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Gefährliche Feuerberge: 10 Risikovulkane, die wir im Auge behalten müssen

Wenn große Vulkane ausbrechen, bedrohen sie nicht nur das Leben in ihrer Umgebung: Sie beeinflussen auch das Klima weltweit und stürzen ganze Gesellschaften ins Chaos.
Feuer und Eis am Bárðarbunga-Vulkan

Zwischen dem 10. und dem 15. April 1815 brach der indonesische Vulkan Tambora mit unvorstellbarer Wucht aus und verwüstete seine Umgebung. Ein Jahr später stürzten seine Spätfolgen die Welt ins Chaos und bescherten 1816 das Jahr ohne Sommer mit Hunger und Kälte. Alles Vergangenheit? Nein: Brechen große Vulkane aus, bedrohen sie auch heute noch das Leben in ihrer Umgebung. Und sie beeinflussen das Klima weltweit, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen.

10. Krakatau zwischen Java und Sumatra |

Die Explosion des Krakatau am 27. August 1883 gilt als eines der lautesten Ereignisse, das die Menschheit in ihrer jüngeren Geschichte erlebt haben soll: Der Knall war noch tausende Kilometer weiter in Australien und auf Mauritius zu hören. Doch das war noch eine der harmloseren Folgen des Vulkanausbruchs, der als zweitstärkster der letzten 10 000 Jahre gilt – übertroffen nur noch vom Tambora im Jahr 1815. Mehr als 35 000 Menschen starben im Umkreis des Krakatau, die meisten durch verheerende Tsunamis, die nach dem Einbruch der entleerten Magmakammer entstanden. Die Wellen überfluteten die Küsten mit teilweise 40 Meter hoch aufragenden Wasserwänden; selbst an den europäischen Gestaden hoben sich die Pegel noch um mehrere Zentimeter, weil die Wellen um die Erde rasten. Heute wächst auf den Trümmern des zerstörten Vulkans der Anak Krakatau empor, das »Kind des Krakatau« – der nichts an Gefährlichkeit eingebüßt hat und zu den aktivsten Vulkanen der Erde zählt.

9. Nyiragongo im Kongo |

Der Nyiragongo im Grenzgebiet vom Kongo zu Ruanda gefährdet seine Umgebung weniger durch heftige Explosionen als vielmehr durch seine besondere Lava: Sie ist extrem dünnflüssig, und wenn der Vulkan ausbricht, sprudelt sie rasch aus dem größten bekannten Lavasee im Krater über und ergießt sich sturzbachartig ins Umland. Verursacht werden diese Fließeigenschaften durch den hohen Anteil an Neodym- und Strontiumisotopen – Geowissenschaftler vermuten, dass die Lava aus extremer Tiefe stammt und das Ausgangsmaterial noch aus der frühesten Erdgeschichte stammt. Zusammen mit dem benachbarten Nyamuragira verursacht der Feuerberg 40 Prozent aller vulkanischen Eruptionen Afrikas und gefährdet dabei auch die Großstadt Goma zu seinen Füßen. 2002 überflutete die Lava die Metropole und machte zehntausende Menschen obdachlos.

8. Nevado del Ruiz in Kolumbien |

Das Schicksal der 13 Jahre alten Omayra Sánchez rührte Menschen rund um den Globus: Drei Tage lang kämpfte das kolumbianische Mädchen, in einem gefluteten Erdloch eingeklemmt, vor den Kameras der Weltpresse vergeblich um ihr Leben – niemand schaffte es rechtzeitig, eine funktionsfähige Pumpe zu besorgen und sie aus ihrem Gefängnis zu befreien. Omayra Sánchez war eines von 23 000 Opfern des Nevado del Ruiz, der am 13. November 1985 eine der schlimmsten Naturkatastrophen des 20. Jahrhunderts verursachte: Nach monatelanger erhöhter Aktivität brach der über 5300 Meter hohe Vulkan aus. Er jagte 35 Millionen Tonnen Material in die Luft, und seine heiße Asche schmolz die mächtige Gletscherkappe des Gipfels in wenigen Minuten. Rasch stürzten gewaltige, Lahare genannte Schlammlawinen die Flanken des Feuerbergs hinab. Zwei Stunden nach Beginn der Eruption erreichten diese Fluten unter anderem die Stadt Armero und zerstörten sie völlig – kein Mensch hatte damit gerechnet, dass die Schlammströme mehr als 100 Kilometer fließen könnten. 30 Jahre später zählt der Vulkan immer noch zu den gefährlichsten der Welt: Schon ein Ausbruch mittlerer Stärke könnte die Eiskappe des Bergs destabilisieren und tödliche Fluten auslösen.

