurück zur normalen Polarität, zuletzt vor nur etwa 40 000 Jahren. Wie und warum es das macht, weiß niemand. Insofern ist es gut möglich, dass das Erdmagnetfeld noch ein paar Überraschungen für uns hat.
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