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Astronomie für Einsteiger: Die Farben und Spektraltypen der Sterne

Beim Beobachten des Nachthimmels fällt auf, dass die Sterne in verschiedenen Farben leuchten. Viele der veränderlichen Sterne erscheinen in einem kräftigen Rot, Arktur ist orange, Kapella strahlt wie unsere Sonne gelblich. Diese Farben sind nicht nur hübsch anzuschauen, sondern sie geben den Astronomen auch einen wichtigen Hinweis auf eine physikalische Eigenschaft der Sterne: ihre Oberflächentemperatur.
Antares im Sternbild Skorpion

Der hellste Stern im Skorpion ist Antares, der mit seiner roten Farbe, seiner Helligkeit und seiner Lage nahe der Ekliptik an den Planeten Mars erinnert. Die Griechen der Antike gaben dem Mars den Namen ihres Kriegsgottes Ares. Da lag es nahe, den roten Stern im Skorpion als Antiares (Gegenmars) zu bezeichnen, woraus sich der heutige Name ableitet.

Antares im Skorpion | Antares, der Hauptstern des Skorpions, hat eine ähnlich rote Farbe wie der Planet Mars.

Antares lässt sich mit seiner scheinbaren Helligkeit von 1,1 mag leicht mit den bloßen Augen entdecken. Allerdings ist dieser Stern mit etwa 3400 Kelvin relativ kühl (daher die rote Farbe), und seine Strahlungsleistung muss entsprechend gering sein. Da er trotz einer Entfernung von rund 600 Lichtjahren am irdischen Himmel so hell leuchtet, muss seine strahlende Oberfläche sehr groß sein. Und tatsächlich ist Antares ein wahrer Gigant. Mit einem Radius von 600 Millionen Kilometern, also fast 800 Sonnenradien, handelt es sich um einen Roten Überriesen. Stünde er an Stelle der Sonne, würde er sogar die Umlaufbahn des Mars in seinem Volumen einschließen.

Die von seiner relativ geringen Oberflächentemperatur herrührende rote Farbe wird durch seine niedrige Position über dem Horizont in unseren Breiten und die daraus resultierende Lichtstreuung in der Atmosphäre noch unterstrichen. Bei manchen Sternen kann das Licht bereits auf dem langen Weg durchs All gerötet worden sein, dann nämlich, wenn durch interstellaren Staub blaue Anteile des Lichts weggestreut wurden. Aus diesen Gründen ist die beobachtete Farbe eines Sterns nicht immer mit seiner Eigenfarbe identisch. Die Eigenfarbe ist aber eine wichtige Beobachtungsgröße, aus der sich auf die physikalischen Eigenschaften eines Sterns schließen lässt.

Elektromagnetisches Spektrum

Jeder Körper, der eine Temperatur hat, sendet elektromagnetische Strahlung aus. Licht, das wir mit den Augen registrieren können, ist nur eine bestimmte Art dieser Strahlung: nämlich solche, deren Wellenlänge im Bereich zwischen etwa 380 und 700 Nanometern liegt (1 nm = 1 Nanometer = 10 –9 Meter). Strahlung oberhalb einer Wellenlänge von 700 nm, die man als Infrarotstrahlung bezeichnet, empfinden wir als Wärme; zu noch größeren Wellenlängen hin schließen sich die Mikrowellen- und die Radiostrahlung an. Am kurzwelligen Ende des sichtbaren Spektralbereichs geht das Licht in die ultraviolette Strahlung über. Von noch kürzerer Wellenlänge sind die Röntgen- und die Gammastrahlung. Die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung ist direkt mit ihrer Frequenz und ihrer Energie verknüpft: Je kürzer die Wellenlänge, desto höher sind Frequenz und Energie.

Die Farben und Spektraltypen der Sterne | Abhängig von ihrer Temperatur liegt das Strahlungsmaximum von Sternen bei unterschiedlichen Wellenlängen. Die heißen O- und B-Sterne strahlen überwiegend im blauen und ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, die kühlen M-Sterne im roten und infraroten Bereich. Die Spektralklasse sagt aber nichts über die Größe und die Leuchtkraft der Sterne aus.

