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Klimawandel: Wissenschaft antwortet Hollywood

Wird der Golfstrom langsamer? Und wenn ja: Welche Gründe und Folgen hat dieses Phänomen?
Is the Gulf Stream System Slowing? – the Earth101 lecture

Veröffentlicht am: 09.10.2016

Laufzeit: 0:26:55

Untertitel: englisch

Sprache: englisch

Der YouTube-Kanal Earth101 wird von Guðni Elísson betrieben, Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Island.

Ob der Golfstrom tatsächlich schwächelt – wodurch unter anderem das milde Klima in Westeuropa bedroht sein könnte –, darüber sprach jüngst Stefan Rahmstorf, Ozeanograph und Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Seine sehenswerte Präsentation vom Mai 2016 war Teil einer vierteiligen Vortragsreihe zu Klimafragen, die an der University of Iceland im isländischen Reykjavik stattfand.

Rahmstorfs Antwort lautet: Ja, der Golfstrom wird langsamer. Eine Eiszeit, wie sie Roland Emmerichs Katastrophenfilm The Day After Tomorrow aus dem Jahr 2004 ausmalt, komme aber dennoch nicht auf uns zu. Um das zu begründen, holt der Professor für die Physik der Ozeane etwas weiter aus und betrachtet sowohl Computermodelle der Klimaentwicklung als auch die Wirklichkeit vor Ort.

Der Golfstrom ist Teil der planetaren Ozeanströmungen. Für die globale, so genannte thermohaline Zirkulation des Meerwassers sind unter anderem Unterschiede in Temperatur (thermós, griechisch für heiß) und Salzgehalt (hálōs, griechisch für Salz) verantwortlich. Derzeit aber werden weltweit die Ozeane wärmer. Und ausgerechnet die Ausnahmen von dieser Entwicklung werten Wissenschaftler als Zeichen für eine Verlangsamung des Golfstroms: In einer kleinen Region im Nordatlantik südlich von Island, der so genannten Kälteblase, fiel nämlich die Temperatur 2015 auf ein Rekordtief. Zugleich erwärmte sich unweit davon im Nordwestatlantik eine weitere Meeresregion ungewöhnlich stark.

Der Golfstrom selbst ist zwar weiterhin in Gang. Getrieben von Sonne und Wind transportiert er warmes, salzreicheres Oberflächenwasser nach Norden und kaltes, meist salzärmeres Tiefenwasser zurück in die entgegengesetzte Richtung. So wärmt er auf seinem Weg nach Norden geografische Breiten, die ohne ihn kälter wären. Zwischen Grönland und Island sinken seine Wassermassen schließlich zurück in die Tiefe, von wo aus sie wieder südwärts reisen.

Auf Grund der historisch beispiellosen Schmelze des Grönland-Eises und weiterer Faktoren gelangen jedoch seit Jahren gigantische Mengen Süßwassers von Norden her in dieses System. Die Folge: Das verdünnte Meerwasser bleibt wegen seines geringeren Salzgehalts an der Oberfläche, statt zu sinken – so aber bremst es den Zustrom von Süden, der früher die Region wärmte. Messungen zufolge ist der Volumenstrom des Golfstroms seit 2004 um 20 Prozent gesunken.

Könnte der Golfstrom auch gänzlich stoppen, mit Folgen für den Meeresspiegel ebenso wie für das Wetter auf beiden Seiten des Atlantiks? Unstrittig ist unter Klimawissenschaftlern, dass ein kritischer Punkt physikalischer Randbedingungen existiert, an dem genau das passieren würde. Unklar ist jedoch, wie nahe wir bereits an diesem tipping point sind.

Rahmstorf liefert mit diesem Vortrag wichtige Hintergründe zu einem komplexen Problem. Mit einer Simulation der Ozeanströmungen, einer Reihe von Modelldarstellungen und nicht zuletzt ausgewählten Szenen aus Emmerichs Kinodrama illustriert er die Fakten und rückt auch die wilden Spekulationen aus Hollywood wieder zurecht. Und weil das manchmal recht anspruchsvoll ausfällt, seien hier einige Details und Begriffe erläutert:

  • Der Vortrag basiert auf einer Studie, die Rahmstorf und Kollegen im März 2015 im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichten.
  • Der Volumenstrom wird in der Einheit Sverdrup angegeben; ein Sverdrup entspricht einer Million Kubikmeter pro Sekunde. Seit Beginn der Messungen im Jahr 2004 sank der Volumenstrom des Golfstroms von 15 auf 12 Sverdrup.
  • Die Oberflächentemperaturen der Ozeane werden bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts gemessen. Rückschlüsse auf noch frühere Temperaturen und andere Parameter, für die keine Messungen vorliegen, lassen sich indirekt durch so genannte Proxy- oder Stellvertreter-Daten ziehen. So kann man etwa an der Zusammensetzung arktischer Eisschichten Oberflächentemperaturen der letzten 100 000 Jahre ablesen.

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