Bernhard Hoëckers Gute Frage: Ist es möglich, ausgestorbene Arten »rückzuzüchten«?
Die Evolution geht niemals zurück, sondern sie baut auf Vorhandenem auf und verändert es. Dabei wählt die natürliche Selektion – oder ein menschlicher Züchter – die Organismen aus, die sich fortpflanzen können. Schauen wir uns mal die von dir genannten Kühe etwas näher an: Alle unsere Hausrindrassen -wie diese prächtigen Angusrinder hier auf dem Heidelberger Königstuhl – stammen vom Auerochsen oder Ur ab. Diese Tiere waren einst weit in Asien und Europa verbreitet, doch der Mensch hat ihren Lebensraum immer mehr zerstört und die Art schließlich ausgerottet. Die letzte Kuh starb vermutlich 1627.
Das ist ja noch nicht so lange her, und aus Beschreibungen und Zeichnungen wissen wir, wie diese Urviecher ausgesehen haben. Man kann daher aus heutigen Kühen diejenigen auswählen und kreuzen, die einem Auerochsen möglichst ähnlich sehen. Genau das machten in den 1920er Jahren die Brüder Lutz und Heinz Heck. Die daraus hervorgegangenen »Heckrinder« feierten die Nazis als »rückgezüchtete Auerochsen« – doch das sind sie natürlich nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Hausrindrasse, die vielleicht so aussieht wie ein Auerochse – und selbst daran bestehen Zweifel. Der Begriff »Rückzüchtung« ist daher falsch. Man spricht eher von »Abbildzüchtung«. Kennt man das Genom einer ausgestorbenen Art, kann man zusätzlich versuchen, Tiere zu züchten, die den ausgestorbenen Vorfahren nicht nur äußerlich, sondern auch genetisch ähneln. Eine Kopie der Urart bekommen wir dabei jedoch ebenso wenig. Bernhard, ich kann dich also beruhigen: Einen »Ur-Bernhard« werden wir nicht »rückzüchten« können.
Wozu dann das Ganze? Große Pflanzenfresser wie die Auerochsen spielten einst in unseren Ökosystemen eine wichtige Rolle. So sorgten sie durch ihr Weiden dafür, dass in Europa offene Graslandschaften erhalten blieben. Will man solche naturnahen Lebensräume schützen, ergibt es Sinn, hier Tiere auszuwildern, die den ursprünglichen Bewohnern möglichst ähneln. Man kann sich aber die Frage stellen, ob es nicht besser wäre, statt Abbilder ausgerotteter Tiere zu schaffen, die noch vorhandenen Lebensräume der Erde mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt vor dem Untergang zu bewahren. Denn was verloren ist, bekommen wir auch durch »Rückzüchtung« nie wieder zurück.
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