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Kommentare - - Seite 1053

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Landkarten und Heuhaufen

    23.07.2008, Lorenz Friess
    Im o. g. Artikel wird für die Färbung einer Landkarte eine Lösung mit drei Farben gesucht - es sind offensichtlich vier erforderlich.

    Das dort beschrieben "Kollisionsproblem" besitzt eine Lösung vom Schwierigkeitsgrad n*n, also polynomial.

    Man nimmt das erste Element und vergleicht es mit der Liste, ergibt n Schritte, das der Reihe nach für alle Elemente ergibt (n*n)/2 Schritte
    oder irre ich ?
    Stellungnahme der Redaktion

    Dass Scott Aaronson vom Dreifärbungsproblem spricht, ist kein Schreibfehler. Die Frage ist nicht primär, eine Färbung einer gegebenen Landkarte mit drei Farben zu finden, sondern zu entscheiden, ob es im konkreten Fall überhaupt eine solche Dreifärbung gibt. Dieses Problem ist in der Tat NP-vollständig.


    Die Tücke bei diesem Problem liegt darin, dass die weitaus meisten Fälle leicht entscheidbar sind (ein Land mit nur drei Nachbarn verdirbt die ganze Dreifärbbarkeit). Deswegen ist die Einstufung als NP-vollständig von der Erfahrung mit konkreten Fällen des Problems nicht unbedingt nachvollziehbar. Brian Hayes hat das in seinem Artikel "On the Threshold" (American Scientist Jan./Feb. 2003, in aller Ausführlichkeit erläutert.


    Beim Kollisionsproblem ist allerdings durch Kürzung des Urtexts (bereits im amerikanischen Original) ein Fehler entstanden. Es geht darum, eine so genannte Hash-Funktion zu finden; das ist eine Funktion, die aus einem langen Input (zum Beispiel einer ganzen Datei) eine kurze Bitfolge (zum Beispiel die Adresse eines Speicherplatzes für diese Datei) berechnet, und zwar so, dass der so errechnete Speicherplatz für die nächste eintreffende Datei möglichst nicht schon belegt ist. Denn dieser Fall (die "Kollision") erfordert zusätzlichen Aufwand. Ein "natürliches" Maß für die Problemgröße ist die Adresslänge und nicht die Größe des Heuhaufens, die für eine Adresslänge von n Bit gleich 2n ist. Scott Aaronson hat bewiesen, dass auch ein Quantencomputer das Kollisionsproblem nicht in polynomialer Zeit (Polynom in n) erledigen kann. In der Heuhaufengröße N ausgedrückt, hat er gezeigt, dass man mit einem Quantencomputer den Aufwand bis auf die Größenordnung N1/5 drücken kann (verglichen mit N2 für die erschöpfende Suche und N log N für Suchen mit Vorsortieren), nicht aber auf ein Polynom in log N. Einzelheiten finden sich in seiner Dissertation .


    Christoph Pöppe, Redaktion Spektrum der Wissenschaft

  • Was ist analoge Fotografie?

    20.07.2008, H.W. Krüger, Buchholz i.d.N
    Es scheint sich allgemein durchzusetzen von analoger Fotografie zu sprechen als Pendant zur digitalen Fotografie, wenn in Wirklichkeit die klassische Fotografie gemeint ist.
    Auch in dem Beitrag über digitales Röntgen geschieht dieses. Ich bin jedoch der Meinung, dass hierbei ein falscher Gegensatz konstruiert wird und die Bezeichnung analoge Fotografie bzw. analoge Röntgentechnik in diesem Zusammenhang schlicht falsch ist. Auch bei der digitalen Fotografie entsteht im Bildsensor zunächst ein analoges Abbild der Helligkeitsverteilung in Form unterschiedlicher elektrischer Ladungen entsprechend der jeweiligen Helligkeit der einzelnen Bildpunkte. Erst beim Auslesen der Bildinformation wird das der Helligkeit entsprechende Signal des Bildsensors durch einen elektronischen Analog-Digitalwandler digitalisiert und in digitaler Form weiterverarbeitet und gespeichert. Es ist durchaus möglich, auf den Analog-Digitalwandler zu verzichten und das elektrische Bildsignal in analoger Form zu speichern. Dieses geschieht z.B. beim VHS- Videosystem (und auch bei anderen älteren Videoaufnahmeverfahren).
    Was als digitale Fotografie bezeichnet wird ist demnach die Fotografie mit elektronischem Bildsensor und digitaler Bildspeicherung. Das Pendant, die analoge Fotografie, wäre dann die Fotografie mit elektronischem Bildsensor und analoger Bildspeicherung.
    Die klassische Fotografie dagegen hat mit all dem gar nichts zu tun. Hier ist der Bildsensor gleichzeitig auch der Bildspeicher und arbeitet nach chemischen Verfahren. Man könnte die klassische Fotografie somit als chemische Fotografie bezeichnen, als Pendant zur elektronischen Fotografie. Bei Letzterer müsste man dann noch unterscheiden zwischen solcher mit digitaler oder analoger Bildverarbeitung und Speicherung.
  • Schadenersatz

