Relativitätstheorie: Werden Zeitreisende je die Geschichte verändern?
Wir kennen das aus Filmen: Unter großer Gefahr versucht ein Zeitreisender, eine bestimmte Zukunft zu verhindern oder verbessernd in die Vergangenheit einzugreifen. Aber sind Zeitreisen überhaupt möglich, oder werden sie es je sein? Und falls ja: Warum sind wir den Zeitreisenden aus der Zukunft noch nie begegnet?
Diese letzte Frage könnte eine einfache Antwort haben. Vielleicht sind nämlich nur Zeitreisen nach "vorne" möglich: in die Zukunft. Zeitreisende könnten demnach nicht mehr zum Startpunkt ihrer Reise oder gar aus der Zukunft zu uns "zurück" reisen.
Das wäre schade, ist als Hypothese aber ein guter Ausgangspunkt für diese Folge von "100 Sekunden Physik" des Wissenschafts-YouTubers Leon Baar. Denn Reisen nach "vorne" machen wir ständig unbemerkt. Wann immer wir uns bewegen, läuft unsere so genannte Eigenzeit langsamer als die der Umgebung – Zeitdilatation ist Einsteins Relativitätstheorie in action. Halten wir wieder an, ist uns die Umgebung zeitlich ein wenig voraus – wir sind gewissermaßen in der Zukunft angekommen. Merklich groß wird der Effekt allerdings erst, wenn unsere Geschwindigkeit sich der Lichtgeschwindigkeit annähert – oder, da Gravitation unsere Eigenzeit ebenfalls verlangsamt, in der Nähe extrem großer Massen.
Beeindruckend ist dieses physikalisch korrekte und trotzdem unterhaltsame Video auch deshalb, weil es gleich in den ersten Sekunden klammheimlich eine wichtige Voraussetzung für das Zeitreisen nennt, das Blockuniversum. Tatsächlich wären solche Reisen nur möglich, wenn alle Augenblicke der Zeit gleichzeitig existieren – wenn man die gesamte Raumzeit als gigantischen "Block" auffassen kann, wie das schon Einstein tat.
Falls dieser Gedanke zutrifft, verbirgt sich übrigens philosophischer Sprengstoff darin: In einem Blockuniversum können wir weder Zukunft noch Vergangenheit jemals durch eine Zeitreise beeinflussen. Denn jeder Raumzeitpunkt im Blockuniversum hat einen definierten Inhalt – alles was je darin "geschieht", liegt somit bereits fest und lässt sich durch keinerlei Eingriff mehr verändern.
Es sei denn, es existierte jenseits unseres Universums ein zeitlicher Hyperraum, also eine zeitliche Struktur, in die unser eigenes Universum gewissermaßen eingebettet ist. Das gesamte Blockuniversum könnte dann zu einer bestimmten Hyperzeit einen bestimmten Zustand einnehmen, zu anderen Hyperzeiten aber einen anderen. Aus Sicht dieses Hyperraums wäre unser Universum nicht mehr statisch und für alle Zeiten eindeutig festgelegt, sondern dynamisch und veränderlich.
Dass ein zeitlicher Hyperraum tatsächlich existiert, nehmen Physiker allerdings nicht an, vor allem deshalb, weil sie ihn nirgends sonst für ihre Berechnungen und Theorien brauchen. Ein wichtiges "Sparsamkeitsprinzip" der Wissenschaft, Ockhams Rasiermesser, besagt nämlich: Erkläre die Welt mit möglichst wenigen Annahmen.
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