Von der Temperatur eines Körpers hängt es nun ab, wie viel Energie er aussendet und in welcher Farbe er erscheint. Eine gerade eingeschaltete Herdplatte sendet zunächst nur Infrarotstrahlung aus: Wir nehmen keine Farbänderung wahr, spüren aber, dass sie warm wird (auch ohne sie zu berühren!). Mit zunehmender Hitze beginnt sie rot zu glühen. Das Maximum ihrer Energieabstrahlung hat sich demnach vom infraroten Spektralbereich zum sichtbaren Licht hin verschoben. Könnte man sie noch stärker aufheizen, würde sich ihre Farbe langsam nach Gelb verschieben, bis sie schließlich in grellem Weiß erstrahlte. Ebenso ist die Farbe eines Sterns ein mit bloßem Auge erkennbares Maß für die Intensitätsverteilung in seinem Spektrum. Der Farbeindruck im Auge ist jedoch von verschiedenen physiologischen und psychologischen Faktoren abhängig; die Astronomen messen deshalb die Unterschiede in der Helligkeit eines Sterns in verschiedenen schmalen Wellenlängenbereichen, um ein objektives Maß für die Farbe zu erhalten.

Spektralklassen

Zerlegt man das Licht der Sterne mit Spektralapparaten in einzelne Wellenlängen, so fallen neben dem allgemeinen Farbeindruck weitere Besonderheiten in diesen Spektren auf. Im Sonnenspektrum beispielsweise sind zahlreiche dunkle Absorptionslinien zu sehen. Sie sind darauf zurückzuführen, dass Atome in der äußersten Schicht der Sonne das von ihrer Oberfläche

ausgesandte Licht bei diskreten Wellenlängen absorbieren. Die Untersuchung solcher Spektrallinien hat sich als leistungsfähige Methode erwiesen, um die physikalischen Eigenschaften und den Aufbau der Sterne zu ermitteln.

Die Vielfalt der Erscheinungsformen in den Sternspektren macht ein Beschreibungs- oder Klassifikationsschema erforderlich. Ende des 19. Jahrhunderts wurden am Harvard-College-Observatorium in den USA die Buchstaben A bis Q benutzt, um unterschiedliche Spektraltypen zu kennzeichnen. Weitere Überlegungen legten eine Umordnung dieser Spektralklassen nahe, so dass daraus die noch heute gebräuchliche Hauptsequenz O, B, A, F, G, K, M entstand. Findige Studenten kreierten als Merkhilfe den Satz: Oh, be a fine girl, kiss me. Im Deutschen könnte man vielleicht sagen: Offenbar benutzen Astronomen furchtbar gerne komische Merksätze.

Diese Abfolge der Spektralklassen spiegelt eine Temperatursequenz der Sterne wider. Die bläulich-weiß strahlenden O- und B-Sterne sind mit 20 000 bis 30 000 Kelvin sehr heiß, wohingegen M-Sterne Oberflächentemperaturen um 3000 Kelvin haben und deswegen rot leuchten. Zur feineren Kennzeichnung der Spektralklassen führte man Dezimalunterteilungen ein. Die Sonne beispielsweise ist ein G2-Stern mit einer Oberflächentemperatur von 5800 Kelvin. Antares mit seinen 3400 Kelvin hat den Spektraltyp M1.

Während der Spektraltyp ein Maß für die Oberflächentemperatur ist, sagt er aber noch nichts über die Leuchtkraft aus. Denn die gesamte Energieabstrahlung hängt auch von der Größe der strahlenden Oberfläche ab. Um Unterschiede in der Leuchtkraft eines Sterns berücksichtigen zu können, modifizierte man die bisherige Spektralklassifikation Mitte des 20. Jahrhunderts, wobei jedoch die dezimale Unterteilung der O-, B- … M-Sequenz beibehalten wurde. Seitdem werden in der Harvard-Klassifikation Unterschiede im Spektrum, die auf unterschiedliche Leuchtkraft zurückzuführen sind, durch vorangestellte Buchstaben gekennzeichnet (c: Überriesen, g: Riesen, d: Zwerge). Für die Sonne als Zwergstern ergibt sich dann der Spektraltyp dG2.

Als Weiterentwicklung der Harvard-Klassifikation wurde die Yerkes- oder MK-Klassifikation eingeführt. Hierbei wird dem Spektraltyp eine zweiter Parameter, die Leuchtkraftklasse, angehängt (I: Überriesen, II: helle Riesen, III: normale Riesen, IV: Unterriesen, V: Zwergsterne, VI: Unterzwerge). In dieser Notation ist die Sonne ein G2V-Stern. Antares wird als M1I-Stern klassifiziert.

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