    18.07.2008, J. J. J. R. Moehs
    Ist es zweifelsfrei von wirklich unabhängigen Laboratorien nachzuweisen, dass die Vergiftungen der Bienen durch die Benutzung der Pestizide erfolgt ist, so ist es nur recht, wenn die Verursacher für den entstandenen Schaden in vollem Umfange gerade stehen müssen. Wenn ein Fahrer eines 12-Tonners einem Klempner dessen Kleintransporter zu Schrott fährt, hat jener ebenso für die Heilung des von ihm verursachten Schadens Sorge zu tragen.
    Wie dort, so hier.
    Die Vorsichts- und Rücksichtslosigkeit der Landwirtschafttreibenden und ihrer Lieferanten darf nicht länger hingenommen werden; als hätte ein 9-jähriges Mädchen einen Basketballspieler angerempelt.
    Falls es nicht zu einer vernünftigen Lösung kommt, sollte man schnellstens Boykott-Listen mit den beteiligten Unternehmen erstellen und die Lebensmittelendverbraucher zur Abstinenz von Waren, in denen Erzeugnisse der Schuldigen Verwendung finden, aufrufen, und dies bis zu dem Grade, bei dem die Schäden der Imker durch die der Verursacher aufgewogen werden.
  • Totentänze statt Calaveras

    18.07.2008, Dr. Philipp Maurer, Wien
    Sie illustrieren den Artikel mit einer Druckgraphik von Posada. Posada war allerdings kein Maler, sondern Graphiker und Illustrator. Als politisch engagierter Gebrauchsgraphiker war er Mentor der visuellen Kultur und Wegbereiter der modernen Graphik Mexikos. Mit der Zuweisung von Adjektiven wie morbid (lat. morbus = Krankheit) zu Erscheinungen einer fremden Kultur sollte man vorsichtig sein: die „Calaveras“ sind wichtiger Teil der mexikanischen Alltagskultur als ein Miteinander von Toten und Lebenden, das den Tod als endgültiges Ausscheiden aus dem Lebenszusammenhang negiert. Inhaltlich besser zu dem Artikel gepasst hätte ein Totentanz, wie er in Europa im 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts weit verbreitet ist. Dessen Aussage „Alle Menschen, welchen Standes auch immer, müssen sterben“ ist wissenschaftsgeschichtlich relevant, da es sich um die erste bildliche Fassung des zu Ende des Mittelalters erstmals und neu erkannten NATURGESETZES handelt, dass der Tod kein Einzelschicksal, sondern eben Gesetz ist.
  • Würde und Wahn im Labor

    16.07.2008, Dr. Sylvia Bendel Larcher, Luzern
    Wie alle anderen Befürworter - sinnigerweise auch Gegner - der Stammzellenforschung blendet auch Urban Wiesing die Tatsache aus, dass noch kein Lebewesen der Petrischale eines Forschers entsprungen ist, wohl aber dem Schoß einer Frau bzw. eines Muttertieres. Solange eine befruchtete Eizelle sich nicht in einer Gebärmutter eingenistet hat, kann von einem Lebewesen nicht die Rede sein. Das gilt auch für natürlich befruchtete, abgegangene Eizellen. Gentechniker hantieren mit Zellhaufen, nicht mit Lebewesen. Entsprechend ist auch die Diskussion um deren Würde und Schutzbedürftigkeit hinfällig. Hingegen wäre es an der Zeit, über die Würde und Schutzbedürftigkeit jener Frauen und Muttertiere zu sprechen, die irgendwelche gentechnisch hergestellten Kunstwesen austragen und gebären sollen. Dass die Frau als Gebärerin aus der Diskussion um Stammzellenforschung und Gentechnik allgemein systematisch ausgeblendet wird, ist nur ein weiteres Kapitel in der seit Pygmalion bezeugten Geschichte vom Wunsch und Wahn des Mannes, Leben allein erschaffen zu können.
  • CO2-Einlagerung

    16.07.2008, J. Götz
    Mit Blickwinkel auf den Wirkungsgradverlust von ca. 10 % ist die CCS-Technologie nicht gerade zu empfehlen. Zu berücksichtigen sind zudem Aufwendungen für den Transport. Nicht zu vergessen ist der nicht erbrachte Sicherheitsnachweis für die langfristig sichere Rückhaltung, CO2 ist ein giftiges Gas. Norwegen hat auch aus diesem Grund Versuche zur Einlagerung in der Nordsee abgebrochen. Die immer wieder vorgebrachte Behauptung, radioaktive Abfälle könnten nicht sicher in tiefen geologischen Formationen endgelagert werden, wird durch die CO2-Einlagerung konterkariert: CO2 ist als Gas viel leichter flüchtig als die überwiegend festen radioaktiven Abfälle. Insofern ist es mehr als gerechtfertigt, die Vorbehalte gegen die Kernenergie als (nahezu) CO2-freie Energieerzeugung aufzugeben und somit einen wirklichen und bezahlbaren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
  • Fenster zur Wissenschaft

    15.07.2008, Johannes Kribbel, München
    Liebes Spektrum-Team,

    nach zwei oder drei Ausgaben, die ich vor langer Zeit mal in einem Bahnhofskiosk erstanden habe, beschloss ich spontan, diese Zeitschrift zu abonnieren. Damals war ich ungefähr 17 Jahre alt und kratzte dafür mein eher spärliches Taschengeld zusammen.

