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Kommentare - - Seite 981

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Berechnung des Alters....

    15.11.2010, Reck Jörg
    Hallo Herr Pöppe,

    vielen Dank für Ihre Antwort auf meinen Leserbrief. Ich habe in der Zwischenzeit selbst ein wenig recherchiert ;-) Zuerst habe ich folgenden Link gefunden: http://www.codeproject.com/KB/datetime/DateDurationCalculation1.aspx
    Als Basis wird hier die ISO 8601 benutzt, und einen Algorithmus zum Addieren einer Zeitspanne zu einem Datum findet man hier.

    Das Schöne hierbei ist, dass mit diesem Algorithmus Geburtstag + Alter = Sterbedatum und Sterbedatum - Alter = Geburtstag ist. Dieses Verhalten wünscht man sich ja von einem mathematischen Alter :-D

    Weiters habe ich bei meinen Recherchen festgestellt, dass der Lehrer die Methode zur Berechnung eines Fristendes aus dem BGB benutzt hat. Das heißt, hätte er die Frage gestellt, welche Lebensfrist ist Herrn Goethe bei seiner Geburt zu setzen, damit er am 22.03.1832 stirbt, dann wäre seine Antwort korrekt.

    Gruß JJR

    P.S.: Werde den Lehrer am Freitag sehen :-D
  • Was ist an dem FPU-Problem so besonders?

    15.11.2010, Dr. Wolfgang Kouker, 76835 Burrweiler
    Ich bin beruflich wohl vorbelastet, dennoch oder deswegen frage ich einmal ganz entspannt so: "Was verstehen Sie unter experimenteller Mathematik, und was ist an dem FPU-Problem so besonders - außer die Namen der Autoren?"

    Bevor Sie antworten, gebe ich meine Antwort. Ich habe dazu Ihren sehr gut geschriebenen Artikel gelesen und in den berühmten Bericht LA-1940 hineingespitzelt. In dem Bericht wird eine nichtlineare Differentialgleichung numerisch gelöst - that's it. Diese Disziplin heißt seit Langem "Numerische Mathematik" und ist experimentell - sic!

    Diese Disziplin der angewandten Mathematik ist jedoch erheblich älter als 1955. Signifikantes Beispiel ist Richardson. Er führte als Soldat im 1. Weltkrieg eine numerische Wettervorhersage durch. Für die 6-stündige Vorhersage brauchte er 6 Wochen, und sie war wohl ziemlich daneben. Gleichwohl setzt seine Arbeit, festgehalten in seinem Buch aus 1922: "Weather Prediction by Numerical Process" einen Meilenstein der numerischen Mathematik. Entsprechend ist auch Richardson's Dream - "Perhaps some day in the dim future it will be possible to advance the computations faster than the weather advances and at a cost less than the saving to mankind due to the information gained. But that is a dream." - heute noch aktuell.

    Meine Quelle für diesen Brief ist im Internet dort abrufbar:
    http://mathsci.ucd.ie/~plynch/Dream/Dream.html.
    Stellungnahme der Redaktion

    Fermi, Pasta und Ulam haben zwar in der Tat klassische numerische Mathematik betrieben. Neu und für den Titel "experimentelle Mathematik" qualifizierend ist jedoch, dass die Ergebnisse der mathematischen Experimente zu mathematischen Aussagen führten, die über die schieren Zahlenwerte hinausgehen; in diesem Fall, dass es nichtlineare Systeme gibt, die auf die Dauer nicht ergodisch werden, das heißt einer Gleichverteilung der Energie auf alle Freiheitsgrade zustreben. Daraus erwuchs die ganze Theorie nichtlinearer integrabler Systeme.


    Es gibt übrigens experimentelle Mathematik außerhalb der Numerik. Gerhard Frey vom "Institut für experimentelle Mathematik" der Universität Essen findet durch Rechnungen, die von keiner Gleitkommazahl verunreinigt sind, zahlentheoretische Hypothesen, die dann mit anderen Mitteln zu beweisen sind (siehe seinen Artikel "Die ABC-Vermutung"). Näheres zur experimentellen Mathematik allgemein findet sich in meinem Artikel "Der Computer als Formelentdecker".


    Christoph Pöppe, Redaktion

  • Genaueres für das Carsharing, bitte!

    15.11.2010, Prof. Dr. W.K. Schomburg, Aachen
    Auch in der wissenschaftlichen Literatur werden allzuoft nur einseitig die Aspekte dargestellt, die für die von den Autoren vertretenen Thesen sprechen. Deshalb haben die ehrenamtlichen Gutachter oft viel zu tun, die Autoren dazu anzuhalten, ihre Areit in den Kontext anderer Veröffentlichungen zu stellen und die Grenzen der eigenen Untersuchungen deutlich zu machen.

