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Die funktionelle Gliederung des Gehirns ergibt Areale, Kerne, funktionelle Zentren usw. Aber schon das Greifen eines Apfels (und dies ist eine Funktion) durchläuft fast das gesamte Gehirn auf bestimmten Bahnen, bestehend aus Ketten verbundener Neuronen. Jede Aktivität, jede Steuerung ist eben nicht auf bestimmte, strukturell eingrenzbare Zentren begrenzt. Warum nicht konsequent diese Ketten als funktionelles Teil begreifen? Man weiß doch, jede Funktion wird durch diese Ketten und nicht durch strukturell abgrenzbare Kerne realisiert. Also wird hier logisch formuliert: Funktion wird in den Ketten verbundener Neuronen und nicht in abgrenzbaren Hirnteilen realisiert. Was ist bei dieser Art Gliederung anders?
1. Diese Gliederung ist neu und abweichend von bisheriger funktioneller Gliederung.
2. Bisher bestanden die funktionellen Teile aus einem Geflecht von Neuronen und Gliazellen (Nervengewebe). Jetzt aber sind die Gliazellen außerhalb. Oder besser formuliert: Die Funktion wird in Ketten verbundener Neuronen realisiert, die Glia begleitet diese Ketten (Schwann'sche Zellen) oder verbindet unterschiedliche Ketten (Astrozyten).
3. Bei bisheriger Gliederung ist die bauliche Substanz festgelegt. Dies erleichtert die bildliche Vorstellung. Bei der Gliederung in die Ketten verbundener Neurone ist unklar, welche konkreten Zellen oder Zellteile beteiligt sind.
4. Die Anzahl an Ketten mit all ihrer Diver- und Konvergenz ist nahezu unendlich. Mit den derzeitig technischen Möglichkeiten sind der Verlauf der über Synapsen verbundenen Neuronen nur grob eingrenzbar.
5. Allgemein gilt: Die benötigte Funktion fordert geeignetes Material, welches die Funktion effektiv realisiert. D.h. die Funktion bestimmt die Struktur. Wenn die Ketten die Funktionen realisieren, so prägen diese Ketten die Struktur des Gehirns. Der Erfolg der Ketten festigt die synaptischen Verbindungen, formt die Neuronen und letztlich die Größe der Hirnteile.
Was hindert, das Gehirn funktionell in diese Ketten zu gliedern? Antwort: Dies ist geschichtlich bedingt. Im Gegensatz zu einer Maschine ist der funktionelle Bauplan vorab nicht bekannt. Aufwendig wurde Stück für Stück die Struktur ermittelt. Und diese historisch geprägte Befangenheit generiert die Einsicht: "Das Geheimnis des Funktionierens scheint im Zusammenspiel aller Bestandteile verborgen zu sein." Wie schon oben erwähnt: Die Ketten aus verbundenen Neuronen sind das funktionelle Teil. Zwischen funktionellen Teilen bestehen Abhängigkeiten, nicht zwischen strukturellen Bauteilen. Alles schon bekannt und simpel oder? Höchste Zeit zum Umdenken.
28.11.2007, Dr. Dipl.-Psych. Alexander Tewes, Lüneburg
zunächst einmal möchte ich mich für fünf Jahre großartigen Journalismus bedanken. Ich bin seit Beginn Abonnent Ihrer Zeitung und werde es auch bleiben.
Kommen wir zum obligatorischen Aber: Gelegentlich erscheinen Artikel, die meines Erachtens nach nicht gänzlich unkommentiert bleiben dürfen. Dies ist normal. Als zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit wären da der Artikel "Die anderen Umstände" und "Die eigenen Ideale leben" zu nennen.
Zum Ersten: Psychoanalytische Herangehensweisen bieten immer wieder interessante, vor allem auch literarisch reizvolle Erklärungsmuster komplexer Sachverhalte. Wie immer, wenn nicht schulenübergreifend kommentiert wird, bieten sie jedoch durchaus diskutable Schlussfolgerungen. Im vorliegenden Artikel werden sämtliche Vorurteile, die man gegen die klassische analytische Sichtweise der Störungsbildgenese hat, leider bestätigt. Verkürzt gesagt: Mutti ist immer schuld. Dieser Artikel ist in seiner unkommentierten, so abgedruckten Form ein Affront gegen jede Mutter.
Zum Zweiten: Das Ressort "Besser denken" bietet mal gelungeneren, mal eher flachen Lebensrat. Dieses Mal jedoch bietet der Autor leider lediglich Kaffeesatzpsychologie nach dem Motto "Ein Gedanke ohne Emotion besitzt keine eigene Kraft." (S. 72). Bemerkenswert auch die Aussage, dass mein Gehirn einen Tag braucht, "um neue Denkspuren zu legen". Wie lange braucht es wohl, um ungewollte wieder zu löschen?
Mein Vorschlag, da auch solche Artikel weiterhin ihren Platz finden sollten, wäre eine Art "journalistischer Dialektik", wie sie zum Beispiel in der Wochenzeitung "Die Zeit" häufig verwendet wird: In ausgewählten Fällen sollten die Kommentare eventuell nicht ausschließlich dem Leser überlassen werden. Kleine "Gegenstellungnahmen" könnten in Kurzkommentaren im selben oder folgenden Heft ein differenzierteres Bild der Sachlage schaffen.
28.11.2007, Dr. Dipl.-Psych. Alexander Tewes, Lüneburg
zunächst einmal möchte ich mich für fünf Jahre großartigen Journalismus bedanken. Ich bin seit Beginn Abonnent Ihrer Zeitung und werde es auch bleiben.