    Heute bin ich Mitte vierzig und dazwischen war ein abgeschlossenes Studium der Astronomie und die anschließende Erkenntnis, nicht wirklich davon leben zu können. Als Konsequenz bin ich so wie viele meiner Kollegen in die EDV "abgerutscht".

    Eure Zeitschrift aber ist für mich persönlich nach wie vor ein Fenster zur Wissenschaft und eine Verbindung zu den Idealen und Interessen meiner Jugend und dafür bin ich Euch jeden Monat dankbar...

    Viele Grüße
    Johannes Kribbel
  • Sonnenvitamin und Demenz?

    14.07.2008, Thomas Staudt, Aschaffenburg
    Gibt es durch Vitamin D nicht auch schädigende Nebenwirkungen? Wie ordnen sich Ergebnisse von Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Demenz nachweisen, ein?
    Stellungnahme der Redaktion

    Bei starker Überdosierung kann Vitamin D tatsächlich schädliche Wirkungen haben. Wird es über längere Zeit in deutlich zu hohen Mengen eingenommen, lagert sich unter anderem Kalzium in Weichgewebe ein, darunter auch in Blutgefäße. Diese werden dadurch inelastisch, spröde und brüchig und verengen sich. So kann es im Gehirn zu Verletzungen kommen, die im Extremfall auch zu geistigen Beeinträchtigungen führen. In einer Untersuchung haben US-Forscher in Gehirnen von Menschen, die sich sehr viel Vitamin D zuführten, überdurchschnittlich viele solche Verletzungen gefunden.

  • Anstieg der Lebenserwartung

    14.07.2008, Jörg Michael, Hannover
    Um das Jahr 1800 herum betrug die Lebenserwartung in Deutschland ungefähr 31-32 Jahre. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war sie dann auf ca. 40 Jahre angestiegen.


    Es ist daher zwar korrekt, aber trotzdem irreführend, von einer "Verdreifachung der Lebenserwartung innerhalb von 50 Generationen" zu sprechen, denn der eigentliche Anstieg der Lebenserwartung fand erst innerhalb der letzten hundert Jahre statt, was drei Generationen entspricht.
  • Kommentar zum Leserbrief von Reiner Vogels, 9.7.

    12.07.2008, Herbert Huber, Wasserburg am Inn
    Herr Vogels meinte am 2. Juli 2008: "Es ist wissenschaftlich und rational überhaupt nicht begründbar, dass das 'friedliche Zusammenleben der Menschen' ein Wert ist. Warum sollte das ein Wert sein?"
    Die Feststellung unterstützte ich. Werte lassen sich nicht (natur)wissenschaftlich begründen. Ich antwortete auf die (wohl rhetorisch gemeinte) Frage am 5. Juli: Es ist kein Wert, außer wir erklären ihn dazu. Ich ergänze: Werte per se gibt es nicht; mir wurde noch keiner gezeigt und voraussetzungslos begründet. Es kommt bei den Versuchen dazu meist zum Sein-Sollen-Fehlschluss oder dogmatischer Setzung.

    Herr Vogels meinte nun, dass dieses Verfahren (gemeinsame Diskussion, Einigung und Erklärung) keine adäquate Vorgehensweise zur Begründung von Normen und Werten sei. Dem widerspreche ich. Warum dies zudem ein "offensichtlicher Irrtum" sein sollte, entgeht mir.
    Herr Vogels versucht die Grundlegung per Übereinkunft mit einer dreifachen Reihung zu desavouieren: "Es ist Voluntarismus bzw. Dezisionismus, mit einem deutschen Wort: Es ist reine Willkür." Wenn man diese drei Begriffe wertneutral liest, stimme ich dem völlig zu.

    Fast das gesamte soziale und politische Leben beruht darauf, dass sich Menschen verbal, vernünftig und argumentativ auseinandersetzen und dann (hoffentlich) zur Übereinkunft kommen und z.B. einen privaten Vertrag abschliessen oder gemeinsam ausdiskutieren (wenn auch oft über repräsentative Institutionen) Gesetze erlassen oder Staatsverträge abschliessen. Wenn ich mich mit jemand über den Wert seines zum Verkauf stehenden Hauses einige und den Verkauf perfekt mache, so kann man seinen Preis und meine Zustimmung dazu als "reine Willkür" betrachten. Es ist aber soweit ich sehe der einzig vernünftige Weg. Jemand aus Kairo oder Teheran, der uns den Preis vorschreibt ist dabei völlig fehl am Platz.
    Einen Irrtum erkenne ich bei diesem Vorgehen nicht, zumal es in vielen Gemeinschaften (Familie, Verein, Verbände, Staaten, usw.) funktioniert. Alle so verwalteten demokratischen Staaten haben Werte vereinbart. In Deutschland haben wir das Grundgesetz mit zahlreichen Werten und entsprechende ergänzende Länderverfassungen, Vereinbarungen über Werte auf kommunaler Ebene usw. Ich wiederhole: es funktioniert. Das heißt nicht, dass es nicht verbesserungsfähig sei.