    Bei Spektrum der Wissenschaft gibt es eine solche Kontrolle wohl nicht. Sonst würden wie im Artikel "Heilmittel gegen den Individualverkehr" nicht nur die Vorteile z.B. von Carsharing genannt, sondern auch deren Nachteile wie z.B. höhere Kosten pro Kilometer, umständlichere Handhabung, Umstellung auf einen jedes Mal neuen Autotyp usw. Die Autoren könnten auch wesentlich an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn sie ihre Behauptungen durch Zahlen begründen könnten. Wenn z.B. aus einer namentlich benannten wissenschaftlichen Untersuchung hervorgehen würde, wie viel Energieeinsparung durch Carsharing möglich ist und wie viel dies im Vergleich zum Gesamtenergieverbrauch ausmacht.

    In der vorliegenden Form ist der Artikel jedenfalls einer (populär-)wissenschaftlichen Veröffentlichung nicht wert, sondern nur populistische Meinungsmache. Ich habe beim Lesen nichts dazugelernt und ich glaube nicht, dass es anderen besser ergangen ist.
  • Wie alt wurde Goethe in Jahren, Monaten und Tagen?

    13.11.2010, Jörg Reck, Flörsheim-Dalsheim
    Mathematik-Unterricht in der 5. Klasse:
    Johann Wolfgang von Goethe
    Geboren: 28.08.1749
    Gestorben: 22.03.1832

    Wie alt ist er in Jahren, Monaten und Tagen ->
    a) 82 Jahre 6 Monate 22 Tage
    b) 82 Jahre 6 Monate 23 Tage
    c) 82 Jahre 6 Monate 25 Tage

    m.E. c) kann aber keine Quelle finden!
    Der Lehrer meint b)!!!!
    Stellungnahme der Redaktion

    Hallo Jörg,


    wenn man sich die Frage genau anschaut, ist die Antwort überraschend.


    Die Frage ist schlecht gestellt, denn es ist nicht klar, wie lang ein Monat sein soll. Darauf kommt es hier aber an.


    Dein Lehrer könnte argumentieren, dass es vom 28. 8. 1749 bis zum 28. 2. 1832 genau 82 Jahre und 6 Monate sind. Es ist plausibel zu behaupten, dass vom 28. eines Monats bis zum 28. des nächsten Monats genau ein Monat vergeht. Das Jahr 1832 war ein Schaltjahr, also blieben Goethe nach dem 28. 2. noch der 29. 2. plus 22 Märztage zu leben, das macht 82 Jahre, 6 Monate und 23 Tage.


    Du könntest dagegen argumentieren, dass ein ganzer Monat immer vom ersten bis zum letzten Tag des Monats zählt. Dann müsste man für Goethe die letzten vier Tage im August 1749 und die ersten 22 Tage im März 1832 verbuchen (plus die unstrittigen 82 Jahre und sechs Monate). Das wären 26 Tage. Aber bei Hotelübernachtungen zählt man An- und Abreisetag und bei der Verzinsung von Spargeldern Einzahlungs- und Auszahlungstag zusammen als einen Tag; entsprechend ist es auch vernünftig, Geburts- und Todestag als einen Tag zu zählen (Goethe hat ja auch an beiden Tagen nicht die vollen 24 Stunden verlebt). Damit wäre man bei Deinen 25 Tagen.


    Also: Das Schwierige an der Aufgabe ist nicht das Rechnen (das bisschen Subtrahieren werdet Ihr in der 5. Klasse ja wohl hinkriegen), sondern die Interpretation. Was ist nun die richtige Lösung?


    Antwort: Es kommt darauf an, wofür man sie braucht. Dem guten Herrn Goethe ist es auf dem Sterbebett mit ziemlicher Sicherheit herzlich egal gewesen, wie viele Tage er es über die 82,5 Jahre hinaus noch geschafft hat. Der Nachwelt sollte es auch egal sein. Die paar Tage machen für das, was Goethe uns bedeutet, keinen ernsthaften Unterschied aus. Also hat das Mathematikbuch eine Frage gestellt, deren Antwort einen unter keinen Umständen ernsthaft interessieren kann? Das kommt bei Schulbüchern leider häufig vor. Hier ist es noch schlimmer: Weil es keinen Kontext gibt, in dem die Antwort interessiert, kann man auch nicht vernünftig sagen, was die richtige Antwort ist.


    Kann man die Frage so umbiegen, dass sie nicht blödsinnig ist? Schwierig, aber ich kann's ja mal versuchen. Wie viele Zinstage berechnet man für eine Spareinlage vom 28. 8. 1749 bis zum 22. 3. 1832? Die Banken wählen Verfahren c) und setzen jeden ganzen Monat mit 30 Tagen an. (Denen ist diese Pipifaxzählerei nämlich auch zu blöde.) Oder: Wie viele Tage hat Goethe gelebt? Nicht dass das eine weltbewegende Bedeutung hätte, aber wenn man Geburts- und Todestag als einen Tag zählt, hat die Aufgabe wenigstens eine eindeutige Lösung. Die zu rechnen dauert auch eine Weile. (Hinweis: Jedes durch 4 teilbare Jahr während Goethes Lebenszeit ist ein Schaltjahr, mit Ausnahme
    von 1800.)


    Schönen Gruß an den Lehrer!


    Christoph Pöppe, Redaktion

  • Etwas spät?