Kommen wir zum obligatorischen Aber: Gelegentlich erscheinen Artikel, die meines Erachtens nach nicht gänzlich unkommentiert bleiben dürfen. Dies ist normal. Als zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit wären da der Artikel "Mutter(un)glück" und "Die eigenen Ideale leben" zu nennen.
Zum Ersten: Psychoanalytische Herangehensweisen bieten immer wieder interessante, vor allem auch literarisch reizvolle Erklärungsmuster komplexer Sachverhalte. Wie immer, wenn nicht schulenübergreifend kommentiert wird, bieten sie jedoch durchaus diskutable Schlussfolgerungen. Im vorliegenden Artikel werden sämtliche Vorurteile, die man gegen die klassische analytische Sichtweise der Störungsbildgenese hat, leider bestätigt. Verkürzt gesagt: Mutti ist immer schuld. Dieser Artikel ist in seiner unkommentierten, so abgedruckten Form ein Affront gegen jede Mutter.
Zum Zweiten: Das Ressort "Besser denken" bietet mal gelungeneren, mal eher flachen Lebensrat. Dieses Mal jedoch bietet der Autor leider lediglich Kaffeesatzpsychologie nach dem Motto "Ein Gedanke ohne Emotion besitzt keine eigene Kraft." (S. 72). Bemerkenswert auch die Aussage, dass mein Gehirn einen Tag braucht, "um neue Denkspuren zu legen". Wie lange braucht es wohl, um ungewollte wieder zu löschen?
Mein Vorschlag, da auch solche Artikel weiterhin ihren Platz finden sollten, wäre eine Art "journalistischer Dialektik", wie sie zum Beispiel in der Wochenzeitung "Die Zeit" häufig verwendet wird: In ausgewählten Fällen sollten die Kommentare eventuell nicht ausschließlich dem Leser überlassen werden. Kleine "Gegenstellungnahmen" könnten in Kurzkommentaren im selben oder folgenden Heft ein differenzierteres Bild der Sachlage schaffen.
Das ist natürlich nicht so einfach. Was ist eine schwere Missbildung?
Der Pädiater, der mir gerade über den Weg lief, sagte, dass nur die Anzahl der Lebendgeborenen mit schweren (behandlungsbedürfigen) Herzmissbildungen schon im hohen Promille- bis niedrigen Prozentbereich läge. Also geben wir mal allen Missbildungen zusammen (vorsichtig): zwei Prozent.
Wenn ich mich auf Basis der Weltbevölkerung (6,7 Milliarden) und der Geburten/Köpfe/Jahr (20/1000/Jahr) nicht verrechnet habe (was vorkommt, ich habe keinerlei Sinn für Zahlen), dann sind das in der Tat ein wenig über 3000/Stunde.
Ich habe einmal gelesen, dass weltweit rund 7000 Säuglinge pro Stunde mit schweren Missbildungen geboren werden. Gibt es darüber genaue Zahlen bzw. Untersuchungen?
Für eine Beantwortung wäre ich Ihnen sehr dankbar.
(Einige Vorbemerkungen: Der Titel "Jenseits des Dualismus" ist zweifelhaft: Aus dem Diagramm geht hervor, dass fast 50% der befragten Forscher einen dualistischen Standpunkt vertreten: Der Interaktionismus ist eindeutig eine dualistische Auffassung. Ebenso zweifelhaft ist es die Descart'sche Konzeption des Geistes als Parallelismus zu bezeichnen.)
Das wirklich Interessante an dem Artikel ist, dass er verdeutlicht welch großer Beliebtheit sich der Kompatibilismus erfreut. Allzu erstaunlich ist das nicht: Der Kompatibilismus ist eine naturalistische Position mit "Kuschelfaktor": Das Menschliche wird nicht vollständig an die Welt "ausgeliefert", die Rede von lebensweltlichen Zusammenhängen nicht als sinnlos verworfen.
Aber das eigentliche - auch strafrechtlich relevante - Problem kann nicht weggekuschelt werden: Wenn im Kompatibilismus von Freiheit die Rede ist, dann ist die Rede von einer Freiheit bei der "die Welt Regie führt". Es ist eine "Freiheit" die eigentlich "Unfreiheit" ist: Die "Freiheit" (und Verantwortlichkeit) ist ein "Subtext im Buch der Welt". Die Zwangsläufigkeit (d.h. Zwangsläufig für den Menschen, unabhängig davon ob die Welt deterministisch oder probabilistisch verfasst ist) allen Geschehens kann auch der Kompatibilismus nicht in Frage stellen: Gedanken und Taten sind letztendlich Ausdruck eines "anonymen Weltgeschehens". Er (der Mensch) kann vielleicht zwischen verschiedenen Handlungsoptionen wählen, allerdings erfolgt der Auswahlvorgang genauso zwangsläufig wie alles andere Naturgeschehen. Man wählt nicht aus, eher wird man ausgewählt. Der Mensch als kleines Stück Welt kann der Welt nicht "entkommen" und bleibt verstrickt in deren Zusammenhang.
(Das ist auch gut so, denn eine "Freiheit" die nicht in etwas eingebunden und damit "festgelegt" ist, trägt alle Züge der Zufälligkeit; der Liberianismus stellt auch nur eine Problemverlagerung dar. Das Problem wird nicht in der Welt, sondern im Subjekt verortet. Aber auch hier müsste eine Art Mechanismus angegeben werden, der die Person zwangsläufig zu ihren Gedanken und Handlungen kommen lässt. Wenn nicht, besteht die Alternative in der Annahme, dass Gedanken und Handlungen quasi aus dem Nichts herbeigezaubert werden, was zu einer totalen Zufälligkeit führt. Zurechenbarkeit gibt es nur zum Preis der Zwangsläufigkeit. Die Idee einer Freiheit die auch noch einer Person zurechenbar bleibt ist nicht einmal konsistent formulierbar. Auch der Liberianismus kommt letztendlich zur Einsicht in die "Selbstentzogenheit" des Menschen.)
