Astronomie für Einsteiger: Emissionsnebel
Unter Planetarischen Nebeln und Sternentstehungsregionen finden sich wahre kosmische Schmuckstücke. Ihr Farbreichtum ist für den visuellen Beobachter allerdings meist nur zu erahnen und erschließt sich in seiner vollen Pracht erst dem Astrofotografen. Auf den Aufnahmen zeigen sich Emissionsnebel in schillernden Farben oder Planetarische Nebel als bunte Ringe. Doch wie kommen diese Farbtupfer im All zu Stande?
Wenn in einem Sternentstehungsgebiet die ersten jungen Sterne zu leuchten beginnen, sind sie noch in dichte interstellare Materie eingebettet. Dabei stechen besonders OB-Assoziationen ins Auge, die sehr massereiche, heiße Sterne enthalten und vornehmlich von Gas aus atomarem Wasserstoff (H-I-Region) umgeben sind. Diese Sterne der sehr frühen Spektraltypen O und B haben Effektivtemperaturen von 10 000 Kelvin oder höher und strahlen deshalb besonders stark im ultravioletten Spektralbereich.
Haben die vom Stern emittierten Photonen eine Wellenlänge von 91,1 Nanometern oder kleiner, reicht ihre Energie (13,6 Elektronvolt oder mehr) aus, um den Wasserstoff zu ionisieren. Hat ein Wasserstoffatom sein Elektron einmal verloren, wird es nach einer gewissen Zeit ein anderes, freies wieder einfangen: Das Atom rekombiniert. Das Elektron gerät zunächst in einen angeregten Zustand und fällt dann kaskadenartig in den Grundzustand zurück. Bei den Übergängen von höheren zu niedrigeren Energieniveaus werden Photonen wohldefinierter Wellenlängen emittiert.
Stellt sich im Gebiet aus ionisiertem Wasserstoff (H-II-Region) ein Gleichgewicht ein aus der Anzahl der vom Stern ausgesandten ionisierenden Photonen und der Anzahl der Rekombinationen pro Zeiteinheit – und ist die Anzahl der durch Rekombination emittierten Photonen außerdem groß genug –, wird die Region als Emissionsnebel sichtbar.
Die Ausdehnung der Region richtet sich wiederum nach dem Fluss der ionisierenden Photonen sowie der Dichte des Wasserstoffgases. Bei einer homogenen Dichteverteilung lässt sich eine Sphäre um den Stern angeben, innerhalb derer sämtliche ionisierenden Photonen durch Wasserstoffatome absorbiert werden. Den Radius dieser Kugel bezeichnen die Astronomen als Strömgrenradius, nach dem dänischen Astrophysiker Bengt Strömgren (1908 – 1987), der dieses Phänomen untersuchte. Tatsächlich ist das Gas jedoch meist recht inhomogen verteilt. Deshalb sind die Strukturen der Emissionsnebel so vielfältig und bisweilen sehr bizarr.
Die Farbzusammensetzung, in der ein Emissionsnebel erscheint, hängt schließlich von den Übergängen ab, die die Elektronen bei der Rekombination durchlaufen. Relevant für den optisch sichtbaren Bereich sind vor allem die Photonen der Balmer-Serie. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei jedem Rekombinationsprozess eines Wasserstoffatoms ein H-alpha-Lichtquant (mit einer Wellenlänge von 656,3 Nanometern) entsteht. Daher rührt etwa das charakteristische Rot der H-II-Regionen im Orionkomplex oder auch im Lagunennebel (siehe Bild links oben). Die höher energetischen, noch sichtbaren Photonen der Balmer-Serie leuchten blau bis violett.
Für die Astrophysiker sind die re-emittierten H-alpha-Photonen noch von anderer Bedeutung: Aus ihrer Anzahl können sie auf die Strahlungsleistung des Zentralsterns oberhalb einer Energie von 13,6 Elektronvolt, also im Ultravioletten, schließen. In Kombination mit Beobachtungen im Visuellen und aus der Theorie der Sternatmosphären lässt sich dann indirekt die Temperatur des Sterns bestimmen.
Neben Wasserstoff enthält das interstellare Gas auch etwas Helium sowie Spuren schwererer Elemente wie Sauerstoff und Stickstoff. Zur (einfachen) Ionisation des Heliums etwa sind Photonen mit Energien von mindestens 24,6 Elektronvolt notwendig. Diese sind aber in der Strahlung des Sterns in anderer Anzahl vorhanden als solche, die Wasserstoffatome ionisieren können. Zudem liegt das Helium in weit geringerer Dichte vor als der Wasserstoff. Daher stellt sich das Gleichgewicht aus vollständiger Absorption der ionisierenden Photonen und Rekombinationen für das Helium in der Regel bei einem anderen Abstand vom Stern ein als für Wasserstoff; der Strömgrenradius für Helium ist also ein anderer. So ist generell die Ausdehnung der Ionisationsgebiete für unterschiedliche Elemente und deren Ionisationsstufen verschieden groß.
Planetarische Nebel
Besonders deutlich tritt dieses Phänomen bei einigen Planetarischen Nebeln hervor, die ebenfalls zu den Emissionsnebeln zählen. Sie werden auf ganz ähnliche Weise wie die interstellare Materie um OB-Assoziationen zum Leuchten angeregt (siehe beigestelltes Bild).
Die Gashülle, die Sterne gegen Ende ihres Lebens abstoßen, enthält hauptsächlich Wasserstoff, zudem Helium, aber auch Anteile schwererer Elemente, die im Inneren des Sterns durch Kernfusion erzeugt und durch Konvektion an die Sternoberfläche transportiert wurden. Während sich die Hülle ins All ausdehnt, wird sie von dem Stern, der weiterhin in ihrem Zentrum strahlt, angeleuchtet und ionisiert.
Allerdings ist der zurückbleibende "Kern" des Sterns deutlich heißer als etwa gewöhnliche Sterne der Spektraltypen O oder B. Deshalb regt seine Strahlung auch solche Ionisationsniveaus und seltene metastabile Zustände an, die in der Umgebung von H-II-Regionen in geringerem Maße auftreten und dort nur durch Stöße mit freien Elektronen erzeugt werden können. Es kommt verstärkt zur Emission von so genannten verbotenen Linien, etwa des zweifach ionisierten Sauerstoffs bei den Wellenlängen von 495,9 und 500,7 Nanometern oder des einfach ionisierten Stickstoffs bei 658,3 Nanometer. Am Beispiel des Ringnebels M 57 ist die unterschiedliche Ausdehnung der ionisierten Gebiete für die verschiedenen Elemente gut zu erkennen.
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