    Als zweites Argument erkenne ich: "Die menschliche Geschichte kennt eine Fülle von Beispielen, in denen Mehrheiten Dinge als gut befunden haben, die nach
    unserem heutigen Urteil nur als abscheulich bezeichnet werden können." Richtig. Und was ist daran jetzt falsch?
    Um zuerst ein eher harmloses Beispiel zu bringen: Beethoven schrieb "Wellingtons Sieg", ich finde jeden Krieg abscheulich. Soll ich deshalb a posteriori Beethovens zeitbedingte mehrheitliche (?) Wertehaltung verurteilen? Oder gar verabsolutieren?
    Früher war es ein schützenswerter Wert unverheiratete Paare nicht unbeaufsichtigt in ein Zimmer mit Sofa zu lassen. Wer es zuließ, machte sich strafbar. Vor etwa vierzig Jahren sah man das nicht mehr als so wichtig an. Es ist kein schützenswerter Wert mehr und wurde straffrei gesetzt.
    Heute sehen immer noch manche Homosexualität oder Geschlechtsverkehr mit Kondomen als Untugend an (und zwingen diese ihre Wertvorstellung Milliarden Menschen auf), morgen wird man diese Einstufung nahe dem Ende der Werteskala hoffentlich als abscheulich bezeichnen.
    Es wird immer so sein, dass Werte der einen Generation in einer späteren nicht mehr oder nicht mehr so stark gelten. Das ist die Folge eines fruchtbaren Diskurses und meins Erachtens völlig in Ordnung.

    Als Drittes führt Herr Vogels an, dass es viele Gemeinschaften gibt, wo es nicht so gemacht wird und dort funktioniert es mit den Werten auch nicht.
    Dass es Gemeinschaften gibt, die die vorgeschlagene Grundlegung missachten, spricht nicht gegen das Verfahren. Im Gegenteil. Wenn Herr Vogels zu Recht darauf hinweist, dass Gemeinschaften, deren Werte von wenigen diktiert werden oder in denen „gut organisierte Minderheiten“ der „Mehrheit erbarmungslos ihren Willen“ aufzwingen, Werte hochhalten, die wir nicht als solche ansehen, dann verstärkt das gerade meine Forderung: die Leute sollten sich besser gemeinsam auf Werte einigen.
    Dieses dritte Argument appelliert eher an die Mitglieder von Gemeinschaften, die sich von einem antiken Buch, einem Oberhaupt oder mehreren die Werte vorschreiben lassen (müssen), solange es geht dort schleunigst auszutreten und die Werte im freien Diskurs gemeinschaftlich zu ergründen und proklamieren. Man muss ja dazu nicht im leeren Raum beginnen.

    Als Viertes führt Herr Vogels an, dass "Potentaten dieser Systeme" jeglicher Argumentation abhold sind und meine Vorgehensweise mit "Spott und Hohn" beantworten würden. Fürwahr. Manche Potentaten weichen von ihrer Werteordung um kein Jota ab, egal wie viel Kriegs-, AIDS- und andere Tote es gibt. Ich behaupte, diese Potentaten lassen sich aber auch nicht anders umstimmen.


    Wenn wir Menschen – wie ich vorschlage – beispielsweise Menschenwürde als hohen Wert erklären (und da wir uns einig sind, jeder motiviert ist, dies zu beherzigen) und an den Anfang unserer Werteordnung schreiben, dann ist das kaum zu verbessern. Selbst wenn jemand mit einem anderen Verfahren oder Begründungsketten nachweisen würde, Menschenwürde sei schon ein Wert vor hundertausend Jahren und unabhängig unserer Übereinkunft gewesen, würde das kaum etwas ändern. Nachdem dies noch keinem gelang, bin ich da skeptisch.


    Vielleicht kam ein Missverständnis dadurch zustande, dass ich in der ersten Replik nicht gleich ein detailliertes Verfahren für eine Wertediskussion angab. Von einem "Willkürurteil der Mehrheit" halte ich nichts. Ich empfehle als Lektüre mal etwas zur Diskursethik von Jürgen Habermas oder John Rawls: A Theory of Justice, deutsch: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, aber als Diskussionsausgang hervorragend geeignet.

    Eine Anmerkung zur "Bringschuld des atheistischen Humanismus"
    Ich meine die Begründung unserer Werte und Normen ist unser aller Sache, nicht nur der Atheisten oder der Humanisten. Herr Vogels lehnt das Diktat weniger und die Willkür der Mehrheit ab. Volle Zustimmung.
    Noch inakzeptabler ist die Berufung auf Dogmen (ich bevorzuge dieses neutralere Wort gegenüber "Diktat") von (vermeintlich) transzendenten Mächten. Auch der naturalistische Sein-Sollen-Fehlschluss ist inakzeptabel. Wie ich schon ausführte, ist es für mich nicht einsehbar, warum z.B. das Artensterben, nur weil es natürlich ist, ein erstrebenswerter Wert sein soll.

