Nanomaterialien: Superkristalle: Materialeigenschaften nach Wunsch
Sie könnten die Optik und Elektronik voranbringen: so genannte Quantenpunkte und Nanokristalle. Üblicherweise handelt es sich dabei um Ansammlungen von einigen hundert bis 10 000 Atomen. Solche Teilchencluster besitzen einerseits die typisch quantenphysikalischen Eigenschaften von Atomen wie die Fähigkeit zu Überlagerungszuständen. Daher auch der etwas irreführende Name »künstliche Atome«. Andererseits lassen sich der Atomtyp und die Anordnung der Atome zueinander, etwa in Kristallgittern mit definierter Struktur, innerhalb gewisser Grenzen nach Wunsch einstellen. Damit können Forscher maßgeschneiderte Materialien erschaffen, die ganz bestimmte elektronische und optische Eigenschaften aufweisen.
Dabei treten erstaunliche Phänomene auf, unter anderem dieses: Die Wechselwirkung von nanometergroßen Materieteilchen mit Licht hängt stark von ihrer Größe ab. Gold besitzt normalerweise einen metallisch gelben Glanz. Nanopartikel aus Gold hingegen, die aus nur rund 100 Atomen bestehen, strahlen rubinrot. Sie sind es auch, die viele Kirchenfenster aus dem Mittelalter in tiefem Rot leuchten lassen.
Das Spiel mit solchen künstlichen Atomen lässt sich nun noch eine Ebene höher führen, wie dieses Video auf dem YouTube-Kanal Seeker zeigt: Forscher können Atome zu Nanokristallen anordnen, aber auch mehrere Nanokristalle zu einer bestimmten Form zusammenfügen. Wie »normale« Atome in einem »normalen« Kristall sitzen diese Nanoteilchen dann in einer festen Struktur neben- und übereinander und formen einen »Superkristall«.
Auf diese Weise können Forscher gleich auf mehreren Ebenen Einfluss auf die Eigenschaften des Materials nehmen: Sie wählen die Atomsorte, anschließend fügen sie sie zur gewünschten Nanokristallstruktur zusammen, und schließlich ordnen sie auch die entstandenen Nanokristalle in einer bestimmten Struktur an. Auf diese Weise lassen sich die Eigenschaften des entstehenden Materials sehr genau vorherbestimmen.
Noch sind solche »doppeltgemoppelten« Metamaterialien sehr aufwändig und teuer in der Herstellung. Aber das Gebiet entwickelt sich schnell, und den Herstellungsprozess einzelner Materialien konnten Wissenschaftler schon drastisch beschleunigen. Manche Superkristalle wachsen bei geeigneten Bedingungen innerhalb weniger Sekunden.
Gewöhnliche Nanokristalle und Quantenpunkte haben bereits vielerorts Einzug in unser Alltagsleben gehalten. So macht man sich etwa in Sonnencremes die Eigenschaften winziger Cluster aus Titandioxid-Teilchen zunutze, um ultraviolette Strahlung von der Haut fernzuhalten. Solche Kügelchen reflektieren UV-Strahlung sehr effektiv und können sich dank ihrer geringen Größe zudem eng zusammenlagern. Technische Anwendungen profitieren ebenfalls. Bestimmte Quantenpunkte absorbieren oder emittieren Teile des Lichtspektrums besonders gut, so dass sie die Ausbeute von Solarzellen verbessern oder für plastischere Farben auf Bildschirmen sorgen.
Superkristalle könnten nun einen weiteren Sprung nach vorne bedeuten – falls die Forscher die hohe Kunst ihrer Herstellung perfektionieren. Besonders die Display-Industrie ist sehr an neuen Materialien mit genau definierten Charakteristika interessiert. Denn farbtreue, leuchtstarke, energieeffiziente, langlebige und zugleich preiswerte Bildschirme sind unverzichtbare Pluspunkte für jede Art moderner Elektronik – ob für Smartphone, Fernseher oder Digitalkamera.
Anmerkung der Redaktion: Gegen Ende des Seeker-Clips geht der Moderator übrigens nahtlos dazu über, Werbung für eine Finanzapp zu machen.
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