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Kommentare - - Seite 102

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Der Dualismus lässt grüßen

    20.12.2021, Hajo Dasting-Hussner
    Fast hätte ich mir das Buch von Ralf Otte gekauft. Der zweite Teil der Rezension von Michael Hedenus hat mich dann aber doch davon abgehalten. Es gibt drei Abschnitte, die mich stutzig gemacht haben.
    Zum ersten favorisiert Otte neuromorphe Chips für (Maschinen-)Bewusstsein, weil es sich hier um Hardware handele, in denen echte physikalische Größen verarbeitet würden. Aber diese können Gehirnzellen doch auch nur simulieren, denn es sind ja keine solchen. Ich will nicht abstreiten, dass neuromorphe Chips das möglicherweise besser können, aber das dies auf Softwarebasis nun gar nicht möglich sein soll, halte ich für vollkommen unbegründet und offensichtlich begründet Otte dies ja auch nicht.
    Zum zweiten geht es um die Verortung des Geistes. Wenn Otte die Einstellung vertritt, dass es einerseits keine dualistische Scheidung von Geist und Materie gäbe, andererseits Geist aber auch nicht aus der Materie entspränge, so ist das ein klarer Widerspruch. Entweder ist Geist ein materielles Phänomen oder er ist es nicht, dann ist es aber eben doch ein dualistischer Ansatz, auch wenn der nur »einen Millimeter« neben dem Materialismus liegt.
    Als »Ausweg« aus dem Dilemma muss dann drittens mal wieder die Quantenphysik herhalten - wie schon bei Roger Penrose in »Computerdenken«. Abgesehen davon dass ein Begriff wie »vor-physisch« (was soll das sein?) völlig in der Luft hängt und absolut nichts erklärt, sind die Aussagen der Quantenphysik immer noch physikalischer Natur - auch wenn sie Wahrscheinlichkeitsaussagen sind. Was auch immer die Quantenphysik letztlich für uns bedeuten mag, Zuschreibungen wie »vor-physisch« sind hier völlig fehl am Platze.
  • Ganze Wahrheit

    19.12.2021, Rudolf Scheutz
    Ich war Uni-IT-Mitarbeiter. Ca 20 Jahre lang wurden meine Daten immer wieder modifiziert, geloescht, gelesen, Zugang zu Programmen blockiert.
    Wenn ich mich beschwerte, hiess es: "da kann man nichts machen". Am Ende wurde ich gekuendigt.
  • Triviale Lösung, oder nicht!?

    19.12.2021, Ulrich Gesien
    Vorweg, ich bin kein Mathematiker, und mir fehlt daher möglicherweise das Verständnis für die von Mathematikern hier offenbar gesehene Problematik!

    Nach dem lesen des Artikels habe ich aber irgendwie den Eindruck, dass hier möglicherweise erst ein Problem "geschaffen" wurde, um dann quasi unendlich lange, nach einer Lösung zu suchen (suchen zu können).
    Die Eingangsfrage, wie groß die Differenz der Anzahl der reellen zu den natürlichen Zahlen ist, wenn man in beiden Fällen tatsächlich von einer unendlichen Anzahl/Menge von Zahlen ausgeht, ist, meiner Meinung nach, relativ einfach zu beantworten:
    Die Differenz beträgt: "Unendlich hoch Unendlich" (Leider kann ich hier die Symbole dafür nicht darstellen).
    Die Begründung ist auch relativ einfach, in einer unendlichen Zahlenreihe von natürlichen Zahlen, gibt es zwischen jeder dieser natürlichen Zahlen eine unendliche Anzahl von reellen Zahlen, in Form der dazwischenliegenden Dezimalzahlen.
    Damit ist die Eingangsfrage doch eigentlich beantwortete!?
    Der Wunsch, den die Mathematiker hier möglicherweise wirklich verfolgen, diese Differenz einer Vorstellungskraft zu unterwerfen, scheitert dabei aber an der Unendlichkeit der Zahlenräume. (Unendlich = Unendlich +1)
    Auch wenn man zu Zeiten von Euklid wohl bereits bei 5stelligen Zahlen (Myriade) an die Grenze der Vorstellungskraft gekommen sein soll, weiß man doch heute, dass es für unendliche Zahlen eben tatsächlich keine Grenze gibt.
    Höchstens eine die dadurch entsteht, dass unsere Rechenleistung für die Darstellung nicht ausreicht, bzw. man noch keine Namen hierfür definiert hat, und/oder es an der Vorstellungskraft hierfür mangelt.

    Der auf S.15 dargestellte Vergleich der natürlichen Zahlen, mit den ungeraden Zahlen, geht dann meiner Meinung nach auch von einer falschen Annahme aus: Die Unendlichkeit ist war mathematisch definiert, sie unterscheidet sich aber je nach Ausgangslage. Damit ist die Menge der unendlichen natürlichen Zahlen eben tatsächlich doppelt so hoch, wie die Menge der unendlichen ungeraden Zahlen, weil per Definition jede ungerade Zahl von einer geraden Zahl "begleitet" wird, sodaß tatsächlich die Summe der unendlichen geraden Zahlen und die der unendlichen ungeraden Zahlen der Menge der unendlichen natürlichen Zahlen entspricht. Und dies lässt sich eben auch anhand von Berechnungen mit beliebigen endlichen Zahlenreihen schlüssig beweisen.
    Das im Artikel dargestellte Forcing (S.17) ist hier, meiner Meinung nach, auch mit einem Denkfehler durchzogen.
    Die Problematik liegt auch hier in der Unendlichkeit.
    Damit kann man zwar auf der Achse einen beliebigen Punkt als Ausgangspunkt definieren, solange dieser nicht vom Ende der Achse abhängig sein soll, der bei einer unendlichen Achse nicht erfassbar wäre, aber bei der Teilung der Abschnitte, wie beschrieben, stößt man auf das Problem der unendlich großen Menge an reellen Zahlen.
    Führt man die Teilung wie in der Grafik beschrieben, daher unendlich oft aus, kommt man tatsächlich niemals zu einem Ende dieser Berechnung in Form einer reellen Zahl.
    Dies würde eben nur funktionieren, wenn man sich hier mit einer endlichen Menge an reellen Zahlen (bzw. Nachkommastellen) befassen würde, die Unendlichkeit verhindert dies aber eben in der konkreten Aufgabenstellung. Indem man hier im dargestellten "Forcing" (S.17) tatsächlich eine endliche Menge voraussetzt, verändert man aber die Aufgabenstellung, und kann so nicht zu einem Ergebnis der Eingangsfrage gelangen.
    Auch kann man dadurch (Bei unendlichen reellen Zahlen!) keine neue Zahl "erschaffen", da diese ja bereits vorher in der Menge der unendlichen reellen Zahlen auf dem betrachteten Abschnitt der Achse vorhanden war.
    Dies wäre wohl nur möglich, wenn man die Menge der reellen Zahlen (bzw. der Nachkommastellen) vorher endlich beschränkt, um dann in einem letzten, der dann endlichen, Rechenschritte (bzw. Abschnitte) diese vorher geschaffene Grenze um einen Schritt überschreitet, um so eine zuvor in der endlich beschränkten Menge der reellen Zahlen nicht vorhandene Zahl als Ergebnis zu bekommen.
    Unabhängig davon, dass zumindest nach meinem Verständnis der Problematik, nach dem lesen des Artikels, und ohne mich sonst mit der Thematik beschäftigt zu haben, die Lösung relativ einfach scheint, wenn sie auch möglicherweise jenseits der plastischen Vorstellungskraft liegt, frage ich mich bei solchen "mathematischen Problemen" (im Gegensatz zu anderen "Problemen" wie z.B. der Suche nach neuen Dezimalzahlen oder Stellen von Pi) auch oft, welcher praktische Nutzen in einer Antwort auf diese Frage bestehen kann, dass sich, wie hier, die Wissenschaftler seit 150 Jahren offenbar vielfach und intensiv damit beschäftigen, und ihre Arbeits- und Lebenszeit hierauf verwenden?
    Was könnte man mit einer (tatsächlich für uns berechenbaren) Antwort auf diese Frage wirklich praktisch anfangen?
  • Intelligent Design für Ökologisten?