Da der Begriff "Schuld" immer den Vorwurf beinhaltet, jemand hätte auch anders handeln können, als er tatsächlich gehandelt hat, ist er angesichts der Realität sinnlos. Auch ein "pragmatisch-sozialer" Schuldbegriff (siehe Gehirn&Geist Nr.5/2006: "Reparaturanstalt für verletzte Normen") kann nicht überzeugen. Einem Täter vorzuwerfen, dass ein Anderer, der unter ähnlichen Umständen aufgewachsen ist, an die Stelle des Täters gesetzt, die Straftat nicht begangen hätte, ist ungefähr genauso sinnvoll, wie Jemandem zum Vorwurf zu machen, dass er an einer Krankheit gestorben ist, während andere mit ähnlicher Erkrankung genesen sind.
Es wäre nicht unangemessen, den Schuldbegriff aus dem Strafrecht zu eliminieren.
Nach so langer Zeit wiedergelesen stößt noch mehr auf als früher, wie "flott" der Artikel vor Jahren geschrieben wurde: So gut wie nichts von dem, worauf es darin ankommt, ist eindeutig und unmissverständlich formuliert. Wie es scheint, haben allerdings schon die genannten Wissenschaftler mit all den unklaren Begriffen hantiert, die in ihm vorkommen. Dem Autor wäre dann allenfalls anzulasten, dass seine Angaben zu den vorgestellten Untersuchungen ähnlich vage sind und in einem Detail - wenn es schon erwähnt wird - vielleicht sogar zu korrigieren: Binden die dabei verwendeten "Tracer" nicht an Blut- statt wie angegeben an Hirnzellen? Doch es gibt Wichtigeres.
Unklar bleibt in dem Artikel schon, wie gebetet wurde. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Meditieren wird der mitdenkende Leser am ehesten ein "stilles" Beten oder "Kontemplieren" annehmen (müssen). Dass auch keine weiteren, für die Deutung der Ergebnisse der Untersuchungen evtl. wichtige oder auch nur in Betracht gezogene Details dieses Betens genannt werden, dürfte zu verschmerzen sein.
Gravierender erscheint dagegen, dass auch die Methoden, die von den untersuchten Meditierern angewendet wurden, nicht charakterisiert wurden; denn buddhistische Meditationen sind ausgesprochen differenziert und können selbst dann bemerkenswert unterschiedlich sein, wenn sie nur in gewöhnlichen Konzentrationsleistungen bestehen, auf die der Autor als einzige anspielt. (Während der Volksmund eher von "hoher Konzentration" redet, hält er es durchgehend mit z.T. größter Tiefe. Wenn er allerdings von "tiefer Konzentration" schreibt, nachdem er zuvor von "tiefster Versenkung" gesprochen hat, bringt er Meditieren in die Nähe von Versenkungszuständen wie Trance oder Hypnose oder solchen eher volkstümlicher Art wie Dösen und Tagträumen; zumindest buddhistische Meditationen haben mit all dem jedoch nicht das Geringste zu tun.)
Die wahrscheinlich bekannteste, weil "einfachste" buddhistische Meditation, das stille "Beobachten des Ein- und Ausatmens" (Anapanasati) zur Entwicklung von konzentrierter "Geistesruhe" (Shamatha), besteht beispielsweise in einem konstanten aufmerksamen Registrieren der Körperempfindungen beim Atmen und damit in reinem Wahrnehmen. Das soll nicht nur ein Abgleiten in beliebiges Phantasieren und erst recht in meist tranceartiges Tagträumen vermeiden; vielmehr ist diese geistige Übung in erster Linie gezielt auf die "Ausschaltung" gewöhnlichen Denkens wie z.B. des gewohnheitsmäßigen "inneren Mitredens", also ständigen Mitdenkens und Selbstkommentierens gerichtet. Es ist dann trivial, dass im dafür "zuständigen" präfrontalen Cortex unseres "Denkorgans" andere neuronale Aktivitäten als gewöhnlich festzustellen sind.
Auf ihrem "Trip ins Nirvana", wie der Autor phantasievoll formuliert oder eher fabuliert, könnten die Probanden allerdings auch etwas anderes gemacht haben. Als erfahrene Meditierer haben sie sich möglicherweise auf aktiv selbstgebildete und aufrecht erhaltenen visuelle Vorstellungen konzentriert. Seit mehr als zweitausend Jahre und damit lange vor Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten Psychotherapie werden derartige "Visualisierungen" nämlich in der buddhistischen "Geistesschulung" bewusst und gezielt zur Selbstbeeinflussung und hier vor allem zur Entwicklung und Übung der Fähigkeit der Steuerung von solchen Reaktionen genutzt (z.B. bei der Entwicklung von "Metta": Liebe und Mitgefühl), die wie emotionale Reaktionen "von Natur aus" reflexhaft aufkommen und "ablaufen" .
Das bloße Registrieren von Körperwahrnehmungen ist eine derart andere Tätigkeit als die aktive Bildung und Aufrechterhaltung von Vorstellungen, dass dabei neurophysiologisch erhobene Daten über Aktivitätsverteilung und -veränderungen im Gehirn noch deutlichere Unterschiede zeigen müssten. Nur geht aus dem Artikel nirgends hervor, womit die Untersucher ihre Befunde "korreliert", also worauf sie diese bezogen haben, so wenig wie erwähnt wird, ob es bei den Untersuchungen etwa nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte psychologische Explorationen der Probanden gegeben hat. (Im Gegenteil lesen sich die zitierten Aussagen, als seien die Meditierer und Beterinnen lediglich darum gebeten worden, ihr "inneres Erleben" und damit psychologisch gesehen weiter nichts als ihre Selbstwahrnehmungen aus ihrem persönlichen und damit subjektiven Selbstverständnis heraus sprachlich darzustellen. Selbst dieses wurde aber offenbar nicht differenziert oder gar kritisch hinterfragt und diskutiert, wie es ein wissenschaftliches Vorgehen erfordern würde.)
