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Extreme Physik: Die 10 höllischsten Orte des Weltraums

Bekanntlich geht es nicht überall im All so gemütlich zu wie auf der Erde: Stürme toben, am absoluten Nullpunkt friert es, oder es regnet Eisen und Glas. Wir stellen die zehn extremsten Orte im Weltraum vor: Planeten, Nebel, Sterne und Co.
Höllenritt um einen Stern - der Exoplanet CoRot-1b
10. Die blaue Hölle – der Exoplanet HD 189733b |

Den Titel "Blauer Planet" trägt unsere Erde zu Recht: Aus dem Dunkel des Alls betrachtet gleicht sie einer blauen Murmel im schwarzen Nichts – der einzige lebensfreundliche Himmelskörper, von dem wir wissen. Doch unsere Heimat ist nicht mehr länger der einzige bekannte blaue Planet im Weltraum, denn auch HD 189733b trägt diese Farben. Zumindest reflektiert der ferne Planet im Sternbild Füchslein vor allem diese Wellenlänge des Lichts, die sein Stern auf ihn strahlt. Doch von der Farbe dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Denn Leben ist unter den höllischen Bedingungen vor Ort völlig unmöglich: Der Planet umkreist seine Sonne in nur 2,2 Tagen und damit extrem nah – Temperaturen bis zu 1000 Grad Celsius sind die Folge. In seiner Atmosphäre toben Stürme mit Geschwindigkeiten von bis zu 7000 Kilometern pro Stunde. Und es regnet Glas: geschmolzene Silikatmineralien, die von Asteroiden stammen, die in den Planeten stürzen. Außerdem handelt es sich bei HD 189733b um einen Gasplaneten, der wie Jupiter keine feste Oberfläche besitzt. Dass er dennoch blau leuchtet – in einem tiefen dunklen Blau –, liegt an den Glastropfen in seinem Himmel. Sie reflektieren vor allem die Blautöne des Lichts, während sie Rot und Grün schlucken.

Kälter geht es kaum noch – der Bumerangnebel |

Er sieht auf den Bildern des Weltraumteleskops Hubble aus wie eine Sanduhr – und ist ein wahrlich ungemütlicher Ort: Der Bumerangnebel ist der kälteste Ort im Weltraum, den die Astronomen bislang kennen. Mit einer Temperatur von nur einem Grad Celsius über dem absoluten Nullpunkt von minus 273 Grad Celsius ist er noch kälter als große Teile des restlichen Alls, die nur knapp minus 270 Grad Celsius kalt sind. Schuld an der Unterkühlung ist ein kosmisches Drama, das so eines Tages auch unserer Sonne droht: Der Stern im Zentrum des Bumerangnebels stirbt gerade, weil er seinen Wasserstoffvorrat und damit sein Brennmaterial verbraucht hat. Er bläht sich zum so genannten Roten Riesen auf und schleudert mit Wucht seine Gashülle fort. Diese dehnt sich mit rasender Geschwindigkeit aus, wodurch sie sich extrem abkühlt. Am Ende bleibt dann nur noch ein Weißer Zwerg übrig – ein kleiner, sehr heißer Kern aus schwereren Elementen wie Kohlen- und Sauerstoff, während die Sonne zuvor aus leichtem Wasserstoff und Helium bestand. Bis diese Entwicklung bei unserer Sonne einsetzt, dauert es glücklicherweise aber noch sechs Milliarden Jahre.

8. Die Sonne auf Speed – der Stern VFTS 102 aus dem Tarantelnebel |

Gegen VFTS 102 (künstlerische Darstellung) wirkt unsere Sonne etwas langweilig. Denn der Stern rotiert 300-mal schneller um seine Achse als unser Zentralgestirn – das liegt nahe an der Grenze, ab der ihn die Fliehkräfte zerreißen würden. VFTS 102 wiegt 25-mal mehr als die Sonne, doch trotz dieses Gewichts rotiert er an den Polen mit 1,8 Millionen und am Äquator sogar mit einer Geschwindigkeit von zwei Millionen Kilometern pro Stunde. Und das ist nicht das einzige Absonderliche an diesem Stern, der seine Bahnen durch den Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke zieht. Denn er vagabundiert als so genannter Ausreißerstern durch unsere Nachbargalaxie. Astronomen nehmen deshalb an, dass er einst Teil eines Doppelsternsystems war, deren Partner einander eng umkreisten. VFTS 102 zog dabei extrem viel Masse von seinem Gegenüber ab und wurde rekordverdächtig beschleunigt. Dann explodierte der Partner als Supernova und schleuderte seinen gierigen Zwilling aus der Bahn. Hinweise auf dieses Geschehen konnten Forscher in relativer Nähe zum nun einsam seine Bahn ziehenden VFTS 102 noch aufspüren.