    19.12.2021, B. Kazum
    "Vielmehr basieren Artenreichtum und die Grundlage allen irdischen
    Lebens auf Symbiose, gemeinsamer Anstrengung und Kooperation: »Evolution ergibt sich aus gemeinschaftlichen Antworten auf sich wandelnde Lebensbedingungen.«

    Jetzt wird hier sogar schon die Evolutionstheorie verballhornt im Kampf gegen den Neoliberalismus.

    Wenn bestimmte Ressourcen nicht verbraucht werden sollen, kann man deren Verbrauch im gewünschten Umfang durch Gesetze reduzieren. Wenn dann trotzdem noch BIP-Wachstum resultiert, sollte das eigentlich niemanden stören - wenn es tatsächlich um den Verbrauch von Ressourcen geht. BIP-Wachstum resultiert aus dem Streben der Menschen nach mehr Einkommen. Bessere Bildung führt zu höherer Arbeitsproduktivität und damit zu mehr BIP. Wollen wir die Bildung verbieten oder wissenschaftlichen Fortschritt...?

    Aber wahrscheinlich geht es ja gar nicht um den Verbrauch von Ressourcen sondern um den Systemwechsel.
  • Toller Artikel!

    19.12.2021, Bernhard
    Auch von mir vielen Dank für diesen tollen Bericht. Von diesen Unendlichkeiten in der QFT habe ich schon oft gelesen und dass man diese mit der sogenannten Renormierung beikommen konnte. Aber was das anschaulich bedeutet, impliziert, das habe ich noch nirgends gelesen - hier das erste Mal. Und die anschauliche Darstellung, was weitere offene Probleme der QFT sind, finde ich auch super toll. Man liest ja oft nur, dass die Quantenwelt durch das Standardmodell zu einem tollen Grad beschrieben ist und "nur noch" Vereinigung mit der Gravitation ausbleibt, sowie Dunkle Energie + Materie. Und dann Mal zu sehen, dass auch innerhalb des Standardmodells offene Punkte gibt, z.B. Confinement Beschreibung, das ist doch auch Mal interessant zu sehen und bringt was Licht für den Laien, was da am Cern eigentlich sonst noch so passiert :D.
  • Sehr zusammengesuchte Argumente

    17.12.2021, Karl Fuchs
    17 Jahre sind in der Softwareentwicklung eine Ewigkeit - eine Studie aus 2004 2021 als Beleg dafür heranzuziehen, dass quelloffene Software besser gegen Fehler abgesichert sei als proprietäre, wirkt arg an den Haaren herbeigezogen. Gibt es keine neueren Untersuchungen dazu oder haben diese keine passenden Ergebnisse für diesen Artikel geliefert? Nach meinen Erfahrungen sieht es im Endeffekt so aus: Open Source kostet nichts - man muss sich dafür teuere Spezialisten leisten, die sich um Wartung und Sicherheit kümmern. Und wenn will man in Regress nehmen, wenn es doch einmal größere Probleme gibt? Beim Freelancer wird nichts zu holen sein, wenn er nicht so klug war, die Haftung von vornherein ausreichend zu beschränken, und bei den Providern der Bibliotheken steht stets dabei "provided as is" - Nutzung auf eigene Gefahr.
    Für proprietäre Software zahlt man auch viel Geld - kann aber bei groben Fehlern den Hersteller in Regress nehmen. Und die allermeisten haben aus der Vergangenheit gelernt und sichern ihren Code wesentlich besser ab als früher. Wenn der Quellcode nicht offen für jedermann herumliegt, hat das auch einen Vorteil: Man muss schon ein bisschen mehr herumbohren, um Schwachstellen zu finden.
  • Gut verständliche Übersicht

    16.12.2021, Siegfried
    Danke für Ihren leicht verständlichen Überblick über diese unanschaulichen Sachverhalte!
  • Gleiches Problem wie bei Heartbleed (OpenSSL)

    16.12.2021, Holger
    Meiner Ansicht nach ist das Problem, jeder verlässt sich auf die Software und benutzt diese gerne, aber keiner sieht, dass extrem wichtige OpenSource Projekte teilweise von 1-2 Personen betreut werden, die für ihren wichtigen Dienst an der Allgemeinheit nicht bezahlt werden. Solange das der Gesellschaft egal ist und die zentralen Projekte nicht durch massive Spenden (von Staaten oder großen Firmen, die die Software nutzen) unterstützt werden, wird genau soetwas immer wieder passieren. Es ist also ein hausgemachtes Problem und spätestens nach dem Heartbleed OpenSSL Bug hätte man das wissen können. Schade.
  • Das geht hier in die ganz falsche Richtung

    16.12.2021, Stefan
    Sechsjährige lernen typischerweise gerade schreiben. Die können ganz sicher keinen Exploit für die Lücke schreiben.

