Big Data in der Astronomie: Sternströme mit Migrationshintergrund
Die meisten Sterne unserer Milchstraße sind hier geboren. Doch es gibt auch solche mit Migrationshintergrund, wie dieses Video des National Optical Astronomy Observatory zeigt. Astronomen des »Dark Energy Survey«, eines Projekts zur Himmelskartierung, haben gleich elf Sternströme in der Milchstraße identifizieren können, deren Ursprung nicht in unserer Galaxie liegt. Sie stammen wohl aus benachbarten Zwerggalaxien, die sie an unsere Heimatgalaxie »verloren« haben. Wenn eine kleine Galaxie an einem Schwergewicht wie unserer Milchstraße vorbeifliegt, können Sterne und Gaswolken durch die Gravitationskraft aus ihr herausgezogen werden. Besonders im Halo der Milchstraße finden sich viele Sterne, die aus solchen Begegnungen stammen.
Es ist gar nicht so einfach, einen solchen Sternstrom zu entdecken: Inmitten von Millionen anderer Sterne gilt es, Gruppen von Sternen zu identifizieren, die eine ähnliche Entfernung und Bewegungsrichtung oder ein ähnliches Alter aufweisen.
Manchmal ist ein solcher Sternstrom kompakt und bewegt sich als leicht zu identifizierender Sternhaufen durch die Milchstraße. Solche Sternströme können aber auch weit auseinanderliegende Sterne beinhalten, die über einen langen Zeitraum etwa von Nachbargalaxien herübergeflogen sind. Nur wenn man die Entfernung und Bewegungsrichtung von sehr vielen Sternen genau bestimmt, lässt sich nachweisen, ob es sich um einen Sternstrom handelt oder ob sich nur einige Sterne zufällig in dieselbe Richtung bewegen. Mit den elf gefundenen, neuen Kandidaten hat sich die Zahl der bekannten Sternströme fast verdoppelt.
Möglich wurde diese überraschende Entdeckung durch die hervorragenden Daten des Dark Energy Survey. Der Hauptzweck der Himmelskartierung ist eigentlich ein anderer: Es geht um eine möglichst gute Bestimmung der Bewegung ferner Galaxien, um die Expansion des Kosmos zu vermessen, die durch die Dunkle Energie angetrieben wird. An diesem internationalen Großprojekt sind mehr als 400 Wissenschaftler von 25 Instituten beteiligt. Um ihr Ziel zu erreichen, durchforsten die Astronomen seit nunmehr fünf Jahren den gesamten Sternenhimmel. Ein leistungsstarkes Vier-Meter-Teleskop auf dem Cerro-Tololo Inter-American Observatory in den chilenischen Anden liefert die Daten, in denen die Forscher bereits 300 Millionen Objekte – vor allem Galaxien – im All ausmachen konnten.
Sternströme zu identifizieren, fällt angesichts dieser enormen Zahl neu gefundener Himmelsobjekte quasi nebenbei an – und zeugt gleichzeitig sehr schön davon, mit welch riesigen Datenmengen die moderne Astronomie zu kämpfen hat. Nur mit großen Rechenzentren lässt sich diese Informationsflut noch in den Griff bekommen. Und die Entwicklung geht weiter: In den nächsten Jahren soll noch ein Vielfaches der heute bekannten Sterne und Galaxien katalogisiert werden.
Der Trend geht dabei immer mehr dazu, diese wissenschaftlichen Daten nicht nur Spezialisten, sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hobbyastronomen können dann auf ihrem Computer mitforschen. Vielleicht hilft die Kreativität der vielen, in diesen unerschöpflichen Datenmengen die eine oder andere Entdeckung zu machen, die den Spezialisten entgangen ist.
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