Astronomie für Einsteiger: Überriesen mit Reflexionsnebeln
Der bekannteste Reflexionsnebel, der von einem Überriesen beleuchtet wird, ist IC 4606, der den M1-Überriesen Antares im Skorpion umgibt. Da der Nebel ebenso orangefarben ist wie Antares, kann kein Zweifel daran bestehen, dass sein Licht von Antares stammt und am Staub des Nebels gestreut wird.
Ein lichtschwacher, aber dennoch sehr eindrucksvoller Reflexionsnebel ist der Hexenkopfnebel IC 2118. Er reflektiert das Licht des etwa drei Gead westlich von ihm stehenden B8-Überriesen Rigel im Orion.
Das dritte allgemein bekannte Beispiel ist der blaue, nördliche Teil des Trifidnebels, in dessen Mitte der 7,4 mag helle A5-Überriese HD 164514 angesiedelt ist. Dieser Stern hat im Rahmen der üblichen Fehler von Entfernungsangaben von Sternen dieselbe Entfernung von uns wie die südliche Hälfte des Trifidnebels, einer der schönsten leuchtenden Gasnebel (HII-Regionen) unserer Milchstraße.
In den Listen von Reflexionsnebeln, insbesondere in jenen von Van den Bergh, findet man vier weitere beobachtenswerte Reflexionsnebel, deren Licht von Überriesen stammt. Es sind die Objekte VdB 14, VdB 15, VdB 133 und VdB 137. Die beiden letztgenannten Objekte sind rund zwölf Bogenminuten groß und relativ hell. Ihre beleuchtenden Sterne sind ein F5- beziehungsweise ein B8-Überriese.
Die anderen beiden Reflexionsnebel befinden sich im Sternbild Giraffe in knapp drei Grad Abstand von der Mittelebene unserer Milchstraße. VdB 14 wird von HD 21291, einem B9-Stern, beleuchtet, der ein Grad weiter südlich gelegene VdB 15 von HD 21389, einem A0-Überriesen. Die Farbe beider Nebel ist weiß mit einem Stich ins Blaue, was bei Sternen dieser Spektraltypen nicht anders zu erwarten ist.
Im Sternbild Füchslein finden wir die beiden benachbarten Nebel IC 4954 und IC 4955. Auf der Rot- und auf der Blau-Aufnahme des Palomar Sky Survey sind beide Nebel gleich hell. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass ein B1.5-Stern die beiden Nebel zum Leuchten bringt. B1.5-Sterne können gerade noch so viel Wasserstoff ionisieren, dass dessen Leuchten im Roten ebenso hell erscheint wie das am Staub gestreute Licht des Sterns. Eine Farbaufnahme sollte zeigen, dass der Nebel in einem violetten Licht erscheint.
Das ist aber nicht so. Beide Nebel leuchten in einem weißlichen Licht. Es kann sich also nur um Reflexionsnebel oder vielleicht auch um Galaxien handeln, obwohl die Form der Nebel die letztere Möglichkeit auszuschließen scheint. Sollte es sich um Reflexionsnebel handeln, dann müssten ihre beleuchtenden Sterne zu sehen sein. Um dieser Frage nachzugehen, erinnern wir uns an die alte "Hubblesche Beziehung" B = 11,5 – 5 lg r zwischen der scheinbaren Blauhelligkeit B des anregenden Sterns und dem Radius r des zugehörigen Nebels im blauen Licht.
Der Zahlenwert 11,5 für den Nullpunkt dieser Beziehung ist ein Mittelwert aus neueren Arbeiten über Reflexionsnebel. Auf der Blauplatte des POSS betragen die Radien von IC 4954 und IC 4955 rund 1,3 Bogenminuten. Daraus ergibt sich als wahrscheinlichster Wert für die Helligkeit eines beleuchtenden Sternes B von ungefähr 11 mag.
Im näheren Umfeld beider Nebel gibt es zwar mehrere Sterne mit ähnlichen Helligkeiten, aber keine Informationen über ihre Spektraltypen und Entfernungen. Damit lässt sich jetzt noch nicht klären, von welchen Sternen beide Nebel ihr Licht beziehen – wenn es sich tatsächlich um Reflexionsnebel handelt.
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