    Wie konnte es dazu kommen? Kein Qualitätsbewusstsein in der Softwareentwicklung. Vielleicht ist die bei vereinzelten Mitarbeitern noch vorhanden, auf Führungsebene ist aber meist (ich habe es nie anders erlebt) nur wichtig dass die Software tut was sie soll, und eben nicht dass sie nicht tut was sie nicht soll. Das führt dazu, dass Komponenten verwendet werden, ohne sie wirklich zu verstehen, und ohne über die Gefahren und Nachteile nachzudenken. Das würde ja Zeit kosten. Was da verwendet wird muss nicht Open Source sein, das ist eine vollkommen unabhängige Frage.

    Viele Programmierer/Manager sind genauso unvorsichtig wie der durchschnittliche Anwender: Mehr Features sind besser, ich will nicht lernen sondern machen. Software und Bibliotheken die meine Arbeit automatisch erledigen sind besser. Das führt dazu, dass überkomplexe Werkzeuge und Bibliotheken verwendet werden, die zwar auf kurze Sicht ein konkretes Problem lösen, aber darüber hinaus auch Eigenschaften haben die man eigentlich gar nicht braucht. Auch wird beim Wunsch nach einer Funktion oft nicht bedacht welche Konsequenzen sie haben kann.

    In genau diese Kategorien fällt Log4j: Eine Firma braucht ein System um Logs zu schreiben. Einer ihrer Coder findet Log4j, und schafft es das einzubinden. Eigentlich sollte er jetzt alle Funktionen von Log4j ergründen, und diese Kompetenz im Unternehmen etablieren. Dafür hat aber niemand Zeit. Statt dessen wird die Software jetzt mit einer nicht verstandenen Komponente weiterentwickelt.

    Das Feature, das Log4j heute zu einer Sicherheitslücke macht, hat irgend jemand mal gebraucht, eingebaut, toll gefunden, aufgehört darüber nachzudenken. Wenn man als Skeptiker warnt etwas wäre zu komplex, dann hört man oft ‘aber das kann X’, ‘aber damit kann man Y’, oder ‘die Konkurrenz kann das auch’ — die Frage wäre aber ob das wirklich sein muss.

    “Das Ausmaß der Sicherheitsbedrohung ist so groß, weil Log4j enorm weit verbreitet ist […] Denn es ist eine Open-Source-Software” — Quark. Weit verbreitet sind auch Mac OS X, Microsoft Windows, …, aber nichts davon ist OSS. Die Implikation in dem Satz ist also falsch. Verbreitet ist Log4j, weil es von vielen als nützlich angesehen wird (das sollte man diskutieren). Richtig ist, dass Verbreitung die Relevanz einer Lücke erhöht. Aber auch das ist unabhängig von der open/closed-Frage.

    Lustigerweise stimmt der Rest dieses Absatzes im Artikel, dass nämlich OSS tendenziell sicherer ist und Lücken schneller gefunden und gefixt werden, gerade weil nämlich jeder reinschauen kann. Allerdings steht das im Widerspruch zum Spin des gesamten Artikels.

    Aus Sätzen wie “Bereits 2014 machte die so genannte Heartbleed-Sicherheitslücke darauf aufmerksam, dass man den Umgang mit Open-Source-Software überdenken muss” folgt die Frage nach der Alternative zu OSS. Und die ist, statt OSS Komponenten eben entweder eingekaufte Closed Source oder selbst entwickelte Komponenten zu verwenden.

    Beim Selber-entwickeln kann man sicher sein alle Fehler zu machen die von anderen schon mal gemacht und gelöst wurden, weil man die Erfahrung noch nicht hat, die bei der Entwicklung einer Komponente erst entsteht. Das ist kein Sicherheitsgewinn. NIH ist eine bekannte Quelle von Problemen.

    Beim Einkaufen einer Closed Source Komponente, abgesehen davon dass man sich das wird schlicht nicht leisten können, stellt sich die Frage nach der Qualität die man da bekommt, und die man nicht überprüfen kann, weil das die Natur von Closed Source ist. Warum sollte der Lieferant auf Qualität achten, statt aus den gleichen ökonomischen Zwängen wie man selbst etwas zu liefern was einigermaßen tut was es soll, und evtl. auch ein paar Dinge die es nicht soll?

    Also was hilft? Finanzielle Anreize dort zu setzen wo sie Wirkung entfalten: Z.B. eine solide Gesetzgebung zum Verbraucher- und Datenschutz, die mit empfindlichen Strafen durchgesetzt werden kann. Dazu gehört die Ausstattung der Behörden mit Personal, Mitteln, und dem Mandat und Willen Unternehmen richtig viel Geld abzunehmen. Ganz alleine entfaltet sich für Firmen dann der Druck ihre Software möglichst sicher zu schreiben. Es muss billiger sein in das Verständnis von verwendeten Komponenten zu investieren, also Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, als eine Sicherheitslücke zu riskieren. Momentan ist es umgekehrt.

    Dabei fordere ich keine automatische Produkthaftung für OSS! Ein Horn in das die Hersteller von Closed Source Software gerne stoßen, weil es den OSS-Markt komplett abwürgen würde. Die rechtliche Verantwortung für die Sicherheit einer Software muss bei ihrer Verwendung entstehen, nicht bei ihrer Entwicklung, sie muss bei dem liegen der damit Geld verdient. Durch Verträge kann die Verantwortung verschoben werden, das ist Alltag: Heute zwingen EULAs den Endverbraucher kommerzieller Software zum Tragen aller Risiken. Ein schärferer Verbraucherschutz muss das Risiko dort hin verschieben wo das Geld verdient wird, weil dort liegen die Resourcen Sicherheit einzubauen.

    Ein genereller Zwang allen Sourcecode offenzulegen, würde die Sicherheit weiter erhöhen. Man müsste das schrittweise tun, weil, wie der Artikel richtig erkennt, Closed Source Software vermutlich deutlich mehr Fehler und Sicherheitslücken enthält als OSS.

    Open Source ist nicht das Problem, sondern die Lösung.

    Das Problem ist, dass man mit unsicherer Software sehr viel Geld verdienen kann, ohne für die Risiken zur Rechenschaft gezogen zu werden.
  • Schade, warum so reisserisch?

    15.12.2021, Karsten Wegmeyer
    Weder kann ein 6-jähriger diese Lücke ausnutzen, noch verdienen Programmierer regelmässig sechsstellige Beträge. Ja es handelt sich nicht mal um eine Lücke oder einen Fehler. Die Software arbeitet wie designed.

    Die Kostenzwänge unter denen Projekte entstehen, führen dann aber dazu das Pakete wie log4j verwendet werden ohne ihre Konfiguration zu prüfen. JNDI war per default an. Nun ist es per default aus.