Das Fehlen genauer Angaben ist besonders deswegen misslich, weil es eine buddhistische Meditationsmethode von ganz Art gibt. Als überhaupt wichtigste und zentrale buddhistische Geistesübung könnte sie von den, wie eigens hervorgehoben wird, damit "vertrauten" Meditierern jedoch auch angewendet worden sein: die sog. Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation (Vipassana).
Bei dieser Meditationsweise wird Aufmerksamkeit im Gegensatz zu den zuvor genannten nicht wie üblich "konzentriert" und gezielt auf ein Erlebensdetail oder einen geistigen bzw. gefühlsmäßigen ("seelischen") Vorgang gerichtet sowie willentlich eine Zeit lang darauf fokussiert. Diese Beschränkung wird im Gegenteil zusammen mit der dabei nötigen Konzentrationsleistung vollständig aufzugeben geübt, man könnte auch sagen: aufgelöst, los- oder sein "gelassen" oder auch, dass man sich dabei von dieser Einstellung oder Einengung "befreit".
Damit geht zwar eine für Gelassenheit typische geistigen Entlastung einher. (Sie ist ähnlich der, die man empfindet, wenn man, statt etwas scharf und genau anzusehen, mit sog. "weichem Blick" entspannt "ins Leere" schaut.) Hier liegt besonders die Gefahr eines Abgleitens ins Dösen nahe. Doch besteht die meditative Leistung hier just darin, eine diesmal allseits offene weite Wahrnehmungsbereitschaft zu entwickeln, die nunmehr "gegen" die ständige und normale, weil natürliche Tendenz zur gegenläufigen konzentrativen Einengung und Engstellung der Aufmerksamkeit gerichtet ist.
"Achtsamkeit" dieser Art, wie Buddhisten sie verstehen (s. den Eintrag Achtsamkeit), besteht deswegen in einer gelassenen und gewahrsamen "Präsenz", wie oft gesagt wird, die auch als wache und offene "situative Allgegenwärtigkeit" umschrieben werden könnte. Es handelt sich um einen weitgestellten, panoramaartigen Wahrnehmungsmodus, den zu beschreiben deswegen schwierig ist, weil er so wenig bekannt ist, dass es keine vertrauten Bezeichnungen dafür gibt. Es versteht sich von selbst, dass bei Einnahme einer zu Konzentrationsleistungen derart gegensätzlichen Geisteshaltung wiederum andere Hirnaktivitätsverteilungsmuster zu erwarten sind.
Ob die geschilderten Untersuchungen in solche, wenn überhaupt in Details gingen, geht aus dem Artikel jedoch nirgendwo hervor - auch nicht, was derartige Geistestechniken, die Buddhisten in zweieinhalb Jahrtausenden entwickelt, erprobt und herausdifferenziert haben, mit Gott, Gottesvorstellungen, Gotteserfahrungen, ja überhaupt mit irgendwelchen, in welchem Sinn auch immer "religiösen", "übernatürlichen" oder "transzendenten" Erfahrungen zu tun haben. Dass sie in den zentralen Lehren des Buddhismus, auf denen die Praxis von Buddhisten ruht, nirgendwo vorkommen, ist dem Autor keine Erwähnung wert, genauso wenig wie die Überlieferung, dass Buddha sich in seiner Anatman- oder Anatta-Lehre ausdrücklich gegen die Annahme einer ewigen Seele oder "Atman" - unser "Atmen"! - gestellt haben soll und aller damit verbundenen "Vorstellungen" und "Gedankenspielereien", fast wörtlich die Bedeutung unseres Fremdwortes "Illusion"! Aber nicht erst seit ihm ist die explizite Aufforderung in der Welt, alle Illusionen - "Maya" - zu "durchschauen" ...
Die Frage nach dem transzendenten Gott dürfte den Theologen wohl anstehen, dem Gehirnforscher jedoch sollte dieser Ausgang verwehrt sein. Denn der hat das Forschungsobjekt "Gehirn" nach naturwissenschaftlicher Methode zu ergründen. Nun steht dem Psychologen, gleich welcher Schule, gut zu Gesicht, sich der Erkenntnisse der Gehirnforschung zu bedienen. Aber auch von den Psychologen ist zu erwarten, dass sie sich auf gesichertem Terrain bewegen. Für meine Begriffe bedeutet das, Gott in der Analyse und Heilung von psychischen Erkrankungen auszulassen. Insofern hat die Frage nach Gott keine Relevanz in der Psychotherapie.
Als Theater-Regisseur & Trainer in der Wirtschaft kann ich das bestätigen:
Viele meiner Teilnehmer aus dem Bereich EINKAUF richten sich nach ihren "Bauchwerten", die sich nach 7 Sekunden für oder gegen einen Verkäufer mit seinem Erscheinen/Auftreten entscheiden. Am Theater bedeuten 7 Sekunden, die längste mögliche "Stille" (Pause) für ein Publikum - danach wird es weltweit unruhig.
Dieses Bauchgefühl kann vom Verkäufer positiv zu seinen Gunsten beeinflusst werden, je mehr er authentische Emotionen zulässt, in Symbolen und Bildern erzählt und weniger nur informativ spricht. Optimal läuft es für den Verkäufer, wenn er sich so verhält, wie der Kunde denkt!