    13.11.2010, Andreas Riekeberg
    Schade, dass Martin Ballaschk erst am 11.11., dem Schlusstag, und nicht schon früher seine Kritik an der Petition an dieser Stelle formuliert hat.

    Der Schlusssatz zeigt aber, dass er sich seinerseits mit dem Instrument der Petition nicht so gut auskennt. Dabei handelt es sich gerade nicht um ein Element direkter Demokratie, sondern lediglich um eine Petition an das Parlament, den Sachverhalt zu diskutieren - mithin um ein Element repräsentativer Demokratie.

  • Angemerkt: Die Fakten zum Heilpflanzenverbot

    12.11.2010, Barbara Schuhrk
    Einst galt das alte Wissen um Heilpflanzen als heilige Kunde, als Weisheit. Dann fiel es dem Feuer zum Opfer. Dem Hexenhammer folgte das Betäubungsmittelgesetz. Die Inquisition der Neuzeit verbot zahlreiche besonders wirkungsvolle Kräuter; andere wurden bereits zu Giftpflanzen, psychoaktiven Suchtmitteln oder Gefahrenpotenzial degradiert. Nun erreicht der Feldzug gegen die Heilpflanzen seinen aktuellen Höhepunkt: Ab dem 01. April 2011 soll innerhalb der EU eine Richtlinie umgesetzt werden, die der Vereinheitlichung des Zulassungsverfahrens für traditionelle, medizinisch genutzte Kräuterzubereitungen dienlich sein soll. Naturprodukte werden auf diesem Wege zu medizinischen Produkten und benötigen fortan eine Konzession. In allen EU-Staaten wird es danach verboten sein, Heilkräuter oder Pflanzen zu verkaufen, die keine Lizenz haben.
    Nicht einzig Omas’ wohlduftender Kamillentee, der blähungswidrige Säuglingsliebling Fenchel steht damit auf der Abschussliste - auch naturheilkundliche Berufszweige, Heilpraktiker, Alternativmediziner und Phytotherapeuten dürfen bangen. Anbieter von Naturprodukten müssen den gleichen aufwändigen und kostenträchtigen Prüfungsprozess durchlaufen, wie er für chemische Arzneien üblich ist - gleichzusetzen mit dem Ruin dieser Firmen. Die TCM als nicht-europäische Medizin wird ausgemerzt, die Komplementärmedizin in Frage gestellt, die freiheitliche Entscheidung des Menschen über seine eigene Gesundheit wird unterbunden, demokratisches Denken abgeschafft, die pharmazeutische Allmacht und Wirtschaft hingegen gestärkt. Eine Entwicklung, die abzusehen war - zumindest zu befürchten...

    Im vergangenen Jahr bezeichneten britische Abgeordnete Homöopathie als "Hexenwerk", vor wenigen Monaten schlug Karl Lauterbach, SPD, Obmann im Gesundheitsausschuss des Bundestags, vor, "den Krankenkassen schlicht zu verbieten, die Homöopathie zu bezahlen". Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), bezeichnet Homöopathie gar als "spekulatives, widerlegtes Konzept".

    Der Rundumschlag auf die Naturheilkunde zieht seine Kreise. Nur was in unserer materialistischen, reduktionistischen Welt beweisbar, patentiert und via Schutzmarke zu monopolisieren ist, scheint noch erwünscht. Neuerlich wird die Natur illegalisiert und dämonisiert. Doch wird dadurch nicht unsere Gesundheit geschützt, sondern vielmehr Umsatz wie Profit der Großkonzerne gesichert. Einzig ihnen wird die Macht obliegen, über unseren Körper, unsere Leiden und unsere Gesundung zu herrschen; einzig ihnen obliegt es zu bestimmen, welche Kräuter gewinnbringend vermarktet werden dürfen oder dem Untergang geweiht sind.

    Synthetisierung und Standard auf Kosten der Gesundheit?
    Betrachten wir die Historie der Nachtschattengewächse, umjubelte "Wunder-Pflanzen", die sodann verboten worden sind und jüngst die Gleichsetzung von Aztekensalbei (Salvia divinorum) mit Heroin, so ist das Prinzip offensichtlich: Heilpflanzen mit nicht erklärbaren Wirkungen werden verboten, dürfen einzig zu Forschungszwecken genutzt werden - auf dass Studien Wirtschaftlichkeit mit sich bringen mögen ...