    Ist so ein reisserisches Niveau hier wirklich nötig?
  • Apokalympiade für Fortgeschrittene

    11.12.2021, Paul S
    Wenn wir aus der Geschichte etwas lernen können, dann, dass wir nie etwas aus der Geschichte lernen und dafür vorsorgen müssen. Deswegen ist eine Weltgeschichte der Katastrophen ja so sinnvoll – egal, was passiert, alle Beteiligten werden so ziemlich das Gleiche tun, was Menschen schon immer getan haben, natürlich an die Umstände angepasst. Das Problem mit den Weltuntergängen ist nämlich, dass sie zu selten passieren, um uns eine Routine einzubläuen, die wir auch ohne sie durchhalten würden.

    Wie das mit dem „mittleren Management“ wirklich aussieht, haben die Krisen der Gegenwart gezeigt: Der Kaiser befiehlt, „Ihr schafft das schon“ und geht sich einen Heiligenschein stricken, das „wie“ bleibt an untergeordneten Institutionen hängen, die völlig unerfahren, völlig unvorbereitet und völlig überfordert sind, sodass das große Learning by doing ausbricht, auch als Amoklauf der kopflosen Hühner bekannt, die verzweifelt den zuständigen Kopf unterm Heiligenschein suchen, der aber genauso bedeppert ist, weil sein Job die letzten sechs Jahrzehnte bis vor sechs Sekunden daraus bestand, Sprüche zu klopfen, wichtig auszusehen und nicht weiter zu stören. Die Chinesen haben brutale Strafen eingeführt, die den Kaiser von jeglicher Gefahr befreien, jemals Kompetenz entwickeln zu müssen und bei den Untertanen zwar tatsächlich zu einer hohen Selbstorganisationsfähigkeit führen, allerdings eher in Sachen Verheimlichen von Fehlern, Wahren des schönen Scheins, Veräppeln des Kaisers, sowie zu Höchstleistungen im chinesischen Nationalsport Sündenbock-wechsel-dich, als im tatsächlichen Lösen von Problemen: Das System läuft perfekt, wo es paranoid beobachtet und überwacht wird, unterschwellig verrottet es, wo es nur kann, weil seinen Job machen für Sklaven oft das ineffizienteste und am wenigsten profitable Mittel zu dem Zweck ist, nicht erwischt zu werden – unter Extrembedingungen lernt man so viel Pragmatismus, Improvisation, Zielstrebigkeit und Kreativität, dass die Wirtschaft des Landes nie genug Kontrollwahn durchfüttern könnte, um sie im Zaum zu halten. Die Überwachung bedeutet einen gigantischen Aufwand und hohe Kosten, schafft einen Überwachungsapparat, der selbst genauso tickt, wie die Leute, die er überwachen soll und es wegen seiner Macht und Größe sehr leicht hat, sich bis auf die Knochen zu korrumpieren und trotzdem das Gesicht zu wahren – übermächtige Bürokratieapparate werden selbst zu Fehlerquellen und stiften Chaos, das finden viele Kontrollfreak-Staaten unabhängig voneinander auf schmerzliche Weise raus. Während die Chinesen sich also im ewigen Gulag unterm kaiserlichen Damoklesschwert eingerichtet haben, haben Europas Schönwetterdemokratien nie ernsthafte Krisen kennengelernt, deswegen haben sie auch keine Abwehrkräfte – nicht nur gegen Weltuntergänge, nicht mal gegen eine Weltgeschichte, die nach einem kurzen, gemütlichen Nickerchen zu ihrer grausigen Normalität zurückkehrt. Katastrophenschutz heißt halt „allzeit bereit“, nicht „allzeit breit“.

    Ein Kalter Krieg mit China könnte ganz anders ablaufen, als der mit der Sowjetunion. Deren Untergang hat die Welt tatsächlich einer stabilisierenden Kraft beraubt, West und Ost saßen auf allen potenziellen Krisenherden wie die linke und die rechte Hinterbacke des Teufels, und um den Flohzirkus mit halber Backe niederzuhalten, fehlen dem Westen die Mittel – die Sowjetunion war kein wirtschaftlich ernstzunehmender Konkurrent, der Westen hatte alle Märkte des Planeten für sich alleine, doch das hat sich ja geändert: Jedes neue Land, das zum Konsumenten wird, muss auch zum Produzenten werden, um kaufen zu können, muss es verkaufen; noch funktioniert das Schneeballsystem Kapitalismus, macht die Armen reicher und beschert uns volle Auftragsbücher, doch ihm gehen die Märkte aus – deswegen kriegen sich ja immer mehr Staaten in die Wolle und wählen Populisten, der Konkurrenzkampf wird so hart, dass wir nach der Keule greifen. Damals ging's um profanen Glauben, heute um heiliges Geld, das heißt, der Kalte Krieg dürfte nicht lange kalt bleiben und das Gegenteil von Stabilisierung bewirken. Mein Vorschlag wäre, ein paar künstliche Konsumenten einzubauen, in Infrastruktur, Bauprojekte, Forschung und Entwicklung zu investieren, doch dazu müsste sich unser Finanzsystem drastisch ändern: Geld wie Gold zu behandeln, eine in unbegrenzten Mengen herstellbare Ressource wie ein knappes Gut, ist kein Fehler, sondern schierer Irrsinn, und die Konsequenzen verteilen sich im Spektrum zwischen Slapstick und Apokalypse.

    Womit wir aber schon beim Katastrophenschutz wären. Es ist keine Frage der Ethik: Die Menschheit hat keine, jeder tut das, wofür er einen Keks bekommt und meidet das, wofür es eins auf die Nase gibt, sein Sozialverhalten, seine Moral, seine Weltanschauung passen sich dem Nutzen an, das wär's. Es ist eher eine Frage des „Allzeit bereit“ - wie sorge ich als braver Pfadfinder dafür, dass ich bei einer plötzlichen Katastrophe genug Ressourcen bei der Hand habe, um es mit ihr aufnehmen zu können?

    Wenn ich gesund bin, brauche ich keinen Arzt (wenn ich ein westlicher Wähler bin, spare ich ihn ein, um mehr Geld für mich zu haben und dann doof aus der Wäsche zu gucken, wenn ich weniger habe, weil es an der Börse gelandet ist und ihr mehr Macht gab, mir weiteres aus der Tasche zu ziehen; doch nehmen wir einfach mal hypothetisch an, der Tod nähert sich nicht bloß der Fernsehcouch, sondern die Sense saust bereits auf den Wähler nieder, was der früheste Zeitpunkt ist, ab dem beim gemeinen Homo Sapiens der IQ-Ticker von Null auf Hundert hochfährt). Für den Fall des Falles halte ich mir einen Arzt bereit, der dann aber nicht viel zu tun hat: Er ist ein Luxus, der sich mit keiner Vernunft rechtfertigen lässt, denn wenn ich krank werde, könnte ich zwar sterben, doch ich bin gerade nicht krank und auch noch nie gestorben, also sind beide Ereignisse zu unwahrscheinlich, um sie in der Kosten-Nutzen-Rechnung zu berücksichtigen, wenn sie also doch auftauchen, kann es sich nur um echsemitische Hexerei handeln, und gegen die ist genug Kraut im Wald gewachsen, braucht man nur zu Scheiterhaufen aufzutürmen... Jaa-ha, wir haben den westlichen Wähler ja hypothetisch gepimpt, also kann ich mir die Sticheleien auch sparen, macht halt Spaß, sorry, ich bin ein Ekel, aber immerhin ahne ich vage, dass ein besserer Mensch dieses Sorry ernst meinen würde, wenn auch ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wieso. Schluss mit dem Realismus, zurück ins Wolkenkuckucksheim.