Das Thema "frühkindliche Fremdbetreuung" und Kinderkrippen ist ein gesellschaftlich heiß umkämpftes und braucht dringend kinderpsychologisch kommentierende Aufklärung. Viel zu sehr überlassen Entwicklungspsychologen, Kinderärzte und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten das Feld den Soziologen und Politikern. Die aber verstehen naturgemäß zu wenig von den Kindern und ihrer sensiblen Psychologie.
Der Artikel von Verena Ahne ist gut und packt die strittigen Fragen von der richtigen Seite an. Einige wenige Punkte aber bleiben zu wenig beleuchtet, insbesondere die Fragwürdigkeit mancher international herumgereichter Studien. Vor allen Dingen diesen Punkt möchte ich mit meinem Leserbrief aufgreifen und eine Verknüpfung mit den neuesten Paradigmen der Bindungstheorie, die im Artikel nicht ausführlich zur Darstellung kommen, herstellen.
Derartige "Brennpunkt-Artikel" sind nur noch ärgerlich. Die von dieser Diskussion betroffenen Kinder können sich leider nicht äußern und wehren, sie hätten viel dazu zu sagen. Die im Artikel verwendeten Fotos zeigen etwas davon. Die Autorin jongliert perfekt mit Studien und Expertenaussagen, produziert jedoch nur ein verzerrtes Bild.
So ist z.B. die schwedische Studie von Andersson die einzige, die vermeintlich positive Aussagen zur Krippenbetreuung macht. Die Bindungssicherheit, die in vielen anderen Studien als negativ beurteilt wurde, hat er allerdings nicht überprüft. Die Bindungssicherheit ist jedoch die wesentliche Basis für prosoziales Verhalten und spätere Bindungsfähigkeit.
Auch ist die von der Krippenexpertin Ahnert durchgeführte Untersuchung zur Stressbelastung von Krippenkindern falsch zitiert, denn die Kinder waren nicht drei Wochen unter Stress, sondern 5 Monate. Aus der Hirnforschung gibt es Angaben darüber, was 5 Monate Stress für 15 Monate alte Kinder bedeuten! Das wird leider von allen "Experten" auf diesem Feld ausgeblendet.
Richtigerweise erkennt die Autorin bei der Wiedergabe des Bildungsprogramms für Krippenkinder des Instituts für Frühpädagogik, dass Kleinkind-Pädagogen Supermütter sein müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Wie viele Mütter haben denn Drillinge, Vierlinge oder Fünflinge? Das ist die Ausnahme, und sie haben Anspruch auf Hilfe von außen. Erzieherinnen sollen das ohne "Elternmotivation" alleine schaffen? Das kann nur in der Überforderung enden und zu Lasten der Kinder gehen, wie sich das zum großen Teil in England schon zeigt.
Was für ein Gesellschaftsbild liegt den zitierten Expertenaussagen zu Grunde, wenn den Müttern und Vätern heute die Erziehungs- und Bildungsfähigkeit ihrer Kleinkinder mehr oder weniger abgesprochen wird, um die Legitimation der Krippenbetreuung herzustellen?
Im Sinne der betroffenen Kinder wird es höchste Zeit, dass die Erkenntnisse zur frühen psycho-sozialen Entwicklung bei dieser unsäglichen Debatte berücksichtigt und nicht nur die Bedürfnissen der Erwachsenen fokussiert werden.
Stellungnahme der Redaktion
Sehr geehrte Frau Dr. Butzmann,
Die Daten über Belastungsreaktionen bei Kleinkindern wurden vor und während der Eingewöhnungsphase sowie am ersten, fünften und neunten Tag nach dem ersten Alleinbleiben der Kinder in der Krippe erhoben. Eine letzte Messung gab es dann etwa vier Monate später (im fünften Monat bedeutet nicht fünf Monate). Zu diesem Zeitpunkt hatten alle Kinder die Ausgangswerte wieder erreicht - die Kleinen waren demnach keinesfalls "fünf Monate unter Stress".
Wann genau die Kinder wieder normale Werte hatten, geht aus der Studie selbst nicht hervor. Wenn man allerdings die Kurve, die die Abnahme der Belastungsreaktion von Tag eins bis Tag neun zeigt, fortzeichnet, kommt man auf maximal ein paar Wochen. Im persönlichen Gespräch hat die Studienautorin Liselotte Ahnert diesen Zeitraum auf "etwa drei Wochen" eingegrenzt.
Nun hat man also herausgefunden, wo im Gehirn transzententales, inbesondere religiöse Gefühle, verarbeitet werden. Wir Menschen haben also im Gehirn eine Region, die zur Verarbeitung solcher Wahrnehmungen zuständig ist, so wie für visuelles, für Sprachverarbeitung usw.
Da es nicht sein darf, wird ein Sinn für "überermaterielle geistige Wahrnehmung" kategorisch abgelehnt´. Man spricht sogleich von Visionen und Hirngespinst, statt von Wahrnehmungen.
Ist das nicht sehr willkürlich? Eine Sinnhaftigkeit eines vermuteten Hirnareals für nicht reale Einbildungen lässt sich ebenfalls nicht sinnvoll begründen. Da scheint mir ein realer Sinn wesentlich glaubhafter.
Die Welt ist nicht rein materiell. Es ist ja nicht die erste wissenschaftliche Erkenntnis, die auf eine geistige Ebene jenseits unserer materiellen Wahrnehmung hindeutet (Beispiel: Telepathie). Ich freue mich auf weitere wissenschaftliche Erkenntnisse, die zwangsläufig zur Erkenntnis einer geistigen Welt führen werden.
