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Sciencefiction: Briten und andere Aliens

Auch wenn das bisher nicht so auffiel: Die Men in Black (MIB) betreiben im Zeitalter der Globalisierung natürlich eine internationale Organisation und beschützen die Menschheit rund um die Welt, vorzugsweise an malerischen Orten.
MiB International: Briten und andere Aliens

Veröffentlicht am: 20.12.2018

Laufzeit: 0:22:45

Sprache: englisch

Der am 13. Juni 2019 in den Kinos angelaufene Film spielt in der gleichen Welt wie seine drei Vorgänger, aber die bisherigen Hauptpersonen Agent J (Will Smith) und Agent K (Tommy Lee Jones) tauchen nicht mehr auf. Stattdessen übernehmen die ernsthafte junge US-Agentin M und der leichtlebige britische Agent H die Rettung der Welt vor fiesen Aliens, die in Europa und Nordafrika einzufallen drohen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass M und H von der Niederlassung in London aus operieren. Ihr Weg führt sie nach Marrakesch, in die Bucht von Neapel und nach Paris.

M erfährt, dass der Eiffelturm in Wahrheit als außerirdisches Einreiseterminal am Ende eines verborgenen Wurmlochs gebaut wurde. Und sie bemerkt, dass bösartige Aliens wie islamistische Terroristen aussehen können. Nach diesen überraschenden Erkenntnissen geht dem Film auch schon die Luft aus. An den Ideenreichtum der bisherigen MIB-Filme reicht er nicht annähernd heran. Er scheint im Gegenteil sorgfältig bemüht, an den Markenzeichen der Reihe möglichst wenig zu verändern, um niemanden zu verärgern. Die Protagonisten sehen in ihren schwarzen Anzügen immer noch aus wie Angestellte eines Bestattungsinstituts. Beim ersten Film ergab das durchaus Sinn. In den 1950er und 1960er Jahren gaben Ufologen in den USA immer wieder an, sie seien von einschüchternd auftretenden Männern in schwarzen Anzügen aufgesucht worden, die ihnen nahelegten, ihre Recherchen über Ufos einzustellen. Das ist heute längst vergessen, aber die MIB haben ihre Kleiderordnung noch immer nicht gelockert.

Das Konzept der Filmreihe besteht darin, Aspekte der amerikanischen Gesellschaft zu überzeichnen und einige stereotype Figuren dann als Aliens zu entlarven. Ferner suggeriert sie, dass viele Einwanderer nicht nur aus fremden Ländern, sondern in Wahrheit von fremden Planeten stammen. Damit führt sie die damals schon in den USA grassierende Fremdenfeindlichkeit ad absurdum. Und nicht zuletzt projiziert sie menschliche Verhaltensweisen auf Aliens. Dabei bewahrt die Filmreihe aber stets den Charakter einer leicht überdrehten skurrilen Komödie. Eine religiöse Sekte von Mini-Aliens in einem Schließfach, ein sprechender Hund, nerdige Wurmlinge und ein flughafenartiges galaktisches Einreiseterminal trugen zum Charme des Franchise bei. Während die ersten drei MIB-Filme ein Gag-Feuerwerk mit gelegentlichen Spitzen gegen die real existierende amerikanische Gegenwart abbrennen, versucht sich die MIB International an einer Art James-Bond-Parodie. Malerische Schauplätze in Italien, Frankreich und Marokko, ein immer gut gelaunter englischer Agent und ein mit technischen Gadgets und Waffen vollgestopftes Luxusauto ergeben aber noch keinen guten Film. Die meisten Witze zünden nicht, und einige Aliens scheinen eher aus Lewis Carrolls Wunderland als von einem fremden Planeten zu stammen. Der Australier Chris Hemsworth, bekannt als etwas tumber Thor bei den Avengers, versucht, den Agenten H als englischen Oberklasseschnösel zu spielen. Er scheitert daran aber grandios. Die von Roger Moore so perfekt beherrschte Mischung aus Arroganz und Effektivität, Selbstironie und ernsthafter Sorge um seine Mitmenschen bringt er trotz aller Mühe nicht glaubhaft auf die Leinwand. Seiner Kollegin M, gespielt von Tessa Thompson, lässt das Drehbuch kaum Spielraum zur Entfaltung. Sie bleibt in der Rolle der eifrigen, ernsthaften Agentin auf Probe gefangen. Emanzipation gibt es nur in Ansätzen. »Wieso Men in Black?«, fragt sie an einer Stelle, die offenbar als Verbeugung vor dem Zeitgeist in das Drehbuch aufgenommen wurde.

Ansonsten hat man den Eindruck, der Film sei von einer Art Zeitblase umhüllt, in der sich seit dem letzten MIB-Film nichts verändert hat. Die Drehbuchautoren haben sich jede Anspielung auf aktuelle Verhältnisse verkniffen. Trumps Amerika kommt nicht vor, die aktuelle Flüchtlingsdebatte bleibt ausgeblendet. Der Film berichtet zwar von einer Einwanderungswelle über das Wurmloch im Eiffelturm, verfolgt das Thema aber nicht weiter. Auch die aktuelle Entwicklung der Ufo-Diskussion spielt keine Rolle. Dabei gäbe es durchaus genug Stoff. Ende Mai 2019 brachte die angesehene »New York Times« beispielsweise einen Artikel, in dem sie Piloten der US-Navy zu ihren Sichtungen unbekannter Flugobjekte in den Jahren 2014 und 2015 befragte. Die seltsamen Himmelserscheinungen seien stundenlang zu sehen gewesen sein und hätten Hyperschallgeschwindigkeit sowie unmögliche Beschleunigungen erreicht, berichten die Flieger. Schon im Jahr 2017 hatte die Zeitung die Behauptung aufgestellt, in einem Lagerhaus in Las Vegas bewahre das US-Militär Trümmer von Flugobjekten auf, die aus unbekannten Metalllegierungen mit »erstaunlichen« Eigenschaften bestehe. Das klang absolut sensationell. Aber Metallurgen, die das Internetportal von »Scientific American« dazu befragte, bezweifelten die Richtigkeit dieser Aussage. Es gebe keine Legierung, die man nicht analysieren könne, so sagten sie. Und sollten die Teile wirklich aus dem Weltraum kommen, sei das auch relativ leicht festzustellen. Von solchen Einwänden lassen sich wahre Ufologen natürlich nicht überzeugen. Sie glauben weiterhin an außerirdischen Besuch auf der Erde. Für den neuen MIB-Film müsste das eine Steilvorlage sein, aber er nimmt sie nicht auf. Stattdessen versucht er, den Charme seiner Vorgänger mit dem Flair von James-Bond-Filmen anzureichern – und scheitert daran kläglich. Immerhin hat er einige Schauwerte zu bieten. Die CGI-Effekte sind auf der Höhe der Zeit, und die futuristischen Waffen erzeugen ein gewaltiges Feuerwerk. Einige der Drehorte sind traumhaft schön in Szene gesetzt. Aber das allein kann einen Film nicht retten, dem es an Ideen und Aktualität fehlt.

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