Botanik: 10 eindrucksvolle Bäume aus aller Welt
Richtig große Bäume sind heute selten geworden, sie fallen der Säge am schnellsten zum Opfer. Aber es gibt die Giganten noch. Wir stellen einige der Riesen vor – und dazu ein paar der ältesten, seltensten und dicksten Exemplare, die die Natur zu bieten hat.
Auf Deutsch heißt diese Art auch Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) – was absolut den Kern trifft. Denn die bislang ältesten bekannten Exemplare der Art sind mehr als 4850 Jahre alt und leben noch. Ein Baum soll sogar schon 5070 Jahre erreicht haben (2012 berichtet), doch gilt dieser Wert noch nicht als bestätigt. Die Heimat von Pinus longaeva erstreckt sich über verschiedene Gebirgsregionen in Kalifornien, Utah und Nevada. Weltberühmt wurden vor allem die Bestände in den kalifornischen White Mountains. Dort wachsen die Methusalems. Wirtschaftlich haben die langlebigen Kiefern glücklicherweise keine Bedeutung, ökologisch bilden sie oft die obere Waldgrenze in ihrem Vorkommensgebiet.
Mit geschätzt 1400 bis 1600 Jahren ist der Árbol del Tule zwar auch beeindruckend alt, aber doch deutlich jünger als die Westliche Grannen-Kiefer. Stattdessen besticht dieses Exemplar der Mexikanischen Sumpfzypresse (Taxodium mucronatum) durch seinen Stammumfang und -durchmesser von 46 beziehungsweise 14 Metern, was die Zypresse zum dicksten Baum der Erde macht. Sie steht in Santa María del Tule im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca und gehört auch zu den gewichtigsten Lebewesen des Planeten. Man schätzt ihr Gewicht auf rund 630 Tonnen. Gepflanzt wurde der Baum angeblich von einem Priester des Aztekengottes Ehecatl.
Hier zu Lande ist die Glückskastanie oder Pachira (Pachira aquatica) vor allem als immergrüne Zierpflanze bekannt, die in Töpfen gezogen wird. In den tropischen Sümpfen Lateinamerikas ist sie weit verbreitet, dort können die Bäume bis zu 18 Meter hoch wachsen. Als herausragend gelten ihre Blüten: Sie gehören zu den größten Baumblüten der Erde und locken wahrscheinlich Fledermäuse als Bestäuber an. Glückskastanien produzieren Nussfrüchte, die als essbar gelten, im Tierversuch allerdings rasch zum Tod der (wenigen) eingesetzten Ratten führten. Vom Genuss wird daher abgeraten.
Tief im Regenwald des Danum-Tals im malaysischen Bundesstaat Sabah auf Borneo verbirgt sich ein Gebiet, in dem einige der höchsten Bäume der Erde stehen – und der neue Weltrekordhalter unter den Regenwaldbäumen. Ein Gelber Merantibaum (Shorea faguetiana) erreicht dort 100,8 Meter Höhe, wie ein Wissenschaftlerteam um Alexander Shenkin von der University of Oxford und Unding Jami von der South East Asia Rainforest Research Partnership mit Hilfe verschiedener Methoden festgestellt hat – unter anderem kletterte Jami bis in die Krone des Giganten, um ihn möglichst exakt zu vermessen. Diese Art ist wohl die am höchsten wachsende Blütenpflanze (im engeren Sinne definiert) überhaupt; noch größer werden nach momentanem Kenntnisstand nur Nadelbäume. Wegen ihrer Größe sind sie jedoch auch ein begehrtes Ziel von Holzfällern: Gelbe Merantibäume werden leider häufig für Sperrholz oder Verschalungen umgesägt.
Zu den großen Attraktionen der Seychellen gehört die Seychellenpalme (Lodoicea maldivica) oder Coco de Mer. Sie wächst in feuchten Tälern und an Hängen der beiden Inseln Praslin und Curieuse – und besitzt die wohl größten Samen des Pflanzenreichs, die manche an einen wohlgeformten Po erinnern. Lange dachte man, dass die Samen im Meer treiben können, doch das ist falsch: Die Hülle ist so dicht, dass der Samen untergeht; nur der eigentliche Inhalt ist schwimmfähig, wenn die Schalle verrottet ist. Allerdings ist er nicht mehr keimfähig, wenn er länger im Salzwasser war. Das könnte die beschränkte Verbreitung auf zwei Inseln erklären.
Das Zeitalter der Entdeckungen ist nicht vorbei, und manchmal kommt einem dabei der Zufall zu Hilfe: So hat ein französischer Cashewnuss-Farmer 2007 auf Madagaskar eine außergewöhnliche und für die Wissenschaft völlig neue Palmengattung entdeckt. Das Erstexemplar der Tahina spectabilis genannten Art soll sogar so groß gewesen sein, dass es in Google Earth zu sehen war. Das Gewächs wird auch als Suizidpalme bezeichnet, da es nur einmal im Leben blüht und dann abstirbt. Laut den beschreibenden Biologen um John Dransfield vom Königlichen Botanischen Garten im englischen Kew gehört die Art zu den seltensten Baumarten der Erde: Sie existiert in einem winzigen Gebiet der Insel, und bislang kennt man nur etwa 90 Exemplare. Noch rarer ist die Baumspezies Pennantia baylisiana aus Neuseeland: Von ihr soll es sogar bloß ein einziges Exemplar in freier Natur geben.