Leserbrief Gehirn und Geist 09/07 Streitgespräch zwischen Herrn Hollmann und Herrn Longree
Herr Hollmann begründet Entwicklungschwierigkeiten einseitig aus externen Gründen. Wir haben Kinder in der Ergotherapie, die in wunderbaren Familien aufwachsen, sowie reichlich Bewegungsangebote und Zuneigung bekommen. In der Therapie erlebe ich die Eltern dieser Kinder oft extrem verausgabt und niedergeschlagen, weil sie an den verschiedensten Stellen nicht ernst genommen wurden - angefangen beim Kinderarzt. Mittlerweile hat es sich zu einem Spießrutenlauf entwickelt, eine Verordnung für Ergotherapie zu ergattern. Vitamin B zum Arzt wird immer wichtiger. Da erbarmt sich auch schon mal der Kumpel, der Zahnarzt ist, eine Verordnung für Ergotherapie aus zu stellen. Eine andere Familie reist mittlerweile ans andere Ende des Ruhrgebiets – Vitamin B- der Arzt ist Kunde bei Papa! Alles hat also seine zwei Seiten. Herr Hollmann zieht den Beruf an einigen Stellen ins lächerliche. Beispiele wie „übers Tennisfeld kullern um Tennis spielen zu lernen“ begründen sich in entweder absoluter Unwissenheit oder einer Ignoranz demgegenüber, dass es Dinge gibt, die der Medizin verschlossen bleiben, weil es keine Pillen dafür gibt. Meine völlige Bejahung findet Herr Hollmann in seinen Aussagen darüber, die Ursache aller Probleme den Basissinnen zu-zuschreiben. Sensorische Integrationsstörung kommen nicht häufig vor – aber es gibt sie. Herr Hollmann stellt das ÜBEN mit Kindern in den Vordergrund. Therapie ist gerade dann notwendig, wenn das nicht klappt. Hinter Therapieaktivitäten die aussehen, wie lustig vor sich her zu basteln, begründen sich X Einzelschritte. Die Komplexität von (Kinder-) Ergotherapie an dieser Stelle zu erklären ist unmöglich. Herr Hollmann driftet im Streitgespräch oft ins plakative ab. Mein Lob an Herrn Longree, dass er sich da nicht mitreißen lässt und sachlich bleibt. Herr Hollmann wünscht sich, dass wir die Kinderärzte mehr mit auf unsere Reise nehmen? In der Realität ist das schwierig – Anregungen nehme ich gerne entgegen. Vorschläge, eine Beobachtung des Kindes gemeinsam durch zu führen werden seit 8 Jahren nicht angenommen… Und immer wieder kommt das Totschlag - Argument des wissenschaftlichen Nachweises auf den Tisch. Nach Schätzungen von Experten sind im ärztlichen Alltag nur 20% der Tätigkeiten mit hoher Evidenz (wissenschaftlichem Nachweis) belegt. Wie lange gibt es die Medizin?? Herr Hollmann beschreibt auch zukünftige Forschung von vornherein als nicht aussagekräftig, da Kinder sich mehrdimensional entwickeln und verschiedensten Einflüssen ausgesetzt sind. Auch in pharmakologischen Studien ist der Patient, der das Medikament einnimmt äußeren Einflüssen ausgesetzt. Vielleicht hat er sich während der Studie einen Hund gekauft und es geht ihm deshalb besser… Wir können die Zukunft für Kinder auf zwei Arten gestalten: Entweder vertrödeln wir die Zeit damit, uns gegenseitig an zu zweifeln oder es gelingt uns, die Versorgung gemeinsam zu gestalten. Dies gelingt aber nur, wenn wir uns auf Augenhöhe begeben und unser Expertenwissen gegenseitig respektieren und in gemeinsame Forschungsprojekte sowie die Leitlinienentwicklung einfließen lassen. Wenn ich diesen Hoffnungen und Visionen Pressemitteilungen der Bundesärztekammer gegenüberstelle, sehe ich für diese Entwicklung allerdings schwarz. Dort wird die Akademisierung in den Gesundheitsfachberufen „als leider nicht mehr zurückzudrehen“ beschrieben.
Mit freundlichen Grüßen Daniela Rolf, Ergotherapeutin bc. (NL)
Die Lösung des Beispiels aus dem Kasten (G&G 11/07, S. 37) enthält meiner Meinung nach folgenden Fehler:
So wie die Aufgabe definiert ist, hilft es durchaus, K umzudrehen, denn es könnte ja auf der Rückseite ein Vokal stehen - dann würde die Regel nicht stimmen.
Andersherum: (1) Die Lösung passt, falls die Aufgabe etwas "restriktiver" definiert wird (genauer: die Beschriftung der Karten), z.B. indem spezifiziert wird, dass immer auf der einen Seite ein Vokal und auf der anderen Seite ein Buchstabe steht - was der Autor wahrscheinlich annimmt, aber vergisst zu spezifizieren (es wird nur gesagt: "... vier Karten, die jeweils auf Vorder- und Rückseite beschrieben sind.").
(2) Die Lösung passt auch, wenn die Regel etwas "restriktiver" definiert wird, wie folgt: "Wenn auf einer Seite ein Vokal steht und auf der anderen Seite eine Zahl, dann ist diese Zahl gerade." [Nebenbei: der Vorschlag (2) ist allgemeiner als (1), aber ich nehme an dass der Autor an (1) gedacht hat.]
Gerade in einem Artikel über logisches Denken, sollte ein Beispiel wie dieses korrekt sein.
Gruß Marcel Gabor
P.S.: Ich bin trotzdem ein zufriedener Leser Ihrer Zeitschrift, vom ersten Heft an.
Stellungnahme der Redaktion
Sehr geehrter Herr Gabor,
vielen Dank für Ihren Hinweis!
