2. Hilfe, der Beton brennt! |
Asbest, Schamottsteine, Glas – einige Materialien gelten als völlig unbrennbar. Das aber ist oft nicht ganz richtig, denn es gibt einen Stoff, der sogar Ziegelsteine in Brand setzt: Chlortrifluorid (ClF3). Bei einem Unfall in den 1950er Jahren lief etwa eine Tonne des Stoffs auf den Betonfußboden und brannte sich durch 30 Zentimeter Beton und einen weiteren Meter Sand und Geröll des Fundaments, bevor die Chemikalie aufgebraucht war. Chlortrifluorid reagiert mit fast allem hypergol. Das heißt, es geht beim bloßen Kontakt sofort in Flammen auf, ohne dass Energiezufuhr nötig wäre, um die Reaktion zu starten.
Hintergrund der bemerkenswerten Aggressivität ist, dass Chlortrifluorid ein stärkeres Oxidationsmittel ist als Sauerstoff selbst. Deswegen greift es auch die normalerweise unbrennbaren Oxide an, wie eben die Silikate in Steinen oder Glas. Nur einige Metalle widerstehen dem Stoff – weil sich an ihrer Oberfläche eine dünne Schicht Metallfluorid bildet, die den Rest des Metalls schützt. Allein dank dieser so genannten Passivierung kann man ClF3 überhaupt lagern und transportieren.
Erstaunlicherweise gibt es eine industrielle Anwendung für Chlortrifluorid: In der Chipherstellung reinigt man mit dem Gas die Apparaturen für die Gasabscheidung von Halbleiterschichten. Einst testete man Chlortrifluorid als Raketentreibstoff und Munition für Flammenwerfer, nahm davon allerdings wegen der notorisch schwierigen Handhabung bald wieder Abstand. ClF3 ist bei Raumtemperatur ein Gas, verflüssigt sich jedoch schon unter etwa elf Grad Celsius und wird deswegen gekühlt transportiert, und zwar bevorzugt in sehr kleinen Mengen. Denn dass Chlortrifluorid bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit sofort in Flammen aufgeht, ist nur der Anfang der Probleme: Bei der Verbrennung entstehen Produkte, die selbst so hochgiftig und aggressiv sind, dass sie einen Platz auf dieser Liste verdient hätten.
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