Astronomie für Einsteiger: Jupiter: Star des Nachthimmels mit rotem Auge
Jupiter ist der größte Planet unseres Sonnensystems. Nach Sonne, Mond und Venus erscheint er uns als vierthellstes Gestirn an unserem Himmel.
Bereits im Fernglas lassen sich die vier großen Monde des Jupiter erkennen: Io, Europa, Ganymed und Kallisto. Gemäß der Reihenfolge ihrer Umlaufbahnen werden sie oft nur mit römischen Ziffern bezeichnet, also I für Io, II für Europa, III für Ganymed und IV für Kallisto. Europa, der kleinste dieser bereits von Galilei entdeckten Monde, ist etwas kleiner als unser Erdmond; Ganymed, der größte, etwas größer als der Planet Merkur. Würden diese Jupitertrabanten nicht vom Licht des Riesenplaneten überstrahlt, sähen wir sie bereits mit bloßem Auge am Himmel.
Alle 399 Tage gelangt Jupiter in Opposition zur Sonne. Er steht dann unserem Tagesgestirn am Himmel direkt gegenüber, so dass er zu Sonnenuntergang im Osten aufgeht, zu Mitternacht die höchste Stellung am Firmament im Süden erreicht und zu Sonnenaufgang im Westen untergeht. Jupiter ist dann die gesamte Nacht über zu sehen.
Die Zeit um diese Opposition Jupiters ist also bestens geeignet, das Spiel seiner Monde zu beobachten. Mit Umlaufzeiten zwischen 42 Stunden und knapp 17 Tagen sehen wir sie jede Nacht an anderer Stelle relativ zu ihrem Planeten stehen. Dabei kommt es zu unterschiedlichen Erscheinungen: Die Monde können von uns aus gesehen vor der Oberfläche Jupiters vorbeiziehen (Durchgang vor der Jupiterscheibe), von seiner Scheibe verdeckt werden (Bedeckung durch Jupiter), unvermittelt in den Schatten des Riesenplaneten eintauchen (Verfinsterung durch Jupiters Schatten) oder ihrerseits einen Schatten auf Jupiters Oberfläche werfen (Schattenwurf auf Jupiter). Unabhängig von der Größe des verwendeten Beobachtungsgeräts: Es ist sehr eindrucksvoll, die vielfältigen Erscheinungen in diesem "Mini-Planetensystem" mit eigenen Augen zu verfolgen. Alle nötigen Angaben hierzu sind in der Rubrik "Aktuelles am Himmel" in jeder Ausgabe von "Sterne und Weltraum" zu finden.
Zonen, Bänder und Großer Roter Fleck
Auch Jupiter selbst ist ein lohnendes Beobachtungsobjekt. Als Gasplanet hat er keine feste Oberfläche. Wir sehen vielmehr Strukturen in seiner Wolkendecke, die – abhängig von ihrer jovigrafischen Breite – unterschiedliche Rotationsdauern haben. Über die Jahrhunderte hinweg ist aber eine grundlegende Struktur gleich geblieben: eine Abfolge aus hellen Zonen und dunkleren Bändern. Innerhalb dieser idealisierten Gliederung ist eine beachtliche Dynamik zu verzeichnen, die fotografisch arbeitende Amateurastronomen durchaus nachvollziehen können.
Die bekannteste Wolkenstruktur in der Atmosphäre Jupiters ist der Große Rote Fleck (GRF). Er wird schon seit Jahrhunderten beobachtet und lässt sich auf Jupiterzeichnungen bis ins Jahr 1631 zurückverfolgen. Seinen Namen erhielt er aber erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als der Wolkenwirbel eine kräftige ziegelrote Farbe annahm. Seine Sichtbarkeit schwankt seitdem, und die Farbe variiert zwischen Ziegelrot und Blassorange. In den letzten Jahren ist er wieder deutlich blasser geworden – er erscheint nun eher lachsfarben. Gleich geblieben ist hingegen die Breitenlage des GRF: Er liegt bei etwa 22 Grad südlicher jovigrafischer Breite auf der Grenze zwischen dem dunklen Südlichen Äquatorialband (SEB) und der hellen Südlichen Tropischen Zone (STrZ). Auf fotografischen Aufnahmen, die häufig kontrastverstärkt sind, erscheint der GRF deutlich als ovaler Wirbel. Visuellen Beobachtern wird indes zumeist die helle Einbuchtung im Südlichen Äquatorialband auffallen, die durch den GRF verursacht wird.
