Korrelierte komplexe Systeme: Die Regel hinter dem Zufall
Kaum zu glauben: Als Wissenschaftler unzusammenhängende, zufällige Ereignisse genauer analysierten, fanden sie immer wieder die gleichen Muster. Bereits Mitte der 1950er Jahre stieß der ungarisch-US-amerikanische Physiker Eugene Wigner im Zuge der nuklearen Aufrüstung erstmals auf ähnliche Energieverteilungen in verschiedenen schweren Atomkernen – und erregte damit weltweit das Interesse anderer Forscher. Als sie dieses Phänomen näher untersuchten, erkannten sie, dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelte: Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen entdeckten immer mehr Beispiele für diese wiederkehrende Ordnung. Selbst wenn sie nicht genau verstehen, was dahintersteckt, führt das universelle Verhalten dennoch zu einem tieferen Verständnis unserer Welt.
Ein Beispiel gefällig? Stellen Sie sich vor, Sie rennen zu einer Bushaltestelle, und der Bus fährt gerade vor Ihrer Nase weg. Laut einem Schild verkehrt die Buslinie aber alle zehn Minuten. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Bus schon innerhalb der nächsten fünf Minuten auftaucht?
Für unabhängige, zufällige Ereignisse ist die Wahrscheinlichkeit durch eine so genannte Poisson-Verteilung gegeben. Doch was ist, wenn das Eintreffen der Busse nicht unabhängig ist? In der mexikanischen Stadt Cuernavaca beauftragen die Busfahrer beispielsweise Späher, die ihnen mitteilten, wann der letzte Bus eine Haltestelle angefahren hat. So können die Fahrer ihre Weiterfahrt verzögern oder beschleunigen, um so viele Gäste wie möglich zu befördern.
Im Jahr 2000 stellten zwei tschechische Wissenschaftler, Milan Krbálek und Petr Šeba, fest, dass die Verteilung dieser Zeitabstände keiner Poisson-Kurve folgt, sondern eine Mischung aus einer Verteilung eines geordneten und zufälligen Systems darstellt. Zu diesen so genannten komplexen korrelierten Systemen zählen unter anderem die Abstände von Bäumen in Urwäldern, die Abstände parkender Autos oder die Abstände zwischen benachbarten Nullstellen der riemannschen Zetafunktion, die mit der Verteilung von Primzahlen zusammenhängt. Dieses universelle Verhalten scheinbar unabhängiger Phänomene versetzt noch heute die Wissenschaftler unterschiedlichster Bereiche in Erstaunen.
Das Video beschreibt die Geschichte des spannenden Forschungsgebiets, die mit dem Manhattan-Projekt begann. Damals weckten die Energieniveaus schwerer Atomkerne das Interesse der Experten. Durch diese Kenntnis konnte man nämlich vorhersagen, wann Urankerne freie Neutronen einfangen und wieder aussenden. Der Vorgang steht am Anfang der Kettenreaktion einer Kernwaffe. Der Physiker Eugene Wigner stellte fest, dass die Abstände der Energieniveaus einer Verteilung folgen, die sich auch durch zufällige Ereignisse ergibt.
Das »Quanta Magazine« verweist in dem Video aber auch auf neue Forschungsergebnisse. Demnach folgt ebenso die Anordnung von farbsensitiven Zellen in den Augen von Hühnern einer Verteilung, die universell ist. »Was jedoch das Verständnis dieses universellen Verhaltens angeht, sehen wir bisher erst die Spitze des Eisbergs,« schlussfolgert das Video.
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