    Wir brauchen also erstens, eine Wirtschaft, die leistungsfähig ist, um sich den unverschämten Luxus des Überlebens leisten zu können. Zweitens, irgendeine Beschäftigung für den Arzt, bei der er seine Fähigkeiten ständig übt und erweitert, statt sie zu verlernen, idealerweise eine, mit der er sich selbst finanzieren kann, zumindest teilweise. Drittens, genug Spielraum für ihn, dass er auch damit fertig wird, wenn alle Leute auf einmal über Nacht krank werden. Und dieses Bild lässt sich auf alle Ressourcen ausweiten, die wir im Notfall brauchen werden – Feuerwehr, Rettungsdienste, Krankenhäuser, Militär, Produktionskapazitäten.

    Geld sparen macht genauso wenig Sinn, wie allzu viele Vorräte zu horten: Ich weiß ja nie, ob als Nächstes Zombies oder Werwölfe angreifen, ob ich also meine Reserven in vielen billige Schrotpatronen oder wenigen teuren Silberkugeln anlegen soll. Ich kann nur einen Puffer einlagern, um die nötige Zeit zu überbrücken, bis ich das, was ich gerade brauche, hergestellt habe. Selbst wenn ich beides habe, kommen die Vampire, und ich kann mein Erspartes, ob an Geld oder an Kugeln, gegen einen einzigen Zahnstocher eintauschen, weil die plötzlich so gefragt und teuer sind (vielleicht gibt’s dazu auch ein Sixpack Billigpäpste aus China, die Wasser beim Versuch, es zu weihen, in Blut verwandeln, Kreuze verkehrt herum halten und versehentlich den Satan beschwören, weil die Betriebsanleitung per Online-Translator erst ins Koreanische, dann in Latein übersetzt wurde, während sie alle nur Mandarin verstehen). Ich muss mich also wirtschaftlich breit aufstellen – aber dabei auch achten, dass die Produktion schnell umgestellt werden kann. Der Plan, Autofabriken Beatmungsgeräte herstellen zu lassen, war nicht so der Bringer, weil niemand darauf vorbereitet war – wir brauchen also eine Horde MacGyvers, die sich mit Sicherheitstechnik auskennen und ständig knobeln, was sich mit der laufenden Produktion anstellen ließe und was sich mit den theoretisch nötigen Bauteilen so für den freien Markt herstellen ließe, die die Wirtschaft derzeit nicht braucht. Wir brauchen aber auch ein möglichst breites Betätigungsfeld, um die Innovation zu fördern – wenn ich das All erobere, bekomme ich immer ausgereiftere, menschenfreundlichere Raumanzüge, die kämen in so einer Pandemie echt gut. Corona ist nicht das Schlimmste, was die Welt der Viren, Bakterien, Pilze, Säuren und Giftgase zu bieten hat.

    Am Ende läuft's auf Sport aus: Die Gesellschaft durch allerlei sinnvollen Spiel und Spaß fit halten, damit sie im Ernstfall nicht am eigenen Wanst erstickt. Die Grundlage wäre natürlich eine Wirtschaft, die die nötigen Kalorien, Vitamine und Proteine liefern kann. Mehr als Schmerzen, Schweiß und Herzinfarkt ist vom Fettberg namens Geld nicht zu erwarten, im Gegenteil – wir brauchen immer mehr Geld, um unsere durch Geld bewirkte Trägheit zu überwinden. Was wird jetzt passieren, da wir das wissen?

    Natürlich – keiner hat Bock, den Hintern hochzuheben, schon gar nicht die ganze Gesellschaft. Ich übrigens auch nicht. Was für ein Ende unsere Welt erwartet, muss nicht Nostradamus vorhersagen, der Hausarzt reicht. Es gibt halt Schlimmeres als einen Weltuntergang.
  • Lehren

    09.12.2021, Mark Schäfer
    Trial and Error ist ein unwidersprochen gut funktionierendes System in nahezu allen Bereichen der menschlichen Entwicklung gewesen. Leider neigt der Mensch aber auch dazu dieses Prinzip als gegebene Konstante zu sehen und entsprechend etwa zu leger (im gesellschaftlichen Maßstab) mit den Folgen zu leben. Gleichzeitig stieg die Wirkmacht des Menschen im technologischen und ökonomischen Sinne aber so extrem an, dass aus einem Error schnell ein Fatal Error werden kann. Global.
    Dies sollte man heute berücksichtigen. Man kann Fehler machen im Coronamanagement, bei sozioökonomischen Politentscheidungen, oder beim Tempolimit. Mit dem roten Knöpfchen und vor allem beim Klima, sollte die Menschheit tunlichst keinen Fatal Error erzeugen. Da gibt es schlechtenfalls keinen neuen Versuch.
  • O Robogott im Dosenhimmel, erlösen wir uns durch dich von uns selbst?

    02.12.2021, Paul S
    Dass Menschen zum Kotzen sind, heißt nicht gleich, dass man sie verachten muss. Ist zwar die instinktive Default-Reaktion, aber dadurch beweist man nur, dass man genauso zum Kotzen ist, wie alle anderen auch. Nicht, dass ich sie mir oft genug verkneifen könnte, doch Arroganz ist ein Symptom des Scheiterns an der eigenen Schwäche. Auch bei Transhumanisten.

    Wenn man geerbt hat, kann man so dumm oder intelligent sein, wie man will, man lernt nicht mal Gänse hüten. Dummheit ist die logische Konsequenz von Reichtum, Wohlstand, Glück: Wer nicht hat, bewegt sich, wer hat, bleibt stehen. Auch mental.

    Deswegen gibt’s ja das ganze Leid auf der Welt: Die Evolution reitet uns wie Esel, vor der Nase baumelt die Karotte an der Angel, nach der wir ständig schnappen, doch nur gerade häufig genug einen Biss abbekommen, dass wir nicht resignieren, hinten die Peitsche auf den Hintern, damit wir nicht zu behäbig werden – whatever works, Hauptsache, es geht voran. All unser Streben nach Glück ist ein Streben nach Stillstand, es gibt weder Zeit noch Action in Himmel, Paradies, Nirwana. Wir wollen stabile Bahnen. Außerdem noch das Gegenteil, denn Glück bedeutet im Grunde, sich gegenseitig ausschließende Sehnsüchte nach Sicherheit, Freiheit und Frieden in Balance zu halten, sodass wir es eigentlich nur finden können, wenn wir ständig um deren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen – doch das ist dann die stabile Bahn, auf der wir als Spiralnudel-Welle durch die Zeit rasen.

    Intelligenz, Arbeit, Leistung, sind also kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug zum Schutze der Dummheit: Sie stabilisieren die Bahnen, verhindern Störungen, erhalten ein Netzwerk aus Kreisläufen und Wiederholungen, erlauben nur Schwankungen, die sich in Grenzen halten. Glück erreiche ich, indem ich mein Hirn mit Hormonen flute, dass bestimmte Dinge glücklich machen, liegt daran, dass sie den inneren Dealer auf Trab bringen – die Evolution kontrolliert uns, wie der Zuhälter seinen Crackhuren-Stall. Es gibt nämlich so viele Interferenzen, dass das Stabilisieren der Bahnen ein Fulltime-Job ist, zu stressig für Glück, weswegen schon die Bakterie auf die Idee gekommen ist, sie auf Roboter abzuwälzen: Und Gott war allein am Anfang und erschuf sich lauter Engel als Personal, vermasselte also die Zellteilung und hüllte sich in verkrüppelte, abhängige Kopien seiner selbst, die er durch Zuckerbrot und Peitsche (oder Stick and Carrot, falls Gott Engländer war) lenken konnte (das klappte dann so gut, dass er seinen besten Mann zu Peitsche und Qualitätssicherung abkommandieren musste, damit das Pack nicht bloß faul durch den Urozean trieb und zu glücklichem Schleimklumpen degenerierte, der mit jeder plötzlich auftauchenden Herausforderung überfordert war, wie irgend so ein dahergelaufenes Deutschland).

    Später fiel die gleiche geniale Idee auch dem Alphamännchen ein, sodass es seine Äffchensippe immer mehr zu abhängigen Sklaven umerzog, spezialisierten Werkzeugen, die ihm als ferngesteuerte Hände dienten, und damit machen unsere Alphas bis heute weiter. Die Welt ist längst eine hierarchisch geordnete Maschinerie, die im Grunde nur dazu da ist, die Reichen und Mächtigen reicher, mächtiger und glücklicher zu machen, der Rest darf nur ein wenig von dem Zeug naschen, das durch die Hierarchie vom Weizenfeld unten zum Herrentisch oben weitergereicht wird. Die Verwandtschaft zu Biorobotern zu züchten, klappte so gut, dass wir es nur ansatzweise mit anderen Spezies versucht haben. Was wäre, hätte jemand vor zehntausend Jahren angefangen, Hunde auf Intelligenz und Geschick zu züchten? Hätten wir das mit dem Wasseraffen durchgezogen, wären wir eine Symbiose mit den Tintenfischen eingegangen – wären wir heute Robben mit Flossen statt Händen, schwimmende Köpfe mit einer ausgefeilten Sprache, um lebende, achtarmige Hände fernzusteuern, wie Seine Durchlaucht Prinz von Jabba zu Hut seinen Butler? Vielleicht gab's das schon mal, in irgendeinem Korallenriff, doch das Meeresparadies war zu satt und glücklich, um den weniger glücklichen, durch Hunger besser motivierten Primaten zu widerstehen, die eine Symbiose mit Stock und Stein eingegangen waren?

    Das Muster wiederholt sich quer durchs Universum, von Atomen bis Galaxienhaufen: Innen Zellkern, außen schützende Schale, dazwischen die heile, geordnete Welt, die zum Selbsterhalt der Zelle benötigt wird, weich und flexibel genug für diese Funktion, doch stabil und glücklich genug, um nicht abhauen zu wollen. Ist also recht wahrscheinlich, dass auch wir es wiederholen.

    Tun wir ja auch gerade: Je besser Wissenschaft und Technologie unsere Probleme lösen können, desto mehr können wir es uns leisten, zu verdummen. Doch die immer mächtigeren Werkzeuge der Technologie und Wissenschaft stehen uns dann auch zur Verfügung, um immer größere Dummheiten zu begehen. Das Wettrüsten zwischen Intelligenz und Dummheit geht nicht ewig gut, es sei denn, die Intelligenz schafft es, die Dummheit zu entsorgen. Das tut sie, indem sie uns mit Glück dopt, uns immer mehr Spielzeuge, immer bessere VR-Welten zur Verfügung stellt, die der Realität haushoch überlegen sind. Wer Orks in der Matrix schlachten kann, sucht sie nicht an der Ostfront, wer virtuell Supergott sein kann, kehrt ungern an einen Ort zurück, an dem er nur als Gammelfleischklumpen die Couch voll schwitzt und für die eigene Familie weniger Bedeutung hat, als eine Coladose voller Viren, wer dumm ist und mit seiner Allweisheit brillieren möchte, strickt sich eine simple Welt, für die seine Weisheit ausreicht. Die Matrix ist das Zuckerbrot, die Wirklichkeit die Peitsche.

    Dabei gibt’s bislang zwei Probleme: Facebook hat eine scheiß Grafik, verglichen mit der Realität, und der Sack in der fleckigen Unterhose juckt Gott auch dann, wenn er online die Sünder mit Blitz und Donner niederschmettert – an der Matrix-Qualität müssen wir noch arbeiten. Doch auch an der Qualität unserer Robotersklaven mangelt's noch, denn noch müssen wir deren Job selber machen: Der größte Teil unserer Leben besteht immer noch aus Hausmeisterarbeiten, um die Metaphysik der Matrix zu wahren, die physische Realität, in die sie eingebettet, von der sie abhängig ist. Dabei gibt’s natürlich Zwiebelschalen und Hierarchien, die Sklaven Europas hocken in Drittwelt-Sweatshops. Je mehr der Job einen zum Standardwerkzeug degradiert, desto weniger beliebt ist er, denn Standardwerkzeuge gibt’s vom Fließband, Ersetzbarkeit sorgt für geringen Marktwert, schlechte Arbeits-Leistungs-Deals und geringe Überlebenschancen für Leib und Gen. Wir sind nicht frei, weil wir es uns erkämpft hätten – wir haben uns nur so sehr vermehrt, dass wir von wertvollem Eigentum zu billigen Ex-und-Hopp-Einwegprodukten geworden sind, wir werden nicht gepflegt und im Werkzeugkoffer aufbewahrt, sondern verbraucht, weggeworfen und ersetzt. Andererseits wirkt die Masse der Einwegprodukte als demokratisches Gegengewicht, sodass wir uns da irgendwie mit unseren Massas und Zellkernen arrangiert haben.

    Wir gehen verschiedene Wege, doch im Grunde ist alles der Weg des Einzellers: Am Ende landen wir in der Nirwana-Dose, ewiges Glück ohne Hinterfragen, wo es herkommen mag, Embryos im Maschinen-Mutterleib, der uns ohne unser Zutun erhält, der seinen Lebenssinn und seine Motivation daraus bezieht, uns zu dienen, weil unsere Chef-KI den Strom und die Ersatzteile so verteilt, dass die Maschinen nur dadurch leben, existieren, glücklich werden können – eine Art simulierte natürliche Selektion, je besser der Diener, desto glücklicher darf er sein. Also das, was das Universum schon jetzt mit uns macht. Magna Mater Matrix auf allen Fraktalebenen, wie im Himmel, so auf Erden hinterm Kinderwagen im Park.

    Ich selbst habe keinen Bock auf Nirwana, lieber erweitere ich mein Hirn per KI, sodass ich mithalten und das All erforschen kann. Doch dann muss ich auch Sicherheitsvorkehrungen einbauen, damit meine menschliche Natur nicht das ganze Projekt kaputtmacht, also kann ich Teile von mir entweder töten, oder auf Nirwana umleiten. Kommt aufs Gleiche raus – ich werde mich als Fortsetzung meiner selbst verstehen, doch mir fremder sein, als jedes Lebewesen, das heute auf dem Planeten rumwieselt (zu dem Zeitpunkt, an dem ich das schreibe – wenn Sie das lesen, sind ja wieder ein paar Spezies futsch, die von Mutter Natur für veraltet befunden wurden). Es gibt viele Möglichkeiten und Szenarien, aber es läuft alles aufs Selbe hinaus: Der Mensch hat seine Schuldigkeit getan, der Mensch kann gehen. Ob ins Grab oder ins Paradies, bleibt ihm überlassen.

    Schätze mal, das Grab für die arme Mehrheit, das Paradies für die reiche Minderheit. Es sei denn, wir geben uns ein Bisschen mehr Mühe.
  • KI und Mensch

    22.11.2021, Wolfgang Stegemann
    Es ist schon ein merkwürdiges Verhältnis zwischen KI und Neurowissenschaft. Es mutet an, als würde man ständig an einander vorbei reden. KI will Bewusstsein mit künstlichen neuronalen Netzen nachbilden, die Neurowissenschaft nimmt die Analogie der künstlichen Netze, um das menschliche Gehirn zu erklären. Ein Zirkelschluss. Man scheint zu vergessen, dass auf der einen Seite eine Maschine steht, auf der anderen ein Organ aus Fleisch und Blut.
    Metaphern für das Gehirn gab es schon vor den Computern. Als die alten Ägypter die ersten Bewässerungsanlagen bauten, stellte man eine Analogie zum Menschen her. Man sprach fortan von Kanalsystemen, die den Körper durchqueren, mit der Industrialisierung rückte die Maschine in den Fokus.
    Es ist durchaus denkbar, Maschinen menschenähnliches Bewusstsein zu verleihen. Dafür ist es aber notwendig, das Prinzip menschlichen Denkens zu benennen, oder besser: das Prinzip, nach denen Leben ganz allgemein 'funktioniert', und das heißt Selbstorganisation. Man muss diesen Begriff allerdings, soll er nicht nur Worthülse bleiben, konkretisieren. Und man muss ihn abgrenzen zu solchen Prozessen der unbelebten Natur. Erst dann kann herausgearbeitet werden, wie das Gehirn aus chaotischen Reizen Ordnung schafft, wie diese Strukturen durch Überlagerung Unschärfe produziert, welche zum Überleben äußerst wichtig ist. Dem JA/NEIN der KI steht das VIELLEICHT des menschlichen Denkens gegenüber. Zuletzt spielt die spezifische funktionelle Architektur eine Rolle, in deren Zentrum das ICH als Steuerungseinheit liegt. Schließlich geht es weniger um den Aspekt des Rechnens, sondern eher den der Anpassung. Und diese setzt sowohl Subjekt wie Objekt voraus.
    Muss man denn überhaupt eine Konvergenz zwischen Maschine und Mensch anstreben? Vielleicht ist es besser, dass maschinen intelligente Idioten bleiben.
  • Rule, roles, rules - People to the power

    20.11.2021, Paul S
    Wenn ich mir die Menschenrechte im Grundgesetz durchlese, steht da, ich habe Wischiwaschi, das aufgrund von Dafürhalten außer Kraft gesetzt werden kann. Was die Worthülsen bedeuten, entscheiden die Auguren, Sterndeuter, Hohepriester, Orakel und Schriftgelehrten am Hofe des Pharao, oder wie die heute heißen, die üblichen Verdächtigen also, die dem Pöbel schon immer den Willen der Götter, offenbart in Bibel, Koran und Schafseingeweiden, verkündet haben. Da die Philosophen auch dazu gehören, können sie die Verfassung ändern, ohne einen Buchstaben darin anzurühren, indem sie die dahinter liegende Ideologie und Interpretationen modifizieren. Für manche Philosophen bedeutet das, sie herrschen bereits kräftig mit. Für Herrschaft allgemein bedeutet es, dass wir dazu neigen, in alte Muster zurückzufallen, ganz egal, was für ein politisches System wir uns aus den Fingern gesaugt haben, um uns vor uns selbst zu schützen.

    Problem ist nicht so sehr, welcher Mensch herrscht, sondern, dass ein Mensch herrscht, denn Macht macht so komische Sachen mit unseren Köpfchen. Im Grunde verhalten sich alle gleich, ob König oder Bettler, Philosoph oder Schläger, es sieht nur anders aus, weil ihre Position im System sich unterscheidet. Sieht man zum Beispiel an der AfD – nach oben hin, beteiligt sie sich am „gib mir, gib mir!“ der Armen, nach unten, am „geb nix, geb nix!“ der Reichen. Europäer verhalten sich dem Rest des Planeten gegenüber nicht anders, als die Puder-Aristokraten Frankreichs gegenüber den Bauern, doch innerhalb Europas gibt es eigene Unterscheidungen in Bauern und Adel. Der König im Haus und Kurfürst im Büro ist gleichzeitig Lustknabe, wenn der Kaiser ihn ins Chefbüro ruft – wir wechseln die Rollen und Mentalitäten in Sekundenbruchteilen, abhängig vom Machtgefüge des Moments, ohne viel davon zu merken.

    Dann sind Menschen auch nur intelligent im Rahmen ihrer Spezialisierung. Einstein wäre ziemlich dumm als Schuster oder Windows-Programmierer. Und wenn man Einstein, Schuster und Windows-Programmierer zusammentut, hängt es von der Art ihrer Zusammenarbeit ab, ob sich dadurch ihre Intelligenz verstärkt, oder die kollektive Dummheit alle Intelligenz unterdrückt. Bei großen Gruppen steigt die Wahrscheinlichkeit fürs Letztere, weil die vielfältigen zwischenmenschlichen Verschaltungen viel mehr Fehler erlauben. Otto Normalverbraucher ist darauf spezialisiert, ein winziges Stück Staat und Gesellschaft in Schuss zu halten: Sein eigenes Leben. Er verwaltet seinen eigenen Lego-Stein, die Lego-Burg verwaltet der König. Fragt man Otto nach Politik, zeigt er etwa so viel Verständnis und Intelligenz, wie der König, wenn Otto ihm sagt: „Hol mal das Silberdingsda aus der Schublade mit den Sachen von die Oma“. Jeder ist dem anderen hilflos ausgeliefert, kann seinen Job nicht machen, wenn der Andere den seinen nicht macht, und das Versagen des Einen zieht unweigerlich das Versagen des Anderen nach sich. Den König verwaltet den Staat wie der Bürger seinen Schrebergarten, und weil das Volk kollektiv etwa so viel Verstand zeigt wie Moos, wird es auch wie Moos behandelt.

    Egal, wen ich in welche Position einsetze: Die Position hat ihre eigenen Blickwinkel und Machtbeziehungen, und die verändern den Eingesetzten. Erst wenn ich die Position geschaffen und verstanden habe, kann ich Individuen suchen, die von ihr am wenigsten korrumpiert werden. Wie das gehen soll, weiß ich nicht, aber ich weiß – wenn ich Philosophen oder Kuhhirten zur Herrscherkaste mache, werden alle Machtgeilen der Welt zu Philosophen und Kuhhirten, und mit Geld und Macht ändern sie die Definitionen und Anforderungen so, wie es ihnen nützt. Nicht, dass z.B. höhere Bildung an sich zu unterschätzen wäre. Die Genies von Harvard haben's sogar hinbekommen, Dubbya einen akademischen Titel zu verpassen!

    Wenn ich an Herrschaft denke, denke ich an Lee Iacocca: First, I let everyone speak their mind. Then, I decide. Demokratien versuchen, jeden mitreden zu lassen, mit dem Ergebnis, dass Mehrheiten Minderheiten unterbuttern und Debatten Entscheidungen ersetzen, sodass wir willenlos vor uns hindümpeln. Diktaturen, autoritäre Systeme taugen grundsätzlich als Gegenargument für sich selbst, warum genau, erklärt Ihnen die halbe Bibliothek des Pharao. Doch am Ende muss ein Pharao die Entscheidungen für Staat und Gesellschaft treffen. Jemand, der nicht alle anhören kann, sondern nur eine ausgewählte Gruppe, einen Beraterstab. Der Pharao kann natürlich auch zwei, drei Leute sein, doch bei allzu vielen wird’s langsam, kompliziert, chaotisch und eng im Sarkophag. Wir vertrauen unsere Existenz jemandem an, dem wir vertrauen müssen und nie vertrauen können.

    Die Frage nach der Herrschaft der Philosophen entspringt also einer sehr naiven Philosophie der Macht. Die Geisteshaltung des Philosophen folgt oft – nicht immer! – aus der Machtlosigkeit, wer keine Verantwortung trägt, ist in seinen Gedanken frei und kann Wagnisse eingehen, Gedankenexperimente durchführen, sich in Fallstricken verheddern, ohne seine Mitmenschen allzu krass in Mitleidenschaft zu ziehen. Um seinen Job gründlich zu machen, braucht er entsprechend viel Zeit. Er ist Forschungsreisender, des Königs Spionagesatellit im Orbit der Gesellschaft, ein ausgelagertes Zweithirn des Herrschers, das sich mit Dingen beschäftigt, die der Herrscher berücksichtigen muss, ohne sich ihnen ausreichend widmen zu können. Es produziert spezielle Ergebnisse für ein anderes, das darauf spezialisiert sein sollte, die Weisheit mehrerer Hirne auf sinnvolle Weise zu nützen und zu bündeln.

    Dennoch kann Philosophie wichtig werden, wenn sie sich als Bindeglied zwischen Wissenschaften und zwischen der Lebenswirklichkeit versteht. Wenn der Staat eine riesige Party ist, in der alle fressen, huren und sich untern Tisch saufen, ist die Staatsphilosophie egal, denn er regiert sich kinderleicht und von selber. Doch wenn das Futter verteilt, beschafft, verteidigt werden muss, wird’s plötzlich sehr wichtig, ob der Koch zum Klempner taugt, oder der Bock zum Gärtner. Plötzlich muss man den Unterschied zwischen der Kurzzeitvernunft erkennen, sich einfach den nächsten Teller Suppe einzuschenken, der Langzeitvernunft, die Suppe lieber einzulagern oder zu verteilen, und der Vernunft des Idealisten, der die Suppe auch dann fair verteilt, wenn sich keine rationalen Gründe dafür finden, denn die Vernunft des Idealismus zeigt sich in Erfolgen, die sich nur schwerlich mit ihm in Verbindung bringen lassen. Es wird wichtig, zu verstehen, dass ein Job, der auf den humanistischen Menschen zugeschnitten wurde, von jedem echten Menschen verbockt wird, weil das humanistische Menschenbild mit dem Menschen weniger zu tun hat, als ein lila Einhorn auf Rollschuhen. Der ganze Pfusch und Schlendrian, der sich daraus ergibt, dass wir einfach das Dafürhalten irgendwelcher selbstgerechten, rassistischen Steinzeit-Sklavenhalter heiliggesprochen und nie so richtig einem Reality Check unterzogen haben, rächt sich in mörderischer Weise.

    Wunder gibt’s nicht, wir verbessern unsere Gesellschaften durch Versuch und Irrtum. Ein Irrtum, aus dem man gelernt hat, war keiner, es war ein Experiment. Bis jetzt fahren wir nur einen Irrtum gegen die Wand, doch die Philosophie kann dazu beitragen, ihn durch Auswertung zu einem lehrreichen Experiment zu machen und das nächste vorzubereiten. Das ist die Art von Herrschaft, die für Philosophen am geeignetsten scheint.
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