    Ein Letztes:
    Wir Diskutanten hier machen auf der Metaebene genau das, was ich für die Begründung direkt vorschlage. Wir diskutieren und versuchen das Beste zu finden bezüglich Vorgehensweise zur Begründung von Normen/Werten.
    Was bleibt? Ganz klar: man lese mein Vorheriges und dieses Posting. Die Bringschuld habe ich (wobei ich nicht die Urheberschaft beanspruche; das taten Weisere vor mir) als atheistischer Humanist für alle (!) erbracht.
  • Anpassung an veränderliche Umweltbedingungen

    11.07.2008, Dr. Franz Peter Schmitz, Lüneburg
    Gibt es nicht eine recht einfache Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Todes: Damit sich Leben an veränderliche Umweltbedingungen anpassen kann, muss neues Leben entstehen, wobei das neue Leben ungefähr gleich wie das alte ist, aber nicht ganz exakt. Und: es müssen ständig neue Lebewesen entstehen. Um aber zu verhindern, dass die vorhandenen Ressourcen völlig aufgebraucht werden, muss das alte Leben verschwinden. Kurz gesagt: Evolution benötigt Geburt und Tod.


    Zum Vergleich mit Automobilen: weichen nicht die meisten alten Autos den neuen, „besseren“, interessanteren Modellen, noch ehe sie eigentlich zum Schrottplatz müssten? Auf Kuba, wo es keine Nachproduktion gibt, „überleben“ Vehikel wesentlich länger als bei uns.


  • Strafen nach Prinzipien der Wiedergutmachung

    11.07.2008, Dr. Franz Peter Schmitz, Lüneburg
    Es ist faszinierend, welch logische und praktische Ergebnisse eine Kombination von Geistes- und Naturwissenschaften doch hervorbringt! Ich kann Herrn Kanitscheider nur zustimmen, dass diese Kombination nicht genügend oft praktiziert wird. Zwar mag es zutreffen, dass Naturwissenschaftler sich eher mit Philosophie beschäftigen als dass Geisteswissenschaftler sich naturwissenschaftliche Kenntnisse aneignen, doch geschieht dies nicht häufig aus dem Antrieb, „gelehrt“ zu erscheinen (man hat auch Plato, Kant und Hegel gelesen!)? Sich über Philosophisches wirklich ernsthaft Gedanken zu machen, bleibt dann doch oft in den Anfängen stecken.

    Elektrisiert haben mich die Schlussabsätze des Gesprächs. Ich kann Herrn Kanitscheider nur zustimmen: Moralische und theologische Vorwürfe sind gegenüber Straftätern nicht zielführend, zu sehr sind Menschen von ihrem inneren Zustand (z.B. genetische Veranlagung und hormonelle Beeinflussung) abhängig; Strafen sollten daher weniger vom Schuld-und-Sühne-Prinzip getragen werden sondern vielmehr von den Prinzipien der Wiedergutmachung und des Schutzes der Gesellschaft vor Straftätern. Ich bin als Naturwissenschaftler, der sich mit geisteswissenschaftlichen Themen beschäftigt, zu eben dieser gleichen Schlussfolgerung gelangt.
  • Kanitscheider zwischen Positivismus und Realismus

    10.07.2008, Norbert Hinterberger, Hamburg
    Bernulf Kanitscheider hat sich in diesem Interview unter anderem implizit für eine Negation der Willensfreiheit ausgesprochen, obwohl er explizit nur von einem "Scheinproblem" spricht. Ich komme gleich darauf, welche seiner Behauptungen die Negation impliziert. Auf die Frage von Michael Springer, ob damit nicht die "Zurechenbarkeit von Handlungen" dispensiert wird und damit auch die Gerichte abgeschafft werden könnten, antwortete Kanitscheider, ähnlich übrigens wie Gerhard Vollmer: "An der rechtlichen Praxis muss sich gar nichts ändern, nur an der moralischen Verurteilung. Wer in einer ungünstigen sozialen Umgebung aufgewachsen ist und vielleicht auch noch ungünstige Verhaltensgene mitbekommen hat, wurde von der Natur und von seinem Umfeld benachteiligt." (S. 79)
    Nun ist es sicherlich so, dass der Einfluss eines sozial abträglichen Milieus zu Recht in die Beurteilung einer Straftat einfließt. Allerdings ist Einfluss keine Determination. Deshalb wird diese Regelung eben nicht unter komplettem Ausschluss von Eigenverantwortung appliziert.

