3-D-Zellkultur: "Mini-Hirne" aus der Retorte
Nein, ein echtes Minigehirn ist es nicht, was Forscher um den deutschen Molekularbiologen Jürgen Knoblich 2013 in einer modernen High-Tech-Küche in Wien haben entstehen lassen. Die Wissenschaftler vom Institut für Molekulare Biotechnologie erschufen vielmehr ein "zerebrales Organoid", ein unserem Zentralorgan ähnliches, aber künstlich hervorgebrachtes Zellsystem – gerade einmal erbsengroß.
Bei ihrem Kochrezept griffen sie auf menschliche (induzierte pluripotente Stammzellen) zurück, wie Jürgen Knoblich in diesem Videobeitrag der britischen Wochenzeitschrift The Economist, der auch Aufnahmen aus dem Wiener Labor zeigt, erklärt.
Das künstlich geschaffene Gewebe ließen die Forscher in einem Bioreaktor heranwachsen, dessen Rotieren die Nährstoffversorgung der Zellen verbessert. Nach 20 bis 30 Tagen bildete sich ein Zellsystem mit unterscheidbaren Hirnregionen. In Rot erscheinen auf den Aufnahmen die mit Färbetechniken zum Leuchten gebrachten Vorläuferzellen von Neuronen, die Nervenzellen selbst in Grün. Andere Bilder zeigen Hirnhäute; der Hippocampus ist im Ansatz vorhanden und andeutungsweise sind es auch die Zellen einer Netzhaut.
In den letzten Jahren haben weitere Forschergruppen solche Organoide erschaffen und das Kochrezept von Knoblich und seinen Kollegen dabei mal mehr, mal weniger abgewandelt. Mit Hilfe der Organoide kann man etwa untersuchen, ob die Schichtung der Hirnrinde bei Erkrankungen wie der Mikrozephalie sehr früh gestört ist (siehe etwa ein Artikel auf Spektrum.de).
Das kurze Video ist wahrlich kein optischer Leckerbissen, wohl aber informativ. Vor allem beleuchtet es auch die Grenzen des Verfahrens: Weil ein Kreislaufsystem fehlt, treten im Zentrum der Organoide ab einer bestimmten Größe Ernährungsprobleme auf – sie bleiben damit auf einem Entwicklungsstand stehen, den die Organe eines Fötus in der neunten Schwangerschaftswoche erreichen.
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