Gesundheit und Psyche: Kreuzbandriss mit den Händen heilen?
Zu Anfang setzt die Sendung mit dem Moderator Dennis Wilms auf den Wunderfaktor: Der Therapeut Mohammed Khalifa heilt in seiner Salzburger Praxis Kreuzbandrisse – allein mit seinen Händen! Was nach Hokuspokus klingt, wird derzeit wissenschaftlich von einer Forschergruppe untersucht. Wie der Beitrag aus der Reihe "Odysso – Wissen im SWR" zeigt, führte die Khalifa-Methode in einer Untersuchung gegenüber herkömmlicher Physiotherapie nicht nur zu einer verbesserten Funktion des verletzten Knies. Bei 50 Prozent der untersuchten Khalifa-Patienten war drei Monate nach der Behandlung das Kreuzband sogar vollständig nachgewachsen.
Beeindruckend? Viele Schulmediziner würden an dieser Stelle wohl kritisch argumentieren: Die Probandengruppe war zu klein für aussagekräftige Resultate, und es ist bislang nur eine einzige Forschergruppe, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. Dass das vordere Kreuzband durch die im Film dargestellte Methode wieder zusammenwachse, sei eigentlich ausgeschlossen. Sie können hierfür auf zahlreiche anatomische, experimentelle und klinische Studien verweisen, die das Heilungspotential des vorderen Kreuzbands untersucht haben. Lediglich wenn es sich statt um einen vollständigen Riss um eine Teilruptur handele, könne die erhaltene Bandstruktur durch Vernarbungsprozesse wieder zu einem stabilen Kreuzband führen. Manuelle Therapie würde in diesem Fall schneller zu Beschwerdefreiheit im Alltag führen, sei aber letztlich nicht für die Ausheilen des Kreuzbandes verantwortlich.
Während man noch irritiert grübelt, geht der Film unterdessen munter weiter und berichtet, dass die Forschergruppe, die eng mit Mohammed Khalifa zusammenarbeitet, nach der Khalifa-Behandlung auch noch auf einige physiologische Besonderheiten im Körper der Patienten stieß. Diese könnten aus ihrer Sicht den überraschenden Heilungsprozess erklären.
In der zweiten Hälfte geht der Beitrag dann der Frage nach, inwieweit denn die Psyche bei der wundersamen Genesung eine Rolle spielt. Schließlich beeinflusst die Fürsorge des Arztes und die Erwartungshaltung der Patienten bei vielen Erkrankungen die Heilung – Stichwort Placeboeffekt.
Die Sendung kreist diese Fragen ein. Dazu führt sie den Zuschauer in Forschungslabore der Berliner Charité und der Universität Zürich, wo untersucht wird, wie sich Angst und Stress auf den Organismus und sogar auf das Erbgut auswirken. Und der Beitrag fahndet sowohl im medizinischen Alltag als auch in der Hirnforschung nach dem Einfluss, den das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient auf den Heilungserfolg hat. Dabei wechseln sich Forschungsberichte, Reportageelemente, Interviews und anschauliche Animationen ab, so dass man gerne 45 Minuten "am Ball" bleibt.
Am Ende stehen viele interessante Befunde – und weiterhin eine ordentliche Portion Skepsis.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen