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Wo war Lisas Vater? Ist die Idee, ein Kind könne ohne Kontakt zum Vater aufwachsen, schon so normal geworden, dass die Autorin die Frage, warum der Vater sich nicht um Lisa kümmert, nicht einmal stellt? Die Aussage, die Vernetzung mit Jugendamt, Kinder- und Jugendpsychiatrischem Dienst sei nicht optimal, ist angesichts der erschreckenden Missstände in Deutschland ein grober Euphemismus. Tatsache ist: Die deutsche Familienrechtsprechung ist Hauptverursacher des Problems, das zu verhindern eigentlich ihre Aufgabe wäre.
Umgekehrt ist es ein schwerer Mangel, dass viel zu sehr auf die Versorgung und zu wenig auf die emotionale Entwicklung der Kinder fokussiert wird. Was dem Kind wirklich schadet, ist nicht die Mehrarbeit, die Mehrverantwortung, die es früh übernimmt, sondern das Zerrissensein hinsichtlich der emotionalen Bindung und auch der eigenen Identifikation mit dem Elternteil. Daher darf auch der abwesende getrennte Elternteil nicht aus dem Blick geraten. Gegenwärtig verlieren 50 Prozent aller Trennungskinder, gleich ob ein und elcher Elternteil psychisch erkrankt ist,den Kontakt zu einem Elternteil. Das ist eine emotionale Katastrophe, die für die Gesellschaft zum größten und volkswirtschaftlich teuersten Problem überhaupt werden kann.
Menschliches Risikoverhalten kann tatsächlich verzerrt sein: Wir unterschätzen alltägliche Gefahren gegenüber spektakulären Risiken, die einen tieferen und bleibenderen Eindruck auf uns machen. Außerdem ist es wahrscheinlicher, dass wir von solchen Ereignissen überhaupt erst erfahren: Der Flugzeugabsturz in China läuft in den Nachrichten, der tödliche Verkehrsunfall im Nachbardorf nicht. Ebenfalls richtig ist, dass wir uns immer dann in trügerischer Sicherheit wiegen, wenn wir meinen, Kontrolle über das Geschehen zu haben, eben hinterm Steuer zu sitzen. Alles gute Erklärungen dafür, warum die meisten Menschen größere Angst vorm Fliegen als vorm Autofahren haben und warum sie das zu Unrecht tun.
Mit der Zeit unmittelbar nach dem 11. September ist es jedoch nicht ganz so einfach. Das »falsche Vermeiden«, das die Autoren hier diagnostizieren, ist in Wirklichkeit vielleicht sinnvoll! Denn Ende 2001 konnte keiner wissen: Die vier entführten Flugzeuge blieben (vorerst) ein Einzelfall. Wären der nächste und übernächste Anschlag im Monatstakt gefolgt, die Statistiken sähen ganz anders aus. In diesem – 2001 durchaus vorstellbaren Fall – wären tatsächlich diejenigen im Vorteil gewesen, die sich fürs Auto statt für den Flieger entschieden. Die abwartende Haltung nach dem Auftreten eines neuen, in der Art unbekannten Risikos ist also möglicherweise gar nicht so dumm, genauso wie die Rückkehr zum Flugzeug nach dieser Phase.
Emotionale Katastrophe
26.09.2006, Dr. Jörg Schmitt, UnnaIst die Idee, ein Kind könne ohne Kontakt zum Vater aufwachsen, schon so normal geworden, dass die Autorin die Frage, warum der Vater sich nicht um Lisa kümmert, nicht einmal stellt?
Die Aussage, die Vernetzung mit Jugendamt, Kinder- und Jugendpsychiatrischem Dienst sei nicht optimal, ist angesichts der erschreckenden Missstände in Deutschland ein grober Euphemismus.
Tatsache ist: Die deutsche Familienrechtsprechung ist Hauptverursacher des Problems, das zu verhindern eigentlich ihre Aufgabe wäre.
Umgekehrt ist es ein schwerer Mangel, dass viel zu sehr auf die Versorgung und zu wenig auf die emotionale Entwicklung der Kinder fokussiert wird.
Was dem Kind wirklich schadet, ist nicht die Mehrarbeit, die Mehrverantwortung, die es früh übernimmt, sondern das Zerrissensein hinsichtlich der emotionalen Bindung und auch der eigenen Identifikation mit dem Elternteil. Daher darf auch der abwesende getrennte Elternteil nicht aus dem Blick geraten.
Gegenwärtig verlieren 50 Prozent aller Trennungskinder, gleich ob ein und elcher Elternteil psychisch erkrankt ist,den Kontakt zu einem Elternteil. Das ist eine emotionale Katastrophe, die für die Gesellschaft zum größten und volkswirtschaftlich teuersten Problem überhaupt werden kann.
Abwarten ist sinnvoll
24.09.2006, Benjamin de Haas, GießenWir unterschätzen alltägliche Gefahren gegenüber spektakulären Risiken, die einen tieferen und bleibenderen Eindruck auf uns machen. Außerdem ist es wahrscheinlicher, dass wir von solchen Ereignissen überhaupt erst erfahren:
Der Flugzeugabsturz in China läuft in den Nachrichten, der tödliche Verkehrsunfall im Nachbardorf nicht. Ebenfalls richtig ist, dass wir uns immer dann in trügerischer Sicherheit wiegen, wenn wir meinen, Kontrolle über das Geschehen zu haben, eben hinterm Steuer zu sitzen. Alles gute Erklärungen dafür, warum die meisten Menschen größere Angst vorm Fliegen als vorm Autofahren haben und warum sie das zu Unrecht tun.
Mit der Zeit unmittelbar nach dem 11. September ist es jedoch nicht ganz so einfach. Das »falsche Vermeiden«, das die Autoren hier diagnostizieren, ist in Wirklichkeit vielleicht sinnvoll! Denn Ende 2001 konnte keiner wissen: Die vier entführten Flugzeuge blieben (vorerst) ein Einzelfall. Wären der nächste und übernächste Anschlag im Monatstakt gefolgt, die Statistiken sähen ganz anders aus. In diesem – 2001 durchaus vorstellbaren Fall – wären tatsächlich diejenigen im Vorteil gewesen, die sich fürs Auto statt für den Flieger entschieden. Die abwartende Haltung nach dem Auftreten eines neuen, in der Art unbekannten Risikos ist also möglicherweise gar nicht so dumm, genauso wie die Rückkehr zum Flugzeug nach dieser Phase.