Terraforming: Wie man den Mars zur zweiten Erde macht
Was tun, wenn es auf der Erde ungemütlich wird? Man könnte doch auf den Mars auswandern, denkt sich manch einer. Nur sollte man vorher auf diesem eiskalten Planeten wenigstens für angenehmere Bedingungen und eine erträgliche Atmosphäre sorgen. Diese ist auf dem Roten Planeten über 100-fach dünner als auf der Erde. Ein Grund dafür ist die fortlaufende Erosion der Atmosphäre durch den Sonnenwind (das zeigt etwa eine Studie von 2017 am Beispiel des Gases Argon). Denn der Mars hat im Gegensatz zur Erde kein schützendes Magnetfeld.
Dieses Video auf dem YouTube-Kanal »Science Asylum« stellt nun eine interessante Idee vor, wie sich Terraforming betreiben ließe, wie man also dem Mars halbwegs erdähnliche Bedingungen verpassen könnte: Man könnte den Mars mit einem externen Magnetfeld vor dem Sonnenwind bewahren, so dass er im Lauf der Zeit ganz von selbst wieder eine dichtere Atmosphäre entwickelt. Schließlich hat unser Nachbarplanet vor Jahrmilliarden einmal eine sehr viel dichtere Atmosphäre sein Eigen genannt, war deutlich wärmer und besaß sogar einen Ozean, in den riesige Flussläufe mündeten. Heute hat der Mars zwar die größten Sandstürme unseres Sonnensystems, doch wenn es schneit, handelt es sich nur um Kohlendioxid-Eis.
Aber wie verliert ein Planet wie der Mars überhaupt seine Atmosphäre? Eine Atmosphäre besteht aus verschiedensten Gasmolekülen. Dass die Moleküle in den obersten Atmosphärenschichten vom Sonnenwind weggerissen werden, ist zwar richtig, allerdings nur ein Teil der Wahrheit. Die 2013 gestartete Mars-Sonde MAVEN der NASA untersucht diese Effekte, unter anderem, um die Bewohnbarkeit ferner Exoplaneten besser abschätzen zu können. Eine wichtige Rolle spielt aber auch die Dissoziation, die Aufspaltung von Molekülen in ihre Bestandteile, durch die ultraviolette Strahlung der Sonne. Dabei wird etwa ein Wassermolekül in leichte Wasserstoff- und Sauerstoffatome zerlegt, die auf Grund ihres geringeren Gewichts wesentlich einfacher in den Weltraum entweichen können, was natürlich auf Kosten der Atmosphäre geht. Diesen Effekt könnte ein externes Magnetfeld nicht verhindern.
Die Faustregel lautet: Je schwerer und kälter ein Planet ist, desto leichtere Atome und Moleküle kann er in seiner Atmosphäre festhalten. Gasriesen wie Saturn und Jupiter bestehen zu einem großen Teil aus Wasserstoff und Helium. Venus, Erde und Mars sind aber zu klein, um diese leichten Elemente dauerhaft binden zu können, deshalb tauchen sie in unserer Atmosphäre nur in Spuren auf. Der Mars hat kaum Wasserdampf in seiner Atmosphäre, dafür hauptsächlich das schwere Kohlendioxid.
Einen inhaltlichen Fehler gibt es im Video: Es wird erwähnt, dass der Mars auf Grund seiner geringen Schwerkraft von nur 38 Prozent der Erde auch nur eine um diesen Faktor dünnere Atmosphäre beherbergen könnte. Das stimmt nicht: Die Dichte einer Planetenatmosphäre steht nicht in direkter Proportion zu seiner Anziehungskraft. Sie entsteht vielmehr in einem komplexen Wechselspiel zwischen Emissionen, etwa aus Vulkanen, Verdampfungs- und Kondensationsprozessen, Erosion ins Weltall und vielen anderen Prozessen, die sich in einem Jahrmillionen währenden Wechselspiel aufeinander einpendeln. Die Venus ist ähnlich groß wie die Erde, ihre Atmosphäre ist aber fast 100-mal so dicht und sehr viel heißer. Die des Mars war früher vermutlich sogar ähnlich dicht wie die der Erde.
Ganz so einfach wie im Video dargestellt ist Terraforming also nicht. Planetare klimatische Prozesse sind in der Regel komplex und vielschichtig. Sie lassen sich nicht durch Drehen an einem Schräubchen hier oder da nach Wunsch einstellen.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben