Wissenschaftsgeschichte: Händewaschen nicht vergessen
Die Welt der Wissenschaft ist nicht immer gerecht – gelegentlich ist sie sogar richtig unfair. Natürlich gibt es die Menschen, deren Namen unzertrennlich zu einer großen Idee gehören. Charles Darwin und die Evolutionstheorie zum Beispiel, Thomas Edison und die Erfindung der Glühbirne, James Watson und Francis Crick und die Struktur der DNA. Aber es gibt auch die anderen Fälle. Ignaz Semmelweis etwa, um den es in diesem Video aus der Reihe "My Favourite Scientist" der Nottingham Trent University geht. Filmemacher Brady Haran und der interviewte Infektionsbiologe Michael Laughlin erzählen vom tragischem Leben des Querdenkers und seinem Kampf um Anerkennung. Das Ergebnis ist ein Video wie Händewaschen: Es benutzt einfache Mittel, funktioniert aber gut.
Der ungarische Mediziner Semmelweis führte als Erster ein, dass sich Ärzte nach der Untersuchung von lebenden oder toten Körpern die Hände mit Desinfektionsmittel waschen sollten. Seine systematische Untersuchung zur Ursache der Müttersterblichkeit gilt als erstes Beispiel von evidenzbasierter Medizin, wie sie heute den Leitlinien entspricht.
Seiner Zeit war er damit allerdings zu weit voraus, um auf Verständnis zu stoßen. Zwei Jahre nach seinem Tod zeigte der Schotte Joseph Lister, dass die Desinfektion des Operationstisches die Patientensterblichkeit verringert. Lister wurde zum Baron ernannt, Ehrenmitglied so ziemlich jeder wichtigen Wissenschaftsvereinigung seiner Zeit und bekam seinen eigenen Bakterienstamm, die Listerien. Ignaz Semmelweis hatte viel Ärger und landete in der Psychiatrie.
Dabei handelt es sich um eine Ungerechtigkeit, die auch nicht dadurch besser wird, dass der wahre Vater der Hygiene im Club der verkannten Pioniere in guter Gesellschaft ist. Watson und Crick haben die Struktur der DNA aufgeklärt – aber wer war gleich noch mal Rosalind Franklin? Was hat Nikola Tesla mit der Glühbirne zu tun? Und wer kennt Alfred Russel Wallace, beziehungsweise dessen Beitrag zur Evolutionstheorie?
Immerhin ein kleines Andenken ist Semmelweis geblieben: Der nach ihm benannte "Semmelweis-Reflex". Er beschreibt das Phänomen, dass etablierte Wissenschaftler neue Ideen ablehnen, auch wenn die Fakten dafür sprechen.
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