Textilarchäologie: Mittelalterliche Kleidung unter der Lupe
Die Durchsicht des Materials ergab eine Fülle unterschiedlicher Textilformen, darunter eine Reihe fast vollständig erhaltener Kleidungsstücke sowie Fragmente leinener Innenfutter mit spärlichen Resten der ehemaligen Wollkleider, außerdem Fragmente mehrerer Leinenhemden mit starker Fältelung an Kragen und Ärmel mit erhaltenen Textilknöpfen und zugehörigen Knopflöchern, deren Größe nahelegen, dass sie Bestandteil weiblicher Kleidung waren oder gar von Kindern getragen wurden. Auch Männerkleidung wurde gefunden: »Eine vollständig erhaltene leinene Unterhose, das Fragment einer zweiten und ein Textilfragment aus roter und blauer Wolle, das sich als Hosenlatz herausstellte, wurden von Männern getragen«, erklärt Beatrix Nutz.
Insgesamt wurden vier Textilien aus Leinen gefunden, die modernen BHs ähneln. »Zwei stärker fragmentierte Exemplare scheinen eine Kombination aus einem BH und einem kurzen Hemd zu sein. Sie enden direkt unter der Brust, haben aber zusätzliche Stoffteile oberhalb der Körbchen zum Verdecken des Dekolletés und keine Ärmel«, erklärt Beatrix Nutz. Die beiden weiteren gefundenen »BHs« ähneln modernen BHs noch stärker: »Der dritte ›BH‹ sieht mit zwei breiten Trägern und einem nicht erhaltenen Rückenteil modernen BHs viel ähnlicher. Dieser ist auch der am aufwändigsten dekorierte«, sagt die Archäologin. Der vierte »BH« ähnelt einem modernen Büstenhalter am meisten. »Er ist eine Kombination aus einem BH und einem Mieder und kann am ehesten mit einem modernen Longline-BH verglichen werden.«
Beatrix Nutz: https://www.uibk.ac.at/urgeschichte/mitarbeiterinnen/beatrix-nutz/beatrix-nutz.html
Institut für Archäologien: https://www.uibk.ac.at/urgeschichte/
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