Pierre-Auger-Observatorium: Weltraumteilchen im Wassertank
Auf der Erdoberfläche lässt sich die kosmische Strahlung nicht direkt messen. Trifft ein Teilchen auf die obere Atmosphäre, beginnt ein für das menschliche Auge unsichtbares Kollisionsspektakel. An deren Ende steht ein Schauer aus unzähligen Myonen und Elektronen, die im ultravioletten Licht leuchten. Die Astrophysiker beobachten die Teilchenschauer mit unterschiedlichen Methoden, darunter Detektoren für Tscherenkow-Strahlung, Fluoreszenz-Teleskope und Radiowellen. Diese unterschiedlichen Nachweisprinzipien erlauben es, systematische Fehler einer einzelnen Beobachtungsmethode herauszufiltern.
Mit Fluoreszenz-Teleskopen wird diese elektromagnetische Strahlung im UV-Bereich aufgezeichnet und analysiert. Zusammen mit der präzisen Messung der Zeit des Eintreffens jedes einzelnen Teilchens lässt sich ein Modell des Schauers entwickeln und Rückschluss auf die Herkunft des Teilchens ziehen. Da die Atmosphäre selbst ein Teil der Versuchsanordnung im freien Feld ist, der die Beobachtungsdaten beeinflusst, wird der Zustand der Atmosphäre permanent überwacht, also kalibriert. Diese Daten – vor allem die Transparenz der Atmosphäre im Zeitpunkt der Teilchenschauer – fließen in die Modellierung mit ein.
Eine über die gesamte Fläche von rund 3000 Quadratkilometern verteilte Experimentalanlage von 1.600 Wassertanks ist mit Tscherenkow-Detektoren ausgerüstet. Das Funktionsprinzip: Im Wasser des Behälters ist die Lichtgeschwindigkeit geringer als im Vakuum. Treffen die hochenergetischen Myonen aus dem Schauer mit Lichtgeschwindigkeit auf Wasser, dann werden sie darin abgebremst. Dabei erzeugen sie Lichtblitze, die sogenannte Tscherenkow-Strahlung. Mit Hilfe von Photomultipliern lässt sich das blaue Licht messen. Mithilfe umfangreicher physikalischer Modelle gibt die Intensität dieser Strahlung Aufschluss über die Energie der Teilchen. Zudem kann auch hier durch die Feststellung des Einfallswinkels die Herkunft der Schauer festgestellt werden.
Mit einem geplanten Upgrade der Anlage, deren Finanzierung derzeit noch nicht beschlossen ist, wollen die Wissenschaftler im Pierre-Auger-Observatorium künftig die präzise Zahl der Myonen ermitteln. Das würde genauen Aufschluss darüber geben, welches Primärteilchen jeden einzelnen Event ausgelöst hat: beispielsweise ein schwerer oder leichter Atomkern, ein Proton oder ein Gammaquant. Heute ist eine Aussage dazu nur durch statistisch möglich.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.