Astronomie für Einsteiger: Mit zwei Augen sieht man mehr
Feldstecher: Orientierung im Sternfeld beim Aufsuchen
Leicht in der Hand liegend, freihändige Benutzung, aufrechtes Bild und großes Gesichtsfeld – diese Eigenschaften machen das einfache Fernglas zum besten Helfer bei der Aufsuche am Himmel. Der klassische Feldstecher gewährleistet so die notwendige Orientierung bei einer Grenzgröße, die dank des beidäugigen Sehens derjenigen eines Teleskopsuchers überlegen ist.
Bei großflächigen Objekten mit schwachen Kontrasten ist das Fernglas sogar das am besten geeignete Beobachtungsinstrument. Streifen Sie in einer klaren, dunklen Sommernacht mal mit einem 10 x 50-Feldstecher (also zehnfache Vergrößerung und 50-Millimeter-Objektive) durch die Milchstraße im Schützen und Schild: Deutlicher kann man die Dunkelwolken nicht als "Löcher in der Milchstraße" sehen. Oder achten Sie mal auf die volle, im Fernglas sichtbare Ausdehnung der Andromeda-Galaxie M 31 – hier kommen die Vorteile des beidäugigen Beobachtens voll zum Tragen. Im Wesentlichen hat dies einfache informationstheoretische Gründe: Unser Gehirn kann mittels zweier Sensoren das Signal besser vom Rauschen trennen!
Mit dem Großfeldstecher zu den Messier-Objekten
Der nächste logische Schritt in der beidäugigen Beobachtung ist deshalb: sich einen größeren Feldstecher besorgen. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass sich schon ab zehnfacher Vergrößerung die visuelle Trennschärfe stark verbessert, wenn das Fernglas wackelfrei auf einem Stativ montiert ist. Das kann ein einfaches Fotostativ sein, auf das der Feldstecher mit einem speziellen Adapter befestigt wird. Komfortabler ist jedoch eine Konstruktion, mit der das Übergewicht des Fernglases durch ein Gegengewicht ausgeglichen wird. So bleibt die Beweglichkeit erhalten, und es sind freie Schwenks und Beobachtungen möglich, ohne dass die Klemmen festgezogen werden müssen.
Weitere Beschränkungen sind dann der mit der Größe schnell anwachsende Anschaffungspreis und die sphärische Aberation großer f/4-Achromate. Bei 20- bis 25-facher Vergrößerung ist ein gewisses Limit erreicht, von dem ab das Bild weich erscheint. Eine preislich interessante Alternative zu teuren dreilinsigen Objektiven besteht hier in der Kombination zweier 100-Millimeter-Teleskope mit f/5-Fraunhofer-Optiken und einem 10 x 50-Feldstecher, bei dem die Objektive einfach abgeschraubt wurden. So werden nur der weit genug ausladende Prismenkörper und seine Okulare genutzt. Als Resultat entsteht ein scharf abbildender 25 x 100-Großfeldstecher. Damit sind atemberaubende Anblicke der schmalen Mondsichel mit ihrem aschgrauen Licht, vielen offenen Sternhaufen und anderen Messier-Objekten garantiert.
Mond, Planeten und Sonne im Binokularansatz
Es läge nahe, zur weiteren Steigerung einfach zwei größere Teleskope zu einem gigantischen Fernglas zu montieren. Auf Teleskoptreffen lassen sich solche Selbstbaukonstruktionen des Öfteren bestaunen. Aber die damit verbundenen Justierprobleme und die Unhandlichkeit solcher Lösungen wirken oft abschreckend. Viel einfacher und daher eine auch kommerziell erhältliche Variante ist der Binokularansatz, der mittels Strahlenteilers zwei Okulare in verstellbarem Augenabstand an einem einzelnen Teleskop bedient. Sein für viele Fokussiereinrichtungen eigentlich zu langer Strahlengang kann durch den Einsatz einer Barlowlinse überbrückt werden, die den Brennpunkt verlagert. Bei den Okularen sollte man unbedingt solche mit weitem Pupillenabstand auswählen. Dies erleichtert die Kopfhaltung beim Beobachten erheblich, da man ja beim Binokularansatz beide Augen in die bestmögliche Position hinter den Okularen bringen muss.
Zwar kommt der Beobachter nun nicht mehr in den Genuss einer verdoppelten Öffnungsfläche, aber die eingangs erwähnten Vorteile des beidäugigen Sehens lohnen die Anschaffung allemal. Das Erkennen feinerer Kontrastabstufungen ist vor allem bei der Beobachtung von subtilen Oberflächendetails auf den Planeten oder der Sonne von Vorteil. (Bei der Sonnenbeobachtung natürlich nur unter Verwendung eines sicheren Objektivsonnenfilters!) Jedoch auch die kontrastreiche Mondoberfläche sieht im Binokularansatz irgendwie lebendiger aus. Unser Gehirn ist eben an den Informationsgehalt von zwei Augen gewöhnt, der zu einem realeren Eindruck führt. Aus diesem Grunde erscheint uns auch der Anblick mancher Sternhaufen fast plastisch, obwohl die dazu notwendige Parallaxe zwischen den beiden Augen auf diese Distanzen ja komplett fehlt.
Bietet ein Binokularansatz auch Vorteile für Deep-Sky-Objekte?
Auf der einen Seite legen es die Vorteile des beidäugigen Sehens nahe, den Binokularansatz auch in der Deep-Sky-Beobachtung einzusetzen. Dabei können wegen der erforderlichen Barlowlinse allerdings keine ganz niedrigen Vergrößerungen eingesetzt werden. Durch den Strahlenteiler wird nun auch jedes einzelne Bild mindestens um den Faktor zwei dunkler, im Vergleich zur Benutzung eines einzelnen Okulars gleicher Brennweite. Lohnt sich der Einsatz dann noch?
Die Erfahrung zeigt, dass der Vorteil des beidäugigen Sehens im Binokular besonders bei relativ hellen flächigen Objekten ausgespielt wird, wie etwa beim Orionnebel. Diese Objekte sind auch bei deutlich dunklerem Bild noch in allen schwachen Einzelheiten gut zu sehen und wirken lebendiger. Lichtschwache Nebel hingegen erscheinen oft klarer, wenn das Licht in einem Okular konzentriert wird. Diese Bewertung mag aber individuell verschieden ausfallen. In jedem Fall fügt der Binokularansatz dem Beobachten eine neue Qualität hinzu, denn es wächst damit einfach die Freude an der visuellen Beobachtung.
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