Bevor die ersten Raumsonden Jupiter erreichten, war unklar, was den GRF verursacht. Die "Floßtheorie" vermutete, dass er ein ganz oder teilweise fester Körper sei, der in der gasförmig-flüssigen Hülle des Planeten schwebe. Änderungen seiner Sichtbarkeit wurden dabei mit einem unterschiedlich tiefen Einsinken erklärt. Einer zweiten Theorie zufolge sollte es sich um einen so genannten Taylor-Zylinder aus stehendem Gas handeln, der durch Wirbel stabilisiert werde. Solche Säulen können auftreten, wenn oberhalb einer topografischen Besonderheit auf einer festen Oberfläche die atmosphärische Zirkulation gestört wird.
Die Aufnahmen der Pioneer- und Voyager-Sonden zeigten jedoch, dass der GRF eine meteorologische Erscheinung ist. Offenbar handelt es sich um einen Wirbelsturm, der aber nicht mit Hurrikanen auf der Erde vergleichbar ist. Denn während irdische Wirbelstürme Tiefdruckgebiete sind, die sich auf der Nordhalbkugel im Gegenuhrzeigersinn und auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn drehen, rotiert der auf der südlichen Hemisphäre Jupiters gelegene GRF im Gegenuhrzeigersinn. Er ist also ein Hochdruckgebiet. Vermutlich strömt im Inneren des GRF Material aus tieferen Wolkenschichten nach oben, kühlt sich ab und sinkt dann an den Rändern des GRF wieder ab. Die wechselnde Farbe könnte durch unterschiedliche Konzentrationen an phosphorhaltigen Gasen hervorgerufen werden, die sich in großer Höhe durch den Einfluss des UV-Lichts der Sonne in roten Phosphor und andere Bestandteile zerlegen. Auch eine Mischung aus Ammoniak und Azetylen könnte unter Sonneneinstrahlung Moleküle erzeugen, die blaues Licht absorbieren und deshalb rot erscheinen.
Die Lage des GRF in jovigrafischer Länge ist nicht fest, sondern driftet langsam gegenüber den umgebenden Bändern und Zonen. In manchen Zeiträumen nahm die Länge ab – so etwa zwischen 1831 und 1880 sowie zwischen 1910 und 1928. In den letzten Jahrzehnten driftete er zu größeren Längen hin. Wie bei irdischen Wirbelstürmen ist eine Voraussage, mit welcher Geschwindigkeit sich der GRF bewegen wird, nur annähernd möglich. Gegenwärtig bewegt er sich pro Jahr etwa um 16 Grad. Hält diese Entwicklung an, so dürfte der GRF im Februar 2015 bei einer jovigrafischen Länge von etwa 223 Grad liegen.
Mit bekannter Länge des GRF lassen sich die in "Sterne und Weltraum" tabellierten Werte für die Länge des Zentralmeridians nutzen, um die Zeiten zu berechnen, zu denen der GRF den Zentralmeridian des Jupiters überquert. Hierbei ist das Rotationssystem II zu verwenden, das für die Rotation des Großen Roten Flecks und für die Rotation der detailreichen Bänder beiderseits der Äquatorzone gilt. Das Rotationssystem I gilt hingegen für die Rotation der hellen, strukturarmen Zone von etwa 10 Grad um Jupiters Äquator.
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