Sie haben natürlich Recht: Gemeint war, dass jede Karte auf einer Seite mit einem Buchstaben, auf der anderen Seite mit einer Zahl beschrieben ist (und nicht etwa beide Seiten mit Buchstaben oder Zahlen beschrieben sein könnten). Diese Spezifizierung ist offenbar einer unzulässigen Verkürzung zum Opfer gefallen.
Wir bitten dies zu entschuldigen!
Eine Berichtigung folgt voraussichtlich in der Januar-Ausgabe, da die Leserbrief-Seite des Dezember-Hefts schon fertig gestellt ist.
Doch was ist Geist?
12.12.2007, Dieter Grabowski, 57392 Schanze 26Was ist der innerste Kern des Menschen? Was belebt ihn? Was treibt ihn? Und mit diesen Fragen wird es erst richtig spannend.
Das Gehirn funktionell gliedern
09.12.2007, Stefan Pschera Erlbach1. Diese Gliederung ist neu und abweichend von bisheriger funktioneller Gliederung.
2. Bisher bestanden die funktionellen Teile aus einem Geflecht von Neuronen und Gliazellen (Nervengewebe). Jetzt aber sind die Gliazellen außerhalb. Oder besser formuliert: Die Funktion wird in Ketten verbundener Neuronen realisiert, die Glia begleitet diese Ketten (Schwann'sche Zellen) oder verbindet unterschiedliche Ketten (Astrozyten).
3. Bei bisheriger Gliederung ist die bauliche Substanz festgelegt. Dies erleichtert die bildliche Vorstellung. Bei der Gliederung in die Ketten verbundener Neurone ist unklar, welche konkreten Zellen oder Zellteile beteiligt sind.
4. Die Anzahl an Ketten mit all ihrer Diver- und Konvergenz ist nahezu unendlich. Mit den derzeitig technischen Möglichkeiten sind der Verlauf der über Synapsen verbundenen Neuronen nur grob eingrenzbar.
5. Allgemein gilt: Die benötigte Funktion fordert geeignetes Material, welches die Funktion effektiv realisiert. D.h. die Funktion bestimmt die Struktur. Wenn die Ketten die Funktionen realisieren, so prägen diese Ketten die Struktur des Gehirns. Der Erfolg der Ketten festigt die synaptischen Verbindungen, formt die Neuronen und letztlich die Größe der Hirnteile.
Was hindert, das Gehirn funktionell in diese Ketten zu gliedern? Antwort: Dies ist geschichtlich bedingt. Im Gegensatz zu einer Maschine ist der funktionelle Bauplan vorab nicht bekannt. Aufwendig wurde Stück für Stück die Struktur ermittelt. Und diese historisch geprägte Befangenheit generiert die Einsicht: "Das Geheimnis des Funktionierens scheint im Zusammenspiel aller Bestandteile verborgen zu sein." Wie schon oben erwähnt: Die Ketten aus verbundenen Neuronen sind das funktionelle Teil. Zwischen funktionellen Teilen bestehen Abhängigkeiten, nicht zwischen strukturellen Bauteilen. Alles schon bekannt und simpel oder? Höchste Zeit zum Umdenken.
Dialektischer Journalismus
28.11.2007, Dr. Dipl.-Psych. Alexander Tewes, LüneburgKommen wir zum obligatorischen Aber: Gelegentlich erscheinen Artikel, die meines Erachtens nach nicht gänzlich unkommentiert bleiben dürfen. Dies ist normal. Als zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit wären da der Artikel "Die anderen Umstände" und "Die eigenen Ideale leben" zu nennen.
Zum Ersten:
Psychoanalytische Herangehensweisen bieten immer wieder interessante, vor allem auch literarisch reizvolle Erklärungsmuster komplexer Sachverhalte. Wie immer, wenn nicht schulenübergreifend kommentiert wird, bieten sie jedoch durchaus diskutable Schlussfolgerungen. Im vorliegenden Artikel werden sämtliche Vorurteile, die man gegen die klassische analytische Sichtweise der Störungsbildgenese hat, leider bestätigt. Verkürzt gesagt: Mutti ist immer schuld. Dieser Artikel ist in seiner unkommentierten, so abgedruckten Form ein Affront gegen jede Mutter.
Zum Zweiten:
Das Ressort "Besser denken" bietet mal gelungeneren, mal eher flachen Lebensrat. Dieses Mal jedoch bietet der Autor leider lediglich Kaffeesatzpsychologie nach dem Motto "Ein Gedanke ohne Emotion besitzt keine eigene Kraft." (S. 72). Bemerkenswert auch die Aussage, dass mein Gehirn einen Tag braucht, "um neue Denkspuren zu legen". Wie lange braucht es wohl, um ungewollte wieder zu löschen?
Mein Vorschlag, da auch solche Artikel weiterhin ihren Platz finden sollten, wäre eine Art "journalistischer Dialektik", wie sie zum Beispiel in der Wochenzeitung "Die Zeit" häufig verwendet wird: In ausgewählten Fällen sollten die Kommentare eventuell nicht ausschließlich dem Leser überlassen werden. Kleine "Gegenstellungnahmen" könnten in Kurzkommentaren im selben oder folgenden Heft ein differenzierteres Bild der Sachlage schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Alexander Tewes
Dialektischer Journalismus
28.11.2007, Dr. Dipl.-Psych. Alexander Tewes, LüneburgKommen wir zum obligatorischen Aber: Gelegentlich erscheinen Artikel, die meines Erachtens nach nicht gänzlich unkommentiert bleiben dürfen. Dies ist normal. Als zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit wären da der Artikel "Mutter(un)glück" und "Die eigenen Ideale leben" zu nennen.