7. Popocatepetl in Mexiko |

Sein Name ist Programm. Denn er stammt aus dem Aztekischen und bedeutet »Rauchender Berg«. Und sicher flößte die beeindruckende Erscheinung des Popocatepetl den Bewohnern des mexikanischen Zentralhochlands Furcht ein, denn wenn der Vulkan zum Leben erwacht, grollt und donnert er, und eine große Rauchfahne steht über seinem in ruhigen Zeiten vergletscherten Gipfel. Dabei waren selbst die stärksten Ausbrüche des Popocatepetl noch relativ harmlos, wenn man sie mit denen prähistorischer Zeiten vergleicht: Alle paar tausend Jahre zerstören demnach heftige Explosionen den Krater des Vulkans und sprengen den ganzen Gipfel ab. Heute leben jedoch mehrere Millionen Menschen in den nahen Metropolen Mexiko-Stadt und Puebla, und seit 25 Jahren ist der Vulkan wieder deutlich aktiver. Regelmäßig steht eine Rauchwolke über seinem Gipfel.

6. Mont Pelée auf Martinique |

Eigentlich war der Ausbruch des Mont Pelée am 8. Mai 1902 laut dem Vulkanexplosivitätsindex (VEI) mit einer Stärke von 4 gar nicht einmal so heftig – verglichen beispielsweise mit der Explosion des Krakatau, der es auf die Stärke 7 brachte. Und dennoch war die Eruption auf der französischen Karibikinsel Martinique die tödlichste des 20. Jahrhunderts: Mehr als 30 000 Menschen starben, als pyroklastische Ströme die Hänge hinabrasten und die Inselhauptstadt Saint-Pierre verheerten – diese Wolken aus extrem heißen Gasen und pulverisierten Aschen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 700 Kilometern pro Stunde und Temperaturen von bis zu 800 Grad Celsius in ihrem Inneren. Es war fast ein Wunder, dass in der Stadt überhaupt drei Menschen überlebten: einer davon, weil die dicken Gefängnismauern ihn in seiner Zelle abschirmten. Seit 1905 ruht der Vulkan wieder und wird seitdem beständig überwacht. Die damalige Katastrophe gilt daher als Beginn der modernen Vulkanforschung.

5. Unzen in Japan |

Japan ist ein Land der Beben und Vulkane, denn es liegt im Pazifischen Feuerring: An den Rändern des Pazifischen Ozeans tauchen Platten mit ozeanischer Kruste unter die angrenzenden Kontinente; das schmelzende Gestein nährt Vulkane von Alaska bis Feuerland und von Kamtschatka bis in die Südsee. Das entstehende Magma ist meist sehr sauer, enthält große Mengen an Siliziumdioxid und ist sehr zähflüssig. Dadurch bleibt es beim Aufstieg oft stecken und verstopft den Schlot: Im Krater bilden sich so genannte Vulkandome, während in der Magmakammer durch austretende Gase der Druck steigt – bis es zum explosiven Ausbruch kommt. Am Unzen, der als einer der gefährlichsten Vulkane Japans gilt, geschah dies beispielsweise 1792: Nach der Eruption kollabierte eine Flanke des Vulkans und rutschte ins Meer, was 20 Meter hohe Tsunamis auslöste. Diese bisher folgenschwerste Eruption des Landes kostete in der Stadt Shimabara mehr als 15 000 Menschen das Leben. In den 1990er Jahren wurde der Unzen wieder aktiver, Dutzende pyroklastischer Ströme zerstörten in weitem Umfeld jeglichen Bewuchs, knapp 50 Menschen starben.

