Hyperflare: Wenn Magnetare ausbrechen
Im Dezember 2004 traf ein gewaltiger Strahlenblitz die Erde. Dieser auch »Hyperflare« genannte Ausbruch, der die Messinstrumente von Forschungssatelliten überforderte, geschah in einer Entfernung von 50 000 Lichtjahren, quer durch die halbe Milchstraße – eine enorme Wirkung über eine solche Distanz! Urheber des Strahlenblitzes war aber kein Stern, der in einer Supernova explodierte, sondern ein so genannter Magnetar, auf dessen Oberfläche sich ein »Krustenbeben« ereignete.
Magnetare sind ein spezieller Typ von Neutronensternen, deren Magnetfelder rund 1000-fach stärker sind als die ohnehin schon mächtigen magnetischen Felder bei diesen Überresten schwerer Sterne. Sie entstehen, wenn massereiche Sterne mit einem bereits starken Magnetfeld sich am Ende ihrer Existenz zu einem nur wenige Kilometer durchmessenden Neutronenstern zusammenziehen und dabei ihr Magnetfeld mitkomprimieren.
Doch wie gefährlich sind Magnetare für die Erde? Damit beschäftigt sich Harald Lesch in dem Video auf dem YouTube-Kanal Terra X Lesch & Co. Wie der bekannte Astrophysiker und Moderator erwähnt, bewegt sich unsere Sonne durch eine Region der Milchstraße, in der sich keine jungen Sterne mehr bilden und mit deren Ableben damit auch keine Magnetare entstehen. Man könnte nun als Zuschauer denken, dass sich vielleicht irgendwann ein Magnetar gebildet hat, der immer noch durch unsere Raumregionen kurvt. Man sollte hierzu deshalb ergänzen, dass Magnetare ziemlich kurzlebig sind. Auf Grund ihrer gewaltigen, rotierenden Magnetfelder senden sie starke Strahlung ins All, verlieren dabei Energie und bremsen Stück für Stück ab.
Schon 10 000 Jahre nach ihrer Entstehung hat sich die Dauer, in der sie sich einmal um ihre Achse drehen, deshalb von Millisekunden auf Sekunden verlängert – die Rotation wird immer langsamer –, und ihre Aktivität hat entsprechend abgenommen. Sie verhalten sich dann ähnlich wie »normale« Neutronensterne. Solche normalen Neutronensterne können zwar ebenfalls starke Strahlung aussenden, zeigen jedoch nicht solche immensen Ausbrüche wie Magnetare.
Das Video ist gekonnt gemacht. Aber so schön die Illustrationen auch gezeichnet sind, darf man sich bei den »Krustenbeben« der Magnetare nicht in die Irre führen lassen. Hier bilden sich keine tiefen Spalten wie bei irdischen Erdbeben. Die Kräfte auf Neutronensternen sind so immens, dass auf ihnen keine Berge, Täler oder Spalten im herkömmlichen Sinn existieren können. Astronomen gehen davon aus, dass sich die Kruste auf Neutronensternen bei solchen Sternbeben nur in der Größenordnung von Mikrometern verschiebt. Doch wegen der extremen Dichte der Materie und der immensen Gravitations- und Magnetfelder bewirkt dies bereits riesige Kräfte und entsprechend starke Ausbrüche.
Für Wissenschaftler sind solche Neutronensternbeben eine großartige Gelegenheit, diese ungewöhnlichen Himmelskörper zu studieren: Da sich in wenigen Augenblicken viele Parameter gleichzeitig ändern – Rotationsgeschwindigkeit, Strahlung, Magnetfeld –, können sie so ihre Modelle zum Aufbau dieser exotischen Objekte testen. Beim Hyperflare von 2004 konnten Astronomen in den Messdaten sogar Spuren von Schwingungen des gesamten Magnetars finden, die noch über etliche Sekunden nachhallten. Eine faszinierende Vorstellung, dass ein solcher Körper wie eine Glocke schwingt.
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