    Kanitscheider hat hier überdies aber auch noch von einer Determination durch "Verhaltensgene" gesprochen (das negiert die Willensfreiheit implizit). Bei aller Hochschätzung seiner sonstigen Arbeiten, scheint mir der Titel "Verhaltensgene" doch nachhaltig seltsam. Möchte Kanitscheider hier einem neuen Lamarckismus für Gene das Wort reden? Denn von hier aus würde ja Verhalten nicht nur ausgelöst, sondern auch vererbt. In einem modernen Neo-Darwinismus (der übrigens skizzenhaft auch schon bei Darwin selbst formuliert ist, Stichwort: "Darwin war kein Darwinist") kann man, um die nicht-passive Rolle der Organismen zu berücksichtigen, sicherlich von einem sinnvoll integrierten Scheinlamarckismus reden, wie Erwin Schrödinger und auch Karl Popper das getan haben, indem sie auf die gerichtete Verwendung von Organen (wie Armen oder Beinen etwa) bei Organismen verwiesen haben, die zu einer enzymatischen Begünstigung bestimmter Genanschaltungen und/oder Mutationen oder aber zu deren Inhibierung führen (solche Verwendungsroutinen können schon innerhalb von bloßen Populationen sehr unterschiedlich ausgerichtet sein, teilweise auch unter gleichem Selektionsdruck von der Umwelt her). In der modernen Biologie wird das unter dem Begriff der Teleonomie geführt, nicht zu verwechseln mit Teleologie).
    Bei komplexen Organismen sorgt überdies das Gehirn mit einer stark hierarchisch übergeordneten Umweltwechselwirkung für diese Zielführung der Organe, welche wiederum die Zellaktivitäten anregen. Gene allein sind dagegen, ohne enzymatisches Management, was wiederum auf Umweltwechselwirkung der Zellrezeptoren zurückgeht (für eine Verbandszelle sind überdies die Nachbarzellen schon Umwelt), einfach nur eine ‚tote’ Bibliothek, die von sich aus gar nichts tut. DNA kann kein situativ umweltrelevantes Verhalten steuern. Gene steuern ohne Umweltwechselwirkung des Organismus nur die Entwicklung und das Wachstum des Körpers (mehr oder weniger direkt – über stark standardisierte Enzymatik). Alles weitere Verhalten wird über die Umweltwechselwirkung des Organismus gesteuert und zwar über extrem indirekt mobilisierte Polymerasen. Der Organismus ruft, vermittelt über die Enzymatik der Zellen, Genbefehle ab, die situativ relevant für den Gesamtorganismus sind (Phän-Gen-Dialog). Gene wissen nichts über ontogenetische Situationen. Ohne die Starthilfe der Polymerasen, die wiederum von komplexen enzymatischen Signalketten von den Zell-Rezeptoren her instruiert werden, passiert gar nichts. Etwas zu tun ist aber auch nicht ihr Job, sie halten nur die rein phylogenetisch erworbene Information bereit, die erst bedarfsspezifisch abgerufen werden muss. Gene werden also letztlich durch übergeordnetes Verhalten des Gesamtorganismus ‚angeschaltet’ oder ‚ausgeschaltet’, nicht umgekehrt.

    Zu Kanitscheiders Einschätzungen gelangt man offenbar, wenn man den kausalen Determinismus der Makro-Physik ohne Berücksichtigung insbesondere der biologischen Selbstorganisation in Anschlag bringt. Man muss nicht und kann auch gar nicht auf den ‚indeterministischen Determinismus’ der Quantenmechanik rekurrieren, denn der spielt für das Problem der Willensfreiheit in der Tat keine Rolle – aus Gründen, die Kanitscheider ja auch selbst nennt. Willensfreiheit benötigt ‚grob-kausale’ Bedingungen. Biologische Selbstorganisation besitzt allerdings, gegenüber rein physikalischen Systemen (Konvektionsrollen etwa), noch eine emergente und unübersehbar selbstgerichtete Komponente (genau genommen schon bei Einzellern), bei der man von Eigenkausalität reden muss, wenn man nicht quasi-religiös von Kausalität als von einem unabänderlichen Schicksal (in diesem Fall seit dem Urknall) sprechen will. Schon Einzeller können aber das tun, was eben für den Menschen beschrieben wurde. Sicherlich weniger luxuriös und auf simplere Aktionen beschränkt, aber sie können situativ gerichtet nach Lactose im Umgebungsmedium suchen wenn ein entsprechender Mangel im Zellplasma, wiederum durch Enzyme, signalisiert wird. Sie können die Lactose über Zellmembran-Rezeptoren erkennen, aufnehmen und zur Energiegewinnung in Einfachzucker spalten. Schon das ist biologische Selbstorganisation, die nicht gerade ohne Weiteres aus dem Urknall folgt …, also einen gewissen Freiheitsgrad selbstgerichteter Aktionen erfordert. Wenn keine Lactose im Außenmedium gefunden wird, können Einfachzucker aber auch intrazellular hergestellt werden. Auch die dafür nötigen Gen-Befehle müssen aber von den Orten des Mangels über Signalketten abgerufen werden. Am Ende diese Ketten aus Faktoren und Proteinen stehen dann die Polymerasen. Die Gene können davon nichts wissen und auch nichts in dieser Richtung unternehmen, denn sie sind phylogenetische Informationen ohne eigene Bewegungsfähigkeit. Alle Organismen sind offenbar auf Eigenentscheidungen bzw. Eigenkausalität angewiesen, wie kybernetisch die auch immer strukturiert sein mag.