    Synthetisisierte Pflanzen-, standardisierte Inhaltsstoffe aber bergen oftmals Nebenwirkungen, die das Gewächs an sich nicht in sich trägt: Meerträubel wird nachweislich seit 5000 Jahren in der chinesischen Medizin verwendet. Als Tee hilfreich bei Asthma, gegen Viren, als Dekokt bei Rheuma. Mexikanische Indianer rauchen Ephedra bei Migräne, die Mormonen, denen jede Droge, jedes Genussmittel verboten ist, trinken täglich mehrere Tassen des Aufgusses. Keiner spricht über Nebenwirkungen. In der Naturheilkunde wird der Tee wegen seiner bronchial-entspannenden Wirkung verordnet. Er bringt geschwollene Schleimhäute zum Abschwellen, wird somit auch bei Allergien, Heuschnupfen angewendet. 1887 wurde das Reinalkaloid Ephedrin isoliert, als standardisiertes Asthmamittel bejubelt. Dann aber wurde als Nebenwirkung eine drastische Erhöhung des Blutdrucks festgestellt. Ephedrin verlor an Beliebtheit, das Meerträubel galt plötzlich als gefährlich, ist nun verschreibungspflichtig. Und das, ohne folgendes zu beachten: Die ganze Pflanze beinhaltet noch sechs weitere Alkaloide, zahlreiche Begleitstoffe. Darunter befindet sich auch Pseudoephedrin - dieses senkt den Blutdruck ...
    Das Schlangenholz, Rauwolfia serpentina, findet im indischen Ayurveda und in der Volksmedizin seit mindestens 4000 Jahren Anwendung bei Stichen, Schlangenbissen, Nesselsucht, Fieber, Durchfall, hohem Blutdruck, Epilepsie, Schlaflosigkeit und vor allem Geisteskrankheit, die sich in Angst und Aggression zeigt. Mahatma Ghandi trank jeden Abend seine Tasse Rauwolfiatee, da es den Geist beruhigt, die Lebensenergie verbessert. 1952 isolierte der Chemiker Emil Schletter den Hauptwirkstoff, das Alkaloid Reserpin. Ein neues Wundermittel zur Blutdrucksenkung kam auf den Markt, doch bald häuften sich die alarmierende Berichte der Ärzte: Die Behandlung führte bei vielen Patienten zu manisch-depressiven Zuständen, vereinzelt auch zum Selbstmord. In den 70ern wurde nicht nur das Reinalkaloid unter Rezeptpflicht gestellt, sondern die gesamte pflanzliche Droge. Die Heilpflanze ist heute nicht mehr erhältlich. Aber: In der naturbelassenen, nicht isolierten Pflanzendroge befinden sich noch 160 verschiedene andere Alkaloide, Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Indische Mütter geben ihren Kleinkindern den Tee zu trinken ...
    Die Wirkung einer Heilpflanze ist nicht einzig an einem Bestandteil festzumachen, kann nicht auf einen wesentlichen Wirkstoff begrenzt werden. Gewiss - es ist marktgerechter, so zu agieren. Der gewünschte Effekt aber wird nur mit der Gesamtheit der Pflanze erzielt und oft weiß ein Wirkstoff die Nebenwirkung eines anderen zu mindern. Wie soll da eine Zulassung erstellt werden? Und - ist nicht auch eine Pflanze ein Wesen, welches nicht auf ihren Inhalt reduziert werden sollte, da sie kein Aufbewahrungsort für Substanzen ist, sondern - wie der Mensch - ein Ganzes? Nicht standardisierbar?

    Dämonisierung als Konzept?

    Salvia divinorum, eine uralte Heilpflanze Mexikos, ist am 15. Februar 2008 von der Bundesregierung verboten worden. Eine Pflanze der Götter, so die Mazateken. Eine gefährliche Droge, so der Bundesrat. Fakt aber ist, dass Salvia divinorum nicht hinlänglich erforscht worden ist, um diese Behauptung zu stützen. Und hinlänglich erforscht sehr viel Heilpotential zu bergen scheint ...
    Die Vorteile solch verteufelter Pflanzen werden vielfach verschwiegen: Aus Mohn wurde Opium, die Tollkirsche war nicht allein im ABC-Pflaster hilfreich - Atropin ist Hauptbestandteil der heutigen Augenheilkunde. Aus dem Teufelsblatt Coca wurde das Kokain isoliert, ein Wirkstoff, der die Lokalanästhesie revolutionierte; aus dem Teufelskaktus (Peyote) das Meskalin - die Modellpsychose der Psychiatrie ward erfunden. Das erste Antidepressivum (Harmin) entdeckte man dank der neuspanischen Inquisition im verbotenen Ayahuasca und auch der erste Betablocker fand sich erstaunlicherweise im diabolischen Zauberpilz Psilocybe mexicana: Psilocybin und Psilocin.
    Aktuell stellte man anhand einer Laborstudie der Universität Rostock fest, dass ein Inhaltsstoff der Cannabis-Pflanze die Ausbreitung von Krebs hemmt. Genauso wie vielerlei andere Pflanzen verteufelt wurden, aber synthetisch im Handel sind, ergeht es dem Hanf. Trotz stets aktueller Diskussionen ist kein Wandel in Sicht. Es stellt sich somit die Frage, ob bei dieser Handhabung tatsächlich das Wohlbefinden der Menschen im Vordergrund steht oder nicht doch eher wirtschaftliches Interesse. Denn die Liste ließe sich fortsetzen. Alle genannten Substanzen haben ihren Platz in der heutigen Pharmaindustrie, in der westlichen Medizin gefunden - und sind doch verboten, werden einzig durch medizinische und pharmazeutische Institutionen verwaltet!