4. Laki auf Island |

Verglichen mit den explosiven Vulkanen wie dem Krakatau oder dem Vesuv stellen Zugänge zum Erdinneren wie der isländische Laki für die Menschheit eine andere Art Risiko dar: Ihr Magma ist basisch, gasarm und flüssig, weshalb es relativ leicht aus Schloten und Spalten strömt. Ihre Ausbrüche können sich jedoch über Wochen und Monate ununterbrochen hinziehen, wie das zwischen 1783 und 1784 am Laki geschah. Insgesamt ergossen sich fast 15 Kubikkilometer Lava ins Umland und bedeckten 600 Quadratkilometer Land. Mehrere hundert Meter hoch sollen die Lavasäulen während der Eruptionen gewesen sein, die der Gasdruck in die Höhe trieb. Gleichzeitig gelangten Millionen Tonnen Asche, Schwefeldioxid und Fluorgas in die Atmosphäre: Sie vergifteten die Vegetation und verdunkelten den Himmel. Auf Island verendete das Vieh, und die Ernten verkümmerten; 50 000 Menschen starben dort – ein Viertel der Bevölkerung. Die Ausgasungen des Laki verdunkelten den Himmel weltweit und sorgten in der Folge für Wetterkapriolen von Nordamerika bis Indien. Dadurch und vor allem wegen der folgenden Missernten starben schätzungsweise sechs Millionen Menschen weltweit, schätzen Historiker. Und womöglich bereitete der Laki damit auch der Französischen Revolution den Weg, weil die Adelshäuser bei der Bewältigung der Krise versagten.

3. Tambora in Indonesien |

Manche Vulkanausbrüche bringen nicht nur Tod und Verderben, sondern regen ebenso den menschlichen Erfinder- und Literaturgeist an – etwa die Explosion des Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa 1815: Sie sorgte Monate später für das »Jahr ohne Sommer« 1816 und zwang Mary Shelley wie ihren Mann Percey und den gemeinsamen Freund Lord Byron wegen des dauerhaft schlechten Wetters ins Haus, wo sie Geistergeschichten erfinden und einander erzählen sollten. Damals legte Mary Shelley den Grundstein des weltberühmten »Frankenstein«. Die ursächliche Eruption gilt als der schwerste Vulkanausbruch der letzten 25 000 Jahre, mit einem Wert von 7 auf dem Vulkanexplosivitätsindex. Allein auf Sumbawa und Lombok starben mehr als 70 000 Menschen; die weltweiten Verluste durch Wetterextreme und Ernteausfälle lassen sich nicht beziffern.

2. Yellowstone in den USA |

Eine eigene Klasse für sich sind die so genannten Supervulkane – die oft nicht einmal als Vulkan auffallen, da sie mit ihren Ausbrüchen keinen typischen Berg bilden, sondern aus riesigen Calderen bestehen. Diese Einbruchkrater entstehen, wenn sich die riesige Magmakammer darunter entleert hat und das Gesteinsdach einstürzt. Im Fall des Yellowstone ist die heiße Gesteinsblase im Untergrund 60 Kilometer lang, 35 Kilometer breit und bis zu zehn Kilometer mächtig. Deshalb vergehen zwischen einzelnen Ausbrüchen meist Tausende von Jahren. Doch wenn sie in die Luft gehen, verwüsten sie komplette Kontinente und stürzen die gesamte Erde ins Chaos. Als sich der Supervulkan Toba auf Sumatra vor 74 000 Jahren rührte, brachten die weltweiten Wetterkalamitäten unsere Vorfahren an den Rand des Aussterbens. Gewaltige Folgen müssen wir auch befürchten, wenn der Yellowstone wieder zum Leben erwacht: Drei riesige Eruptionen sind bislang nachgewiesen; die letzte fand vor 640 000 Jahren statt, weshalb die nächste in geologischen Maßstäben »bald« stattfinden könnte.

1. Vesuv in Italien |

Der Vesuv gilt vielen Vulkanologen als der gefährlichste Feuerberg wenn nicht der Erde, so zumindest Europas: Auf jahrhundertelange Ruhepausen folgen extrem heftige Ausbrüche, die riesige Mengen an Gasen, Aschen und Gestein freisetzen. An den Hängen rasen dann gewaltige pyroklastische Ströme hinab, wie sie etwa am 24. August 79 n. Chr. das Schicksal Pompejis besiegelten: »Wie ein zorniger Riese erwachte der Vesuv nach tausendjährigem Schlaf brüllend zum Leben«, so beschrieb der Augenzeuge Plinius der Jüngere den verheerenden Ausbruch, der damals wohl mindestens 15 000 Menschenleben forderte. Heute leben drei Millionen Einwohner im Großraum Neapel zu Füßen des schlummernden Vulkans, der sich letztmals 1944 mit einer kleineren Eruption gemeldet hat. Der Berg wird daher intensiv überwacht, doch öffnet sich seine Caldera nach Westen, so dass sich pyroklastische Ströme leicht in diese Richtung wenden können – mitten hinein in die süditalienische Metropole. Zu allem Überfluss liegt Neapel auch noch gleich neben dem Supervulkan der Phlegräischen Felder. Ob die beiden Vulkankomplexe in Verbindung stehen, ist allerdings ungeklärt.

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