    Eigenverantwortlichkeit eines biologischen Systems sollte aber prinzipiell spätestens mit den neueren Ergebnissen aus der Hirnforschung keine so große Überraschung mehr sein. Wir wissen inzwischen, dass es, entgegen älterer Auffassung, auch ontogenetisch Gehirnwachstum aufgrund von Umweltwechselwirkung (Lernen) gibt. Die Gene, die für das Neuronenwachstum benötigt werden, liegen zwar in den Nervenzellen bereit, aber sie müssen bedarfsspezifisch, situativ bzw. temporär passend eben, über enzymatische Komplexe abgerufen werden.

    Obwohl sein großer Lehrer Mario Bunge Moral als Evolutionsprodukt postuliert und Kanitscheider diese Auffassung auch explizit übernimmt (eine Behauptung, die im übrigen durch neueste Untersuchungen von J. Kiley Hamlin (SPEKTRUM 2/08, S. 19, ein Artikel von Malte Jessl) und auch durch viele andere Quellen stark gestützt erscheint) gräbt er hier, ungeachtet des Ockhamschen Rasiermessers sozusagen, die überflüssigen Zöpfe des Utilitarismus/Hedonismus neu aus – was mit moralischer Differenz zunächst gar nichts zu tun hat. Die addiert er denn auch einfach: " … selbstverständlich ohne den Mitmenschen zu schaden, ohne andere unglücklich zu machen." Ohne diese lose addierte Klausel ist das aber einfach nur ein Pragmatismus des persönlichen Glücks. Letzteres mag zwar unsere Haupt- und Lieblingsbeschäftigung sein, aber wir haben eben auch andere Interessen (erkenntnistheoretische, ästhetische und ethische), die fast immer mit einer gewissen Unlust bzw. mit einem gewissen Verzicht (= Unglück) erkauft werden müssen. Nun kann uns natürlich auch die Verstärkung der psychischen Integrität, die wir daraus beziehen, glücklich machen, und das ist wohl in der Regel auch so. Aber ich denke, hedonistische Befriedigung könnten wir auch einfacher haben, so dass man diese beiden Formen der Glücksmaximierung durchaus sinnvoll unterscheiden kann.


    Mit dieser utilitaristisch/hedonistischen Wendung werden wir im Übrigen an Kanitscheiders Vergangenheit als Positivist/Pragmatist erinnert. Er ist noch nicht so lange Realist, was wohl immer wieder zu Vermischungen dieser logisch unverträglichen Positionen führt. Wie die Untersuchungen von Hamlin* zeigen, benötigen wir in dieser Frage aber keine Pragmatik. In Erkenntnisfragen ist der Pragmatismus ohnedies dubios – er führt in den Wahrheitsrelativismus, den übrigens auch sein erster großer Lehrer, Stegmüller vertreten hat. Aber da wir ihn gar nicht benötigen, nehmen wir doch einfach mal die These ernst, dass Moral-Empfindungen sich beim Menschen wie auch bei anderen Primaten evolutionär entwickelt haben, dass also unser ästhetisches Niveau und mit ihm, vielleicht als Teilmenge, unser ethisches Niveau ein Produkt der Evolution ist, wie alles andere, was wir anzubieten haben. Natürlich kann man hier nur von einer Disposition reden. Moralisches Verhalten ist uns genauso wenig angeboren wie unmoralisches, schon gar nicht als ‚genetische Determination’. Angeboren ist das Niveau, uns für oder gegen eine normativ relevante Handlung zu entscheiden. Das setzt aber voraus, das wir generell über Handlungsfreiheit im Sinne von Willensfreiheit verfügen. Man weiß deshalb auch nicht, inwiefern es bei Kanitscheider Handlungsfreiheit geben soll, wenn es keine Willensfreiheit gibt. Das "Problem der Willensfreiheit ist" ja für Kanitscheider (ein weiteres Mal ganz in positivistischer Tradition) ein "Scheinproblem". Es wäre schön, wenn er uns erklärt hätte, inwiefern dann Handlungsfreiheit, von deren Existenz er ja selbst spricht, kein Scheinproblem sein sollte. Aus meiner Sicht sind diese beiden Begriffe logisch äquivalent. Eine Handlung führt man als geistig halbwegs gesunder Mensch nicht ohne Intention bzw. ohne den Willen dazu aus.