7. Monsterstürme auf Osiris – dem Exoplaneten mit Schweif |

Der Gasplanet HD209458b (künstlerische Darstellung), nach dem altägyptischen Todesgott auch Osiris genannt, war der erste Exoplanet, der durch einen Transit identifiziert wurde: Wenn er, von uns aus gesehen, vor seinem Zentralstern vorbeizieht, schwächt er dessen Licht eine Zeit lang geringfügig ab. Auf diese Weise konnten die Astronomen auch ermitteln, dass in seiner Atmosphäre monströse Stürme toben: Sie erreichen Geschwindigkeiten von 5000 bis 10 000 Kilometern pro Stunde (zum Vergleich: Der stärkste Wirbelsturm auf der Erde brachte es auf etwas mehr als 400 Kilometer pro Stunde). Schuld am Monstersturm ist der geringer Abstand vom Planeten zur Sonne: Sie heizt die ihr – dauerhaft! – zugewandte Seite auf 1000 Grad Celsius auf, während die Schattenseite kühl bleibt. Zum Ausgleich toben die extremen Orkane. Zudem sorgt die extreme Aufheizung dafür, dass Osiris permanent Gas ans All verliert, was dem Planeten einen Schweif beschert.

6. Höllenritt um einen Stern – der Exoplanet CoRot-1b |

365 Tage benötigt unsere Erde, um die Sonne einmal zu umrunden – ein recht gemütliches Tempo, vergleicht man es mit CoRot-1b. Dieser Gasplanet, der um ein Drittel schwerer als Jupiter ist, umkreist seinen Stern in rekordverdächtigen eineinhalb Tagen. Das Schwindel erregende Tempo ist aber nicht das einzige Extrem, mit dem CoRot-1b aufwarten kann: Er rotiert gebunden, weshalb er seiner Sonne immer die gleiche Seite zeigt. Allein das bewirkt schon eine sehr starke Aufheizung; dazu kommt zusätzlich noch eine relativ dunkle Atmosphäre, weshalb der Exoplanet den größten Teil der Einstrahlung auch noch absorbiert. Am Tag kann es dort daher bis zu 2400 Kelvin heiß werden.

5. Unsere Erde – Sauerstoff ist giftig |

Unsere Erde in einer Reihe mit den höllischsten Orten im All? Das ist eine Frage der Perspektive. Denn unsere Luft ist nicht für alle Lebewesen so gut verträglich wie für uns – im Gegenteil: Sie besteht zu knapp 21 Prozent aus Sauerstoff, einem höchst potenten Zellgift, wenn man ihn nicht gewöhnt ist. Als sich die Erdatmosphäre vor 2,4 Milliarden Jahren mit dem O2 zu füllen begann, bedeutete dies für alle Lebewesen, die unter anaeroben Bedingungen zuvor prächtig gediehen, eine Katastrophe: Sie mussten sich anpassen oder starben aus. Der Sauerstoff produzierte in ihrem Körper sehr aggressive Peroxide, die die Zellen angreifen und zerstören. Als erstmals in der Erdgeschichte die so genannten Zyanobakterien ausreichend Sauerstoff produzierten, dass er sich in den damaligen Meeren anreichern konnte, lösten sie damit das erste Massenaussterben auf unserem Planeten aus: die Große Sauerstoffkatastrophe.