Das größte Lebewesen der Erde ist – tatsächlich ein Baum: Ein »Pando« genannter Zitterpappelwald (Populus tremuloides) im US-Bundesstaat Utah gilt einigen Biologen als das größte und schwerste Lebewesen, das derzeit auf der Erde bekannt ist. Der Wald ist im Prinzip ein einziges Individuum und dehnt sich auf 43 Hektar aus, besteht aus 47 000 genetisch identischen Bäumen und wiegt geschätzte 5,9 Millionen Kilogramm. Kein Blauwal, Dinosaurier oder Mammutbaum kann da mithalten. Wie lange dieses Lebewesen allerdings noch in dieser Größe existieren wird, ist ungewiss. Denn es geht ihm schlecht: Seit Jahren kommen laut einer Studie kaum neue Schösslinge des Baums empor, weil sie von Maultierhirschen und anderen Pflanzenfressern gefuttert werden. Auch Dürre und schlechtes Feuermanagement, bei dem leichte Oberflächenfeuer unterdrückt wurden, hätten zum schleichenden Verfall des Bestands beigetragen. Zitterpappeln besitzen ein ausgedehntes Wurzelgeflecht, aus dem in gewissem Abstand immer wieder neue Schösslinge des Mutterbaums wachsen.
Eine dicke Rinde muss nicht zwangsläufig den größten oder höchsten Bäumen gehören. Man denke nur an die Korkeichen (Quercus suber) des Mittelmeerraums, deren Rinde in regelmäßigen Abständen für Korkböden oder Weinkorken geschält wird: Die Bäume werden nur 10 bis 20 Meter hoch, doch ihre charakteristische Borke erreicht immerhin eine Mächtigkeit von bis zu 10 Zentimetern. Verglichen mit der vom Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) ist sie allerdings schmächtig. Diese kann es auf mehr als 75 Zentimeter bringen, wie bereits bei einem Exemplar gemessen wurde. Dicke Rinden sind vor allem für Bäume in Feuerökosystemen charakteristisch – etwa im Mittelmeerraum oder in großen Teilen Kaliforniens. Die dicke Borke schützt die dahinter verlaufenden Versorgungskanäle der Gewächse vor Schäden. Leichte Oberflächenfeuer können den Pflanzen dann nichts anhaben. Im Gegenteil sorgen diese Brände dafür, dass Nährstoffe neu aufgeschlossen werden und lästige Konkurrenz der eigenen Schösslinge zu Grunde geht.
Riesenmammutbäume sind weder die ältesten noch die höchsten Bäume, dafür erreichen sie nach bisherigem Wissensstand das größte Holzvolumen: Ein als General Sherman bezeichnetes Exemplar hat ein Volumen von fast 1500 Kubikmetern – und damit mehr als jeder andere bekannte Baum. Bei einem geschätzten Alter von 1900 bis 2500 Jahren ist es knapp 84 Meter hoch, in Brusthöhe hat sein Stamm einen Durchmesser von 8,25 Metern. Womöglich ist »General Sherman« nur ein Relikt einer noch glorreicheren Vergangenheit. Denn wie viele andere Baumriesen fielen auch zahlreiche Riesenmammutbäume Axt und Säge zum Opfer: Große Teile des Bestands wurden im 19. Jahrhundert bei der Eroberung des US-amerikanischen Westens abgeholzt – darunter ein Exemplar namens »Vater des Waldes«, das sogar 135 Meter hoch und 12 Meter dick gewesen sein soll. Solchen historischen Angaben sollte man jedoch nicht immer trauen. Heute gibt es Riesenmammutbäume nur noch in rund 70 Hainen in der kalifornischen Sierra Nevada mit einer Gesamtfläche von rund 14 000 Hektar. Sie stehen größtenteils unter Schutz.
115,55 Meter – so hoch ist »Hyperion«, der höchste bekannte Baum der Erde. Dieser Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) wächst ebenfalls in Kalifornien, allerdings in den Redwood-Wäldern direkt an der Pazifikküste. Er wurde erst im Jahr 2006 durch die beiden Naturkundler Chris Atkins und Michael Taylor entdeckt und vermessen. »Hyperion« übertrifft seinen Vorgänger »Stratosphere Giant 0171« nochmals um knapp zwei Meter. Ihr genauer Standort wird geheim gehalten: Da Küstenmammutbäume flach wurzeln, will die Verwaltung des Redwood-Nationalparks verhindern, dass Besuchermassen den Boden festtrampeln und damit den Wasser- und Nährstoffkreislauf der Giganten (zer)stören. Wie bei so vielen anderen Baumgiganten konnte der Mensch auch bei Sequoia sempervirens nicht anders, als die Säge anzusetzen – für Holzhäuser, Eisenbahnschwellen oder Stützbalken in Minen. Mehr als 90 Prozent der Redwood-Wälder sind deshalb verschwunden, nur drei Prozent gelten noch als Urwald und werden streng geschützt. Botaniker haben kalkuliert, dass Bäume maximal 135 bis 140 Meter hoch werden können. Nur bis zu dieser Höhe sei die Wasserversorgung gewährleistet, ohne dass es zu Luftembolien in den Gefäßen, den Tracheiden, kommt.
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