Wasserstofftechnik: Fotosynthese durch künstliches Blatt
Fossile Brennstoffe sind begrenzt, und das Kohlendioxid, das wir bei ihrer Verbrennung in die Atmosphäre blasen, zerstört unseren Planeten. Kein Wunder also, dass Forscher rund um den Globus mit Hochdruck an der Entwicklung von Systemen zur künstlichen Fotosynthese arbeiten. Indem sie der Luft Kohlendioxid entziehen und in Brennstoffe umwandeln, würden sie dem unheilvollen Verlauf entgegenwirken.
In dem Video der Harvard University präsentiert der dort forschende Chemiker Daniel Nocera, ein Pionier auf dem Gebiet der künstlichen Fotosynthese, seine Arbeit und seine Visionen. Konkret geht es um eine Weiterentwicklung des von ihm und seinem Team geschaffenen »künstlichen Blattes«, das aus den Zutaten Licht, Kohlendioxid und Wasser Treibstoff erzeugt – und das mit einer deutlich höheren Effizienz als seine Gegenstücke in der Natur.
Wie im Video von 2016 zu sehen, spaltet dabei ein Katalysator, angeregt durch eine geringe elektrische Spannung, Wassermoleküle in ihre Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf. Da der äußerst kurze PR-Clip allerdings mit Informationen geizt, hier noch einige Hintergrundinfos: Hatte eine Vorgängerversion des künstlichen Blattes von 2011 noch auf Materialien basiert, die für Mikroorganismen giftig waren, kamen für das neue System bakterienfreundliche Legierungen aus Kobalt und Phosphor zum Einsatz.
Das ist wichtig, denn in der weiterentwickelten Version des künstlichen Blattes wollten Nocera und sein Team den erzeugten Wasserstoff nicht einfach direkt als Treibstoff verwenden, sondern brachten zusätzlich noch Biologie ins Spiel: Sie ließen auf dem Katalysator Ralstonia eutropha wachsen, ein Bakterium, das Wasserstoff aufnimmt und daraus zusammen mit Kohlendioxid aus der Luft Treibstoff erzeugt.
Stammt die für das Aufbrechen der Wassermoleküle nötige elektrische Energie aus einer herkömmlichen Solarzelle, so ist das System in der Lage, drei bis vier Prozent der auftreffenden Sonnenenergie im erzeugten Treibstoff zu speichern. Müssen sich die Bakterien das Kohlendioxid nicht aus der Luft holen, sondern werden direkt mit reinem Gas versorgt, sind den Forschern zufolge sogar zehn Prozent möglich. Zum Vergleich: Bei der natürlichen Fotosynthese stecken Pflanzen lediglich ein Prozent der Sonnenenergie in die erzeugten Kohlenhydrate.
Seit Entstehung des Videos sind Nocera und sein Team noch einen Schritt weitergegangen: Indem sie ihr künstliches Blatt mit einer anderen Art von Bakterien, Xanthobacter autotrophicus, kombinierten, ist es ihnen 2017 gelungen, Düngemittel anstatt Treibstoff herzustellen. Xanthobacter-Bakterien verwenden den Wasserstoff des künstlichen Blattes und Kohlendioxid aus der Luft, um Biomasse zu erzeugen, die sie in ihrem Inneren speichern.
Daraufhin brachten die Forscher die gesättigten Bakterien direkt in die Erde ein, wo sie aus dem Stickstoff der Atmosphäre Ammoniak für die Düngung von Pflanzen bildeten. Der Erfolg bei der Ernte bestätigte die Forscher schließlich in ihrem Vorhaben: Das mit der neuen Methode gedüngte Gemüse wog 150 Prozent mehr als das der ungedüngten Vergleichsgruppe. Nocera zufolge soll die Methode eines Tages Bauern in Indien oder Subsahara-Afrika ermöglichen, selbst Düngemittel zu produzieren.
Mit Hilfe von Sonnenenergie einen nachhaltigen Kreislauf für den Kohlenstoff zu schaffen, scheint ein viel versprechender Weg. Auch wenn es sich größtenteils noch um Grundlagenforschung handelt und die Entwicklungen noch in den Kinderschuhen stecken.
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