    Der Weg zur absoluten Kontrolle?
    ... und nun folgt der nächste Streich: Die EU-Richtlinie THMPD (Traditional Herbal Medical Product Directive), deren Regelungen ab April 2011 in Kraft treten, wird für viele Nahrungsergänzungen und Naturheilmittel, die aus Kräutern zubereitet werden, das Aus bedeuten. Mit dieser Norm werden auch Behandlungen und Therapien der Alternativmedizin sehr stark eingeschränkt, da sie - unter anderem - sowohl für Frischpflanzenzubereitungen, Tinkturen, Öle, ätherische Öle, getrocknetes Kraut, Flechten, Algen und Pilze gilt.
    Die THMPD ist eine EU-Richtlinie zur Verwendung traditioneller und pflanzlicher medizinischer Produkte (Richtlinie 2004/24/EG) zugunsten der Vereinheitlichung des Zulassungsverfahrens für traditionelle Kräuterzubereitungen, die medizinisch eingesetzt werden. Naturheilmittel, Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel werden nun als medizinische Präparate deklariert, dürfen künftig nur noch auf den Markt gebracht werden, wenn sie die Zulassungsvoraussetzungen THMPD erfüllen.
    Die Kosten für Registrierungs- und Zulassungsverfahren sind immens, die zumeist klein- und mittelständischen Hersteller für Naturheilmittel vertreiben eine Vielzahl von Produkten mit geringer Gewinnspanne, während Pharmakonzerne geringe Herstellungskosten haben, immense Gewinne einfahren. Die Verhältnismäßigkeit fehlt - es droht der Ruin! Zudem fordert der HMPC-Ausschuss (Committee on Herbal Medicinal Products) sogenannte genotoxische Daten zu den einzelnen pflanzlichen Stoffen. Solche sind kaum vorhanden oder unzureichend. Ungeachtet der Tatsache, dass dieser unabhängige Ausschuss vornehmlich aus Pharmakologen besteht ...
    Bereits ab Oktober 2005 mussten erste Bestimmungen der THMPD von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden, ab April 2011 treten diese in vollem Umfang in Kraft: Alle Naturheilmittel die trotz Jahrhunderte langer traditioneller Anwendung nicht den - im Sinne der EU bestimmten - Anforderungen einer allgemeinen medizinischen Verwendung, einer anerkannten Wirksamkeit und eines akzeptablen Sicherheitsgrades entsprechen, dürfen nicht mehr hergestellt, vertrieben und angewendet werden.

    Standardisierte Traditionen?
    Ein traditionelles Arzneimittel wird nur dann zugelassen, wenn es ausschließlich in einer bestimmten Stärke und Dosierung verabreicht wird und einzig zur oralen, äußerlichen Anwendung oder Inhalation bestimmt ist. Es muss für eine Anwendung ohne ärztliche Überwachung „konzipiert“ und bestimmt, seit mindestens dreißig Jahren in medizinischer Verwendung sein, davon fünfzehn Jahre innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und sich zudem als unschädlich wie plausibel erwiesen haben. Zudem müssen die Kriterien zum Nachweis von "Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit" gemäß des Registrierungssystems für traditionelle Arzneimittel der Richtlinie THMPD 2004/24 erfüllt werden. Dafür muss der staatliche! Antragsteller alle Qualitätsanforderungen der Richtlinie 2001/83 EC für lizenzierte Arzneimittel erbringen. Es wird eine Einhaltung des GMP-Standards (Good Manufacturing Practice) sowie eine Hersteller-, Großhändler- oder Importlizenz für Großhändler verlangt. Inhabern dieser muss eine qualifizierte Person (QP) zur Verfügung stehen. Hinzu kommen bibliographische Angaben zu den Sicherheitsdaten sowie ein Sachverständigenbericht. Die Präparate und deren zuvor festgelegte Indikationen müssen für den rezeptfreien Verkauf geeignet sein. Die Indikationen werden dabei auf jene begrenzt, die für traditionelle Pflanzenpräparate zum Gebrauch ohne ärztlichen Rat oder ärztliche Überwachung geeignet sind. Der geforderte Nachweis über die medizinische Wirksamkeit beruht auf der langjährigen Anwendung, der 15-Jahre-Regelung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.

    Im Klartext heißt das, dass die ältesten medizinischen Traditionen der Welt (Ayurveda, Traditionelle Chinesische Medizin) benachteiligt und ausgeschlossen werden, da deren Pflanzenzubereitungen nicht langjährig in Europa Verwendung fanden, die Pharmaindustrie-geprägten Kontrollbehörden zudem davon ausgehen, dass die Standards außerhalb Europas geringer sind. Hinzu kommt, dass sich die Richtlinien auf die Nutzung einer Einzelpflanze oder spezifischen Kombination stützen, andere sinnvolle und heilsame, auch wissenschaftlich belegte Zusammensetzungen verhindert werden. Zudem stellt die THMPD identische Anforderungen an die Herstellung, wie für chemische Arzneimittel - Reinheits- Stabilitäts- und Genotoxizitätskriterien, die auf pflanzlicher Basis und in deren Komplexität gar nicht umsetzbar sind, deren Daten nicht erfasst sind und deren eventuelle Erhebung enorme Kosten mit sich bringt. Die traditionellen Naturheilmittel werden nur dann zugelassen, wenn sie für die Behandlung von geringen Beschwerden angemeldet werden. Eine Kräutermischung, die beispielsweise bei Krebs helfen könnte, wird somit grundsätzlich nicht zugelassen. Zu guter Letzt trägt der Endverbraucher die hohen Kosten, sollte sich ein Naturheilmittelhersteller tatsächlich den Registrierungs- und Zulassungsverfahren stellen können.