4. Schwärzer als Kohle – der düstere Planet TrEs-2b |

Im Sternbild Drache in rund 750 Lichtjahren Entfernung umrundet ein heißer Jupiter seinen Stern – und zwar in nur fünf Millionen Kilometer Abstand. Deshalb ist seine Oberfläche mehr als 1000 Grad Celsius heiß. Zwar sind im All solche Temperaturen in der Nähe eines Sterns nichts Besonderes, doch das macht der Exoplanet TrEs-2b mit seinem finsteren Äußeren mehr als wett: Er ist schwärzer als ein Stück reiner Steinkohle und dunkler als jedes Objekt in unserem Sonnensystem. TrEs-2b reflektiert nur ein Prozent des eingestrahlten Sternenlichts, unsere Erde dagegen 39 Prozent und unser Mond immerhin noch 12 Prozent. Eine Teilschuld an der Düsternis tragen dampfförmiges Natrium und Kalium sowie Titandioxid in der heißen Atmosphäre, die das Sonnenlicht schlucken. Sie allein können die extreme Schwärze von TrES-2b jedoch nicht erklären – über weitere Ursachen rätseln die Astronomen noch.

3. Eiserner Regen – das Wetter auf einem Braunen Zwerg |

Über schlechtes Wetter klagen? Dann lieber keine Reise zum Braunen Zwerg Luhman 16B buchen. Denn dort herrschen permanent unangenehme Bedingungen: Es ist nicht nur heiß, die Wolken des kleinen Sterns bestehen auch noch aus flüssigem Eisen und verschiedenen Mineralen, die durch eine Atmosphäre aus Wasserdampf schweben. Immer wieder regnet das Eisen dann auch ab, wie erste "Wetterkarten" von Luhman 16B andeuten (das Bild zeigt die Wolkenbedeckung). Jedenfalls verschwinden die Wolken im Lauf der Zeit immer wieder und bilden sich anschließend neu. Vielleicht entschädigt das auch dafür, dass dem Braunen Zwerg etwas an Masse fehlt, um zum richtigen Stern zu werden: Er ist zu klein, als dass sich eine Kernfusion in seinem Inneren entzünden könnte.

2. Die Supernova – der Glutofen in der Magellanschen Wolke |

Unsere Sonne ist heiß, keine Frage. Verglichen mit der Hitze, die eine Supernova produziert, sind ihre 5000 Kelvin aber allenfalls lau: Bei diesen Sternenexplosionen kann es mehr als sechs Milliarden Kelvin heiß werden. Als sich 1987 in der Großen Magellanschen Wolke die Supernova 1987A ereignete – in einer Entfernung von "nur" 160 000 Lichtjahren –, prasselten Neutrinos auf die Erde ein, die sogar noch höhere Temperaturen nahelegten. Demnach könnten im Inneren der Supernova für kurze Zeit sogar 200 Milliarden Kelvin und mehr geherrscht haben. Steigern lässt sich dies noch mit Gammablitzen: kurzen Ausbrüchen extrem energiereicher elektromagnetischer Strahlung, die es auf bis zu eine Billion Kelvin bringen können, wie Astronomen schätzen. Sie entstehen wahrscheinlich, wenn sehr massereiche Sterne zusammenbrechen und zum Schwarzen Loch werden oder zwei extrem dichte Neutronensterne kollidieren. Doch übertroffen wurde all dies sogar noch durch die Erde selbst – beziehungsweise das CERN in Genf: Während eines Versuchs im LHC gelang es den Physikern 2010, für kurze Zeit eine Temperatur von vier Billionen Kelvin zu erzeugen.

Gefallen Ihnen die 10 höllischsten Orte? Hier finden Sie die 10 kuriosesten Experimente.
1. Dichter geht es nicht mehr – das Schwarze Loch XTE J1650-500 |

Schwarze Löcher gelten per se als extreme Orte: Sie verschlucken (fast) alles, was in sie hineingerät – selbst Licht entkommt den Schwerkraftmonstern nicht. Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass die Schwarzen Löcher auch immer gleich riesig sein müssen. Tatsächlich existieren Miniaturversionen wie XTE J1650-500 (künstlerische Darstellung), ein Objekt, das sich in einer Entfernung von 10 000 Lichtjahren zur Erde befindet. Mit einem Gewicht von nur 3,8 Sonnenmassen und einem Durchmesser von gerade einmal 24 Kilometern zählt es zu den kleinsten Schwarzen Löchern, die man bislang kennt. Das macht XTE J1650-500 jedoch durch einen anderen Spitzenwert wett: eine Dichte von einer Trillion Kilogramm pro Kubikmeter. Was genau passiert, wenn man sich einem derartigen Gravitationssuperlativ nähert, ist jedoch noch strittig: Wird man extrem in die Länge gezogen – oder rasch geröstet? Ungemütlich ist es auf alle Fälle!

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