Alte Kulturen: Frühe Tibet-Zivilisation stand und fiel mit Hirse
Der rätselhafte Untergang einer alten Kultur erweist sich als eng mit den besonderen Ansprüchen der Hirse verbunden. Vor 4000 Jahren verschwand am Rand des Hochlands von Tibet eine Gruppe von Bauern, die während des klimatischen Optimums des Holozäns das Getreide dort anbauten. Stattdessen tauchten etwa 300 Jahre später Gersten- und Weizenbauern auf – obwohl die Vegetationsperiode in jenen Breiten eigentlich Hirse begünstigt. Wie jedoch ein Team um Jade D'Alpoim Guedes von der Washington State University herausfand, ist nicht die Vegetationsperiode in den großen Höhen des Tibet-Plateaus der entscheidende Parameter, sondern der Wärmebedarf – und der ist bei Weizen und Gerste deutlich geringer als bei Hirse. Als die vorhergegangene Warmperiode endete, wurden die Bedingungen für das traditionelle Getreide zu kalt. Unter den Bedingungen eines wärmeren Klimas könnte Hirse jedoch wieder zu Ehren kommen.
Das Hochland von Tibet ist mit mehr als vier Kilometer Höhe über dem Meeresspiegel das höchste Hochplateau der Erde mit sehr eigenen Klimabedingungen. Die dortige Landwirtschaft basiert auf dem Anbau von kältetolerantem Getreide – die derzeitige Kultur entstand laut Guedes und ihrem Team durch den Kälteeinbruch am Ende des klimatischen Optimums des Holozäns vor 4000 Jahren. Zuvor hatte ihre kurze Vegetationsperiode eher Hirse begünstigt, doch die Forscherin kommt zu dem Schluss, dass mit kühlerem Klima die allgemeine Kältetoleranz wichtiger wurde. Heutzutage drehen sich die Verhältnisse in Tibet um: Das Hochland gehört zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen der Erde und hat sich teilweise in den letzten 200 Jahren um bis zu sechs Grad erwärmt. Möglicherweise kommt die Hirse dort nach 4000 Jahren wieder zu Ehren.
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