Zum Ersten:
Psychoanalytische Herangehensweisen bieten immer wieder interessante, vor allem auch literarisch reizvolle Erklärungsmuster komplexer Sachverhalte. Wie immer, wenn nicht schulenübergreifend kommentiert wird, bieten sie jedoch durchaus diskutable Schlussfolgerungen. Im vorliegenden Artikel werden sämtliche Vorurteile, die man gegen die klassische analytische Sichtweise der Störungsbildgenese hat, leider bestätigt. Verkürzt gesagt: Mutti ist immer schuld. Dieser Artikel ist in seiner unkommentierten, so abgedruckten Form ein Affront gegen jede Mutter.
Zum Zweiten:
Das Ressort "Besser denken" bietet mal gelungeneren, mal eher flachen Lebensrat. Dieses Mal jedoch bietet der Autor leider lediglich Kaffeesatzpsychologie nach dem Motto "Ein Gedanke ohne Emotion besitzt keine eigene Kraft." (S. 72). Bemerkenswert auch die Aussage, dass mein Gehirn einen Tag braucht, "um neue Denkspuren zu legen". Wie lange braucht es wohl, um ungewollte wieder zu löschen?
Mein Vorschlag, da auch solche Artikel weiterhin ihren Platz finden sollten, wäre eine Art "journalistischer Dialektik", wie sie zum Beispiel in der Wochenzeitung "Die Zeit" häufig verwendet wird: In ausgewählten Fällen sollten die Kommentare eventuell nicht ausschließlich dem Leser überlassen werden. Kleine "Gegenstellungnahmen" könnten in Kurzkommentaren im selben oder folgenden Heft ein differenzierteres Bild der Sachlage schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Alexander Tewes
Missbildungsrate
27.11.2007, Helmut WichtDer Pädiater, der mir gerade über den Weg lief, sagte, dass nur die Anzahl der Lebendgeborenen mit schweren (behandlungsbedürfigen) Herzmissbildungen schon im hohen Promille- bis niedrigen Prozentbereich läge. Also geben wir mal allen Missbildungen zusammen (vorsichtig): zwei Prozent.
Wenn ich mich auf Basis der Weltbevölkerung (6,7 Milliarden) und der Geburten/Köpfe/Jahr (20/1000/Jahr) nicht verrechnet habe (was vorkommt, ich habe keinerlei Sinn für Zahlen), dann sind das in der Tat ein wenig über 3000/Stunde.
Helmut Wicht
Wie viele Kinder kommen mit Missbildungen zur Welt?
26.11.2007, Norbert Rohde, 91052 ErlangenFür eine Beantwortung wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Unschuldig
23.11.2007, Albert Ulrich 84030 LandshutDas wirklich Interessante an dem Artikel ist, dass er verdeutlicht welch großer Beliebtheit sich der Kompatibilismus erfreut. Allzu erstaunlich ist das nicht: Der Kompatibilismus ist eine naturalistische Position mit "Kuschelfaktor": Das Menschliche wird nicht vollständig an die Welt "ausgeliefert", die Rede von lebensweltlichen Zusammenhängen nicht als sinnlos verworfen.
Aber das eigentliche - auch strafrechtlich relevante - Problem kann nicht weggekuschelt werden: Wenn im Kompatibilismus von Freiheit die Rede ist, dann ist die Rede von einer Freiheit bei der "die Welt Regie führt". Es ist eine "Freiheit" die eigentlich "Unfreiheit" ist: Die "Freiheit" (und Verantwortlichkeit) ist ein "Subtext im Buch der Welt". Die Zwangsläufigkeit (d.h. Zwangsläufig für den Menschen, unabhängig davon ob die Welt deterministisch oder probabilistisch verfasst ist) allen Geschehens kann auch der Kompatibilismus nicht in Frage stellen: Gedanken und Taten sind letztendlich Ausdruck eines "anonymen Weltgeschehens". Er (der Mensch) kann vielleicht zwischen verschiedenen Handlungsoptionen wählen, allerdings erfolgt der Auswahlvorgang genauso zwangsläufig wie alles andere Naturgeschehen. Man wählt nicht aus, eher wird man ausgewählt. Der Mensch als kleines Stück Welt kann der Welt nicht "entkommen" und bleibt verstrickt in deren Zusammenhang.
(Das ist auch gut so, denn eine "Freiheit" die nicht in etwas eingebunden und damit "festgelegt" ist, trägt alle Züge der Zufälligkeit; der Liberianismus stellt auch nur eine Problemverlagerung dar. Das Problem wird nicht in der Welt, sondern im Subjekt verortet. Aber auch hier müsste eine Art Mechanismus angegeben werden, der die Person zwangsläufig zu ihren Gedanken und Handlungen kommen lässt. Wenn nicht, besteht die Alternative in der Annahme, dass Gedanken und Handlungen quasi aus dem Nichts herbeigezaubert werden, was zu einer totalen Zufälligkeit führt. Zurechenbarkeit gibt es nur zum Preis der Zwangsläufigkeit. Die Idee einer Freiheit die auch noch einer Person zurechenbar bleibt ist nicht einmal konsistent formulierbar. Auch der Liberianismus kommt letztendlich zur Einsicht in die "Selbstentzogenheit" des Menschen.)
Da der Begriff "Schuld" immer den Vorwurf beinhaltet, jemand hätte auch anders handeln können, als er tatsächlich gehandelt hat, ist er angesichts der Realität sinnlos. Auch ein "pragmatisch-sozialer" Schuldbegriff (siehe Gehirn&Geist Nr.5/2006: "Reparaturanstalt für verletzte Normen") kann nicht überzeugen. Einem Täter vorzuwerfen, dass ein Anderer, der unter ähnlichen Umständen aufgewachsen ist, an die Stelle des Täters gesetzt, die Straftat nicht begangen hätte, ist ungefähr genauso sinnvoll, wie Jemandem zum