    Medizin aus der Natur und naturheilkundliche Alternativen sind der Pharmaindustrie schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Heilpflanzen sind natürlich und heilsam. Korrekt angewandt haben sie keine oder nur geringe, unbedenkliche Nebenwirkungen. Jeder Mensch kann sie frei verwenden. Sie lassen sich nicht patentieren. Synthetisiert bergen sie oftmals nicht die gleiche Heilwirkung, wie das natürliche Pendant (vgl. Cannabis versus Dronabinol). Die Pharmaindustrie kann somit mit Heilpflanzen keinen Gewinn optimieren - und zu allem Überfluss geht der Trend der vergangenen Jahre in Richtung Naturheilkunde und sanfter Medizin. Eine bedrohliche Beliebtheit. Eine lästige Konkurrenz, die reglementiert und ausgeschaltet werden sollte. Somit ist das Verbot von Heilpflanzen nahezu unabdingbar, sollte ihr medizinischer Gebrauch strafbar gemacht werden ...

    Hoffnung für die Naturheilkunde?
    Der Hilferuf aus dem Pflanzenreich stieß nicht auf taube Ohren: Bis zum 11. November 2010 war es möglich, auf der Internetseite des Bundestages eine Petition im Bereich Arzneimittelwesen mitzuzeichnen: Keine Umsetzung des EU-Verkaufsverbotes für Heilpflanzen. Der Bundestag möge beschließen, dass das Verkaufsverbot von Heilpflanzen in Deutschland nicht greife. 50 000 Mitzeichner waren vonnöten, damit der Bundestag sich der Petition widmen möge. Am 10. November waren es 96737 Unterschriften.

    Einst galten Pflanzen als Heilmittel. Im Mittelpunkt stand der Mensch, nicht der Verdienst. Jahrtausende alte Traditionen werden durch neue Richtlinien in Frage gestellt. Heilpflanzen werden illegalisiert, Kranke auf den Weg in die Kriminalität, Heiler in die Grauzonen getrieben. Vermag die Natur, die weitaus länger existiert als Bundestag und Europäische Union illegal zu sein? Benötigt das, was sie seit Urzeiten zum Wohle des Menschen hervorbringt eine Zulassung? Gebührt es dem Menschen tatsächlich, derart vermessen zu sein?

    Wird die EU-Richtlinie umgesetzt, dürfen wir in Kürze das Verbot von Löwenzahn und Holunderbeeren erwarten und Salbei im Supermarkt nicht mehr erwerben, da er unter anderem bei Zahnerkrankungen indiziert ist. Der nächste Schritt wäre die Geburtenkontrolle, auf dass auch wir zertifiziert werden. Genormt sind wir ja bereits nahezu ...
  • Bizarre Darstellungen

    12.11.2010, Barbara Schuhrk
    Werter Herr Ballaksch.

    Nachdem ich Ihren Beitrag las, war ich sehr irritiert, schrieb ich doch erst vor wenigen Tagen zu eben genau diesem Thema einen Artikel für ein komplementärmedizinisches Fachmagazin.
    Wie überflüssig war diese Arbeit, hätten Sie Recht. Haben Sie aber leider nicht - obschon ich Ihre Haltung als frischgebackener Biologe und Verfechter der Meinung "Alternativmedizin ist keine Medizin" natürlich nachvollziehen kann.
    Grundsätzlich ist eine Petition nie überflüssig, erinnert sie doch die Mächtigen daran, dass es immernoch ein paar wenige gibt, die ihnen auf die Finger schauen.
    Tatsächlich ist der empörte Tenor korrekt. Tatsächlich sollen Pflanzen illegalisiert werden. Und tatsächlich ist Teil eins dieser Verordnugn schon 2005 umgesetzt worden. Der andere Teil - auch diese EU-Richtlinie bezgl des Verbotes von Heilpflanzen hingegen werden erst ab dem 1.4.2011 greifen. Mitnichten ein alter Hut!
    Ihre sogenannte "Vereinfachung" und "Verbesserung" birgt in erster Linie nur eins: Nur europäische Heilpflanzen, die über dreissig Jahre genutzt werden, dürfen als solche verwendet werden. Adieu TCM, Ayurveda etc...! Diese Heilpflanzen müssen Prozesse durchlaufen, die natürliche!!! Stoffe im gegensatz zu synthetischen nicht durchlaufen könne. Daten, genetisches - ganz davon abgesehen, dass jede Pflanze - wie jedes Lebewesen, Grundkurs Biologie - ein Individuum ist. Somit unterschiedliche Inhaltsstoffe birgt. Zudem beinhaltet diese vermeintliche Vereinfachung, dass die Pharmainstitutionen allmächtiger werden. Denn kleine Firmen, Hersteller von Naturheilmitteln können sich Zulassungen, Prüfungen etc nicht leisten.
    Es sind somit nicht "nur" Fertigarzneimittel, die betroffen sind, es sind auch chinesische Mittel, ätherische Öle, Tinkturen, Ur-Tinkturen... getrocknete Kräuter! Loser Tee könnte ebenfalls zukünftig nur noch beim Dealer auf dem Bahnhofsvorplatz zu erwerben sein. Vereinfachung???
    Eine sehr bizarre und sehr vereinfachte Darstellung, ihr Koemmentar. Hier wäre eine Verbesserung - nicht nur der Recherchen - durchaus willkommen.