    Drei Sätze vielleicht noch, um diesen Leserbrief nicht noch stärker zu überladen: Kanitscheider negiert die Willensfreiheit, woraus folgt, dass wir niemanden, auch nicht Hitler oder Pol Pot, nach moralischen Kriterien beurteilen können. Andererseits sieht er offenbar keine Schwierigkeiten darin in ethisch korrigierender Absicht (S. 78) "die empirisch gefundene Vorstrukturierung der menschlichen Natur einer rationalen Diskussion" auszusetzen. Wenn aber Verhalten prinzipiell (sozusagen schon vom Urknall her) determiniert ist, dann gilt das auch für unser Erkenntnisverhalten, und Erkenntnis wäre eine Illusion – somit könnten wir gar keine rationale Diskussion über was auch immer führen, insbesondere keine die irgendwelche Änderungen unserer "Vorstrukturierung" herbeiführen könnte, wir könnten uns allenfalls einbilden, das getan zu haben.


    *Die Psychologin J. Kiley Hamlin von der Yale-Universität in New Haven (Connecticut) kann auf Untersuchungen zurückblicken, die zu zeigen scheinen, dass bereits zehnmonatige (manchmal sogar schon sechsmonatige) Säuglinge nachhaltiges Interesse an moralischer Differenz zeigen (beschrieben in Nature, Bd. 450, S. 557). Sie handeln nicht alle moralisch, aber offenbar in großer Überzahl.
  • Bringschuld weiter offen - Zum Leserbrief von H. Huber

    09.07.2008, Reiner Vogels, Swisttal
    Zum Leserbrief von Herbert Huber vom 5.7. 08


    Herr Huber meint, dass ein ethischer Wert dadurch ausreichend begründet sei, dass "wir" ihn zu einem solchen erklären. Er meint weiter, mit dieser These habe er die Bringschuld des atheistischen Humanismus hinsichtlich einer rationalen Grundlegung der Ethik erbracht. Dies ist jedoch ein offensichtlicher Irrtum. Was Huber vorschlägt, ist reiner Voluntarismus bzw. Dezisionismus, mit einem deutschen Wort: Es ist reine Willkür. Auf eine solche Willkürethik lässt sich keine menschenwürdige Gesellschaft bauen.


    Es ist ja ganz offenkundig, dass das, was Menschen - möglicherweise mehrheitlich - für gut erklären, noch lange nicht gut sein muss. Die menschliche Geschichte kennt eine Fülle von Beispielen, in denen Mehrheiten Dinge als gut befunden haben, die nach unserem heutigen Urteil nur als abscheulich bezeichnet werden können.


    Es reicht aber selbst dann nicht, sich auf die Willkürmeinung der Mehrheit zu berufen, wenn sich diese Mehrheit zu nach unserer heutigen Meinung guten Werten bekennt. Im Zweifelsfall ist menschliche Geschichte immer wieder von schlagkräftigen, skrupellosen, aber gut organisierten Minderheiten gemacht worden, die dann der friedliebenden Mehrheit erbarmungslos ihren Willen aufgezwungen haben. Und das ist auch heute so. Man schaue sich nur um in der heutigen Welt: Die Staaten, in denen Demokratie, Recht und Menschenrechte herrschen, sind leider in der Minderheit, und die "Staatsordnung" von Diktatur, Unterdrückung, Kleptokratie und Unterdrückung der Schwachen bestimmt weithin das Bild. Wenn ein humanistischer Atheist einem der Potentaten dieser Systeme mit seiner kraftlosen humanistisch-atheistischen Ethik: "Demokratie und Menschenrechte sind zwar kein absoluter und objektiver Wert, aber wir - wer immer das ist - haben sie dazu erklärt und deshalb fordern wir dich auf, einzulenken", entgegentreten würde, würde er nur Spott und Hohn ernten.


    Nein, solange der humanistische Atheismus keine über bloßen Voluntarismus und Dezisionismus - im Klartext: Willkür - hinausgehende Begründung für eine menschenwürdige Ethik vorzulegen vermag, hat er seine Bringschuld noch nicht beglichen. Die Schuld ist weiter offen.


    Solange der Atheismus nicht mehr zu bieten hat als ethische Willkür, wird es ihm im Übrigen auch trotz seiner gegenwärtig zu beobachtenden und auch vom Spektrum der Wissenschaft geförderten weltweiten publizistischen Offensive nicht gelingen, mehrheitsfähig zu sein. Angst brauchen wir in den christlichen Kirchen vor diesem schwachen Gegner wahrlich nicht zu haben. Haben wir auch nicht.

  • Wird "Spektrum" zum Kampfblatt der Antikreationisten?

    07.07.2008, eike.blum@gmx.net
    Die Rezension des Buches von Paul Davies lässt klar die Abneigung des Rezensenten gegen den Autor erkennen, wogegen auch nichts einzuwenden ist. Der letzte Satz der Rezension aber tritt auch Leuten auf die Füße, die sich als zu klein einschätzen, als dass sie dem Herrgott die Schöpfungstage vor- oder nachrechnen könnten. Dieser Satz baut Mauern und Dämme statt Wege und Brücken. Er passt nicht zu dieser Zeitschrift und könnte, wenn man die Eigenschaft des Rezensenten als Chefredakteur in Betracht zieht, zu dem Schluss verleiten, die Zeitschrift entwickle sich zu einem Kampfblatt der Anti-Kreationisten.
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