Beam me up!: Weltpremiere made in Europe: Datenautobahn ins All
Kommerzielle Geoservices sind längst zu einem richtigen Geschäft geworden, und auch bei Katastrophen erweisen sich die qualitativ immer besser werdenden Bilder aus dem All als zunehmend wichtiges Hilfsmittel des Krisenmanagements. Anwender fordern jedoch nicht nur immer mehr Bandbreite für die Datenübertragung, sie wünschen sich auch immer kurzfristigere Verfügbarkeit der Daten für die Auswertung. Konventionelle Funktechnologie, deren Komponenten vielfach aus den sechziger Jahren stammen, ist da längst überfordert; außerdem sind die Radiofrequenzen aufgrund starker Nachfrage zu einem knappen Gut geworden. Die Zukunft gehört der optischen Kommunikation, die bedeutend größere Bandbreite hat.
Das Zeitalter der kommerziell betriebenen optischen Nachrichtenübertragung im All hat 2016 begonnen. Die Weltpremiere: Erstmals werden die Daten vom Satelliten nicht mehr über konventionellen Funk übertragen, sondern über einen Laserstrahl in die geostationäre Position gebeamt. Es konnte in Europa gar nicht schnell genug gehen. Und so haben die Verantwortlichen des Generalunternehmers Airbus zusammen mit der europäischen Weltraumbehörde ESA als wichtigem Mitfinanzier des Projektes entschieden, nicht auf den Bau des ersten eigenständigen EDRS-Satelliten zu warten, der erst 2017 startklar ist. Sie haben ein EDRS-Modul als Nutzlast auf den Satelliten Eutelsat 9B gepackt, der im Januar 2016 startete.
Das Geschäftsmodell von EDRS: Mit den Kunden werden exakte Zeitschlitze für die Überspielung der Satellitendaten definiert. Zu den vereinbarten Zeiten lokalisiert EDRS mit seinem Laserstrahl den unter ihm vorbei fliegenden Satelliten, der dafür auch mit einem Lasermodul ausgestattet sein muss. Die beiden stellen eine optische Verbindung her, auf dieser Trägerfrequenz kann der Satellit Daten bis maximal 1,8 GigaBit pro Sekunde in die geostationäre Position übertragen. EDRS routet sie dann direkt zur Erde weiter, denn eine Zwischenspeicherung der Daten ist nicht möglich. Für die Strecke von der geostationären Position zum Boden setzt EDRS konventionelle Funktechnologie ein. Denn damit können die Daten europaweit empfangen werden.
Die USA haben solche Daten-Relaisstationen mit den Satelliten vom Typ TDRS – für Tracking and Data Relais Satellit – schon seit vielen Jahren in geostationärer Bahn. Bisher arbeiten sie ausschließlich mit konventioneller Funkübertragung. Deshalb ist in Amerika der Handlungsdruck in Sachen Laserkommunikation auch nicht so hoch wie in Europa, wo ein derartiges System gerade für die Erdbeobachtungssatelliten fehlte. Dennoch experimentiert die NASA seit längerem mit Laserkommunikation, allerdings ist ein erstes Laser-Demonstrationsmodul für den kommerziellen Test erst für 2017 geplant. Die NASA fokussiert bei der Laserkommunikation stark auf die Übertragung von Sensordaten, die an Bord von Sonden tief in das Sonnensystem fliegen und von fernen Planeten dann beispielsweise hochaufgelöste Live-Videos zur Erde übertragen können. Dabei ist dann auch der Downlink zu einer Bodenstation für Laserempfang eingeplant, die derzeit entwickelt wird.
Das European Data Relais System wird die mit unterschiedlichen Sensoren gesammelten Daten von Erdbeobachtungssatelliten in niedrigen Umlaufbahnen dank optischer Kommunikation jetzt wesentlich schneller als bisher zu den Anwendern bringen. Die beiden jüngsten Erdbeobachtungs-Satelliten der ESA – Sentinel 1 und 2 – tragen bereits EDRS-Lasermodule an Bord, um die gesammelten Sensordaten für hochaufgelöste Radarbilder sowie Aufnahmen in 13 Spektralbereichen des sichtbaren Lichts ab Sommer über den ERDS-Laser fast in Echtzeit zum Boden zu übertragen. Bisher können diese europäischen Satelliten ihre Daten nur in schmalen Zeitschlitzen ausspeichern, solange sie bei ihrem Umlauf gerade im Sichtfeld einer Bodenstation fliegen. Das sind nur etwa 10 Prozent ihrer knapp 100 Minuten dauernden Erdumrundung.
2017 soll die zweite EDRS-Nutzlast starten, und zwar auf dem ersten eigens dafür entwickelten Satelliten. Ab diesem Zeitpunkt wird das System über die zwei dann verfügbaren EDRS-Positionen täglich rund 100 Terabyte Daten zum Boden schicken können.
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