  • Bizarre Entscheidungen

    12.11.2010, Michael Kühnapfel
    Sehr geehrter Herr Ballaschk,

    die Petition ist tatsächlich einigermaßen absurd. Allerdings ist die Kuschelnatur-Vorstellung weit verbreitet und gerade auch bei Ärzten zu finden. Meine Ärztin meinte einmal, ich könne ein Medikament ohne Bedenken nehmen, es sei "rein pflanzlich". Ich gebe zu, meine Einlassung, dass gegen manche Pflanzen Saddam Hussein ein Chorknabe sei, war etwas wüst, brachte mir auch außer einem konsternierten Blick nichts ein. Das Bewusstsein, dass "natürliche" Inhaltsstoffe genauso einer Kontrolle unterliegen müssen wie künstliche, scheint also auch bei Fachleuten wenig entwickelt.

    Warum unterschrieben aber Menschen solch eine kuriose Petition? Wohl kaum, weil sie nicht demokratiereif sind - sondern eher, weil Sie in den letzten Jahrzehnten bizarre politische Entscheidungen gewöhnt sind - und weil eine unsachliche mediale Berichterstattung, die Meinung für Fakten ausgibt, zum Alltag gehört. Sei es im Familien-, im Gender-, im Bildungs-, im Sozialbereich, man macht seit Jahrzehnten die Erfahrung völlig absurder, wirklichkeitsfremder Politik und einer fakten- und rechercheresistenten Presseberichterstattung. Die Medienreflexe der Menschen springen sofort an bei Formulierungen wie "Lobby der Pharmaindustrie". Das Schlimme ist also nicht, dass viele Bürger solche Petitionen unterzeichnen, sondern dass sie diese Politik bzw. Gesetzgebung für möglich halten.
  • Warum so bescheiden?

    09.11.2010, Dr. Karl-Heinz Klär
    Wie wäre es mit Kernkraftfeuerzeugen? Oder wenigstens atomgetriebenen Autos?

    Im Ernst, diese grotesken Technikhubereien gab es alle schon mal in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals verband sich damit eine Verheißung: Es bricht an eine Zeit nie gesehenen Wohlstands für die "nivellierte Mittelstandgesellschaft" im goldenen Atomzeitalter...

    Angesichts der Wiederkehr kann ich nur sagen: dann doch lieber eine neue Runde "innovativer Finanzprodukte"...
  • Die Masse birgt die Gefahr

    09.11.2010, Dr Kurt Schütz
    Um eine wirksame CO2-Reduktion zu erreichen müssten täglich an die 50 Millionen Tonnen davon gebunden werden. Eine Zahl, die sich leicht ausspricht, aber wie soll denn das mit den Mitteln der organischen Chemie bewerkstelligt werden??
  • Titel Ihres Leserbriefes

    09.11.2010, Charly Nickel, Porto Alegre RS Brasilien
    Kernkraft ist ebenfalls eine nichterneuerbare Energiequelle, produziert genau so viel CO2 wie ein Gaskraftwerk, denn Uran wird mit einem ungeheuerlichen Aufwand und fossiler Energie abgebaut und konditioniert, zudem werden ganze Landstriche auf immer und ewig verschandelt und verseucht. Kernkraftwerke sind so unberechenbar, dass keine Versicherung sie versichert. Es gibt keine Möglichkeit, den radioaktiven Abfall irgendwie halbwegs sicher zu lagern. Was soll mit den ausgedienten Anlagen geschehen? Und wenn in Deutschland schon so vieles falsch läuft, wie wird es dann erst in den Entwicklungsländern zugehen?
  • Mal eine Frage

    08.11.2010, Olaf Schlüter, Baldham
    Ist schon lange her, dass ich mich mit Physik beschäftigt habe. Dunkel erinnere ich mich noch, dass die Energiedichte eines elektromagnetischen Strahlungsfeldes gar nicht frequenzabhängig ist. Aus der Energiebeziehung der Photonen jedenfalls darf man das nicht schließen. Ein elektromagnetisches Feld mit niedrigerer Frequenz gibt seine Energie lediglich in kleineren Portionen ab.

