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Wir Werden alle Sterben: Apokalyptische Super-Sonnenstürme

Ist unser Heimatstern nicht so friedlich, wie er erscheint? Sonnenstürme können wohl bis zu 100-fach stärker werden, als man bisher dachte – und unsere gesamte Technik auslöschen.
Wir Werden Alle Sterben - Super-Sonnenstürme

Heute geht es bei Wir Werden Alle Sterben um Super-Sonnenstürme, die weit größer werden, als alles, was man bisher für möglich gehalten hat. Und damit können sie auch mehr Schaden anrichten, als wir erwarten. Vor allem sind solche Extremereignisse anscheinend gar nicht so selten, wie aktuelle Forschungsergebnisse zeigen.

Als Sonnensturm bezeichnet man einen magnetischen Prozess in der Sonnenatmosphäre, der eine Blase geladener Teilchen mit großer Wucht von der Sonne wegschleudert. Trifft ein solcher Koronaler Massenauswurf die Erde, kann er Satelliten beschädigen und induziert besonders in sehr langen elektrischen Leitern Ströme. Das ist das größte Problem bei solchen Ereignissen, denn die Ströme sind um so stärker, je länger der Leiter ist und je stärker der Sonnensturm wird – und können so stark werden, dass sie technische Einrichtungen beschädigen.

Avocados, Katzen, Supervulkane – die Welt ist voller Gefahren. In dieser Videoserie stellen die Spektrum-Redakteure Lars Fischer und Mike Zeitz regelmäßig spannende, ungewöhnliche oder einfach kuriose Dinge vor, die auf die eine oder andere Art zum unerwarteten Frühableben führen können.

Die übrigen Folgen der Serie finden Sie auf dieser Sammelseite.

Damit können besonders große Sonnenstürme nicht nur besonders tolle Polarlichter erzeugen, solche Ereignisse können auch große Mengen Elektronik auf der Erde vernichten, und die in unseren Satelliten ohnehin. Als möglichsten schlimmsten Fall hat man dabei meist das Carrington-Ereignis von 1859 vor Augen. Damals gab es noch keine Satelliten oder Computer. Aber durch die Ströme in den Leitungen fingen die Papierstreifen der Telegraphen Feuer. Eine Wiederholung heutzutage gilt als Katastrophenszenario, bei dem die Energie- und Kommunikationsnetze zusammenbrechen würden.

Hundertfach stärker als das Carrington-Ereignis

Man geht gemeinhin davon aus, dass so etwas wie das Carrington-Ereignis größenordnungsmäßig dem stärksten entspricht, was unser doch recht milder Heimatstern produzieren kann. Tatsächlich aber scheinen sogar noch zehn bis hundertmal stärkere Sonnenstürme möglich zu sein, deren magnetische Effekte womöglich sogar stark genug wären, um elektronische Datenspeicher zu löschen. Und es gibt Hinweise, dass sie wohl gar nicht so selten sind.

Womöglich trafen in den letzten paar tausend Jahren gleich mehrere Sonnenstürme die Erde, die bis zu hundertfach stärker waren – der letzte im Jahr 775. Man kann historische Super-Sonnenstürme identifizieren, weil sie in der Atmosphäre ungewöhnliche Isotope gewöhnlicher Elemente erzeugen. Zum Beispiel C-14, Cl-36 und Be-10. Und je stärker der Sonnensturm, desto größer die Menge der Isotopen.

Auf diese Weise hat man auch die ersten Hinweise auf die Super-Sonnenstürme gefunden, und zwar im Jahr 7176 v. Chr. Ein zweiter im Jahr 5259 v. Chr. kam bei Analysen von C-14-Daten in Baumringen zum Vorschein, ebenso wie der bisher jüngste im Jahr 775.

Wie stark die Sonnenstürme damals tatsächlich waren, ist natürlich unbekannt. Man kann nicht sicher sagen, wie die Stärke von Sonnenstürmen tatsächlich mit der Menge an Isotopen zusammenhängt. Das ist ein nicht unerhebliches Problem: der bisher stärkste bekannte Sonnensturm, das Carrington-Ereignis, ist in den Isotopendaten kurioserweise gar nicht erkennbar.

Die Internet-Apokalypse

Das kann zwei Dinge bedeuten: Entweder ist der Zusammenhang zwischen Sonne und Isotopen doch nicht so klar wie vermutet, oder die drei Super-Sonnenstürme waren außerordentlich viel stärker als das Carrington-Ereignis. Für letzteres spricht, dass Aufzeichnungen aus dem Jahr 775 in China tatsächlich von außerordentlichen Polarlichtern berichten.

Ebenfalls noch unklar ist, welche Konsequenzen ein solcher Super-Sonnensturm für unsere moderne und von elektrischen Leitern durchzogene Welt hätte. Schon bei einer Wiederholung des Carrington-Ereignisses rechnen einige Fachleute, zum Beispiel die IT-Forscherin Sangeetha Abdu Jyothi von der University of California, mit einer »Internet-Apokalypse«, weil die zigtausende Kilometer langen untermeerischen Datenkabel durchbrennen könnten. Die Kabel selbst sind Glasfaser und werden vom Sonnensturm nicht beeinträchtigt. Aber alle 50 bis 150 Kilometer sind Signalverstärker eingebaut, die Strom brauchen – und über ein klassisches Kupferkabel versorgt werden.

Bei einem hundertfach stärkeren Super-Sonnensturm wären die erst recht im Eimer. Aber die Folgen würden dann selbst relativ kurze elektrische Leiter betreffen – und damit auch lokale Infrastruktur. So ganz genau weiß niemand, was dann passieren würde. Und wenn die entstehenden Magnetfelder sogar alle Datenspeicher löschen, die auf Magnetisierung basieren – was Abdu Jyothi nicht ausschließt –, würden wir nicht nur die Datenverbindungen verlieren, sondern vielleicht sogar die Daten selbst. Dann wäre fast die gesamte digitale Grundlage unserer industriellen Zivilisation vernichtet. Es wäre das Ende der Welt wie wir sie kennen. Aber immerhin hätten wir dann die Zeit, uns die Polarlichter anzugucken.

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