    Deswegen war ich beim Lesen des Artikels sehr verwundert. Ist die Autorin jetzt sehr viel schlauer als ich (wahrscheinlich) oder hat sie sich in der dualen Natur elektromagnetischer Wellen verzettelt?
  • Elektrotaxis in China

    08.11.2010, Dr. Ralf Metzner, Schanghai
    Der Wirkungsgrad von Batterien, Lade- und Entladevorgang sowie der von Invertern - Wandlern zwischen Gleich- und Wechselstrom - darf auch nicht vernachlaessigt werden. Ebensowenig wie die Stromtransportverluste durch Leitungen.
    Batteriegespeiste Elektrofahrzeuge machen eigentlich nur Sinn, wenn der Ladestrom hauptsaechlich aus Solar- und Windenergie stammt und nachts bei Stromueberangebot aus Nuklearkraftwerken (was vielen Deutschen ja nicht passt).

    Interessanterweise laufen gerade in China Pilotversuche mit hunderten Elektrotaxis UND ein Initialprogramm mit 10.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Shenzhen, die übrigens vornehmlich über Solaranlagen vor Ort und Windanlagen in der Umgebung gespeist werden sollen.

    Vorreiter ist BYD, ein chinesischer Autohersteller und zugleich einer der größten Akkuhersteller der Welt.
  • Rotverschiebung: Doppler oder Expansion?

    08.11.2010, Peter Wüst, Überlingen
    Richtig ist, dass der Betrag der kosmologischen Rotverschiebung (z), einmal gedeutet unter Zugrundelegung des Dopplereffektes (Bewegung im statischen Raum), das andere Mal gedeutet unter Zugrundelegung der Expansion des Universums für kleine Werte der Rotverschiebung sich numerisch nur unwesentlich unterscheidet.
    Für größere Werte von z gilt das nicht mehr. Für welche der beiden Vorgehensweisen man sich entscheiden sollte, siehe auch der Leserbrief von Wolfgang Illig.
    Was mich noch gestört hat war die Grafik auf Seite 29 "Galaktische Rotverschiebung als Dopplereffekt". Die Darstellung des Sachverhaltes in einem Raumzeitdiagramm, mit der Trajektorie der Galaxie, die das Licht zu uns zurückgeschickt hat, mit der Trajektorie des Beobachters und der des Photons (Rückblicklichtkegel) ist wirklich die hierfür passende Darstellung.
    Man muss sich allerdings entscheiden, aus welcher Perspektive man die Verhältnisse zeigt. Nicht nur aus didaktischen Gründen ist es empfohlen, dazu die Perspektive des Beobachters einzunehmen. Dann aber ist die Zeitachse des Raumzeitdiagramms identisch mit der Trajektorie des Beobachters, steht senkrecht auf der "Raumebene". Und die Geschwindigkeit des Beobachters in der Raumzeit ist dann gleich NULL!
    Mit Verlaub, ich werde mich nicht wieder mit Doppler als Erklärungsmodell für die kosmologische Rotverschiebung anfreunden, auch nicht mit der im Artikel darauf sich gründenden Erklärung dafür, dass im expandierenden Universum keine Energie verloren geht.
  • Antwort an Reiner Vogels

    08.11.2010, Prof. Dr. Uwe Hillebrand
    Immer wieder muss man feststellen, dass gläubige Menschen in Bezug auf ihre Religion den Sinn ihrer Worte gar nicht verstehen, auch wenn sie sonst durchaus intelligent argumentieren wie Reiner Vogels in seinem Leserbrief. Was ist denn seine Religion, sein Glaube? Wo ist denn der Beweis, dass es seinen Gott gibt? Ein Gott, sagen die Kirchenleute und auch Herr Vogels, der sich auf drei Personen aufteilen soll. Ob ihm das überhaupt recht ist? Die Kirchenleute haben auch ein Fegefeuer eingerichtet, allerdings ohne ihren Gott zu fragen. Vielleicht möchte der gar keins haben? Die Protestanten wollen jedenfalls keins haben. Und es könnte pausenlos so weitergehen, alles einfache und logische Fragen, die sich ein Gläubiger nie stellt.

    Ein Atheist weiß genauso viel oder besser gesagt genauso wenig wie ein Gläubiger. Während der aber alles, was ihm die Kirchenleute erzählen, bedenkenlos nachplappert, ist sich der Atheist völlig klar darüber, dass er über die Entstehung des Seins absolut nichts weiß. Und das sagt er auch. Wir können zwar, was das Universum anbelangt, inzwischen bis zum Urknall zurückgehen, den Johannes Paul II. 1996 zähneknirschend und überfällig anerkannt hat und damit in Sachen Paradies - in meiner Kindheit die unumstößliche göttliche Wahrheit, das sagte auch Pius XII. 1950 - der Lüge überführt worden ist, aber was vorher war, wissen wir nicht. Das mag zwar frustrierend sein, aber es ist ein Faktum. Radio Vatikan weiß schon, was vorher war, nämlich eine göttliche Masse. Wir sehen, der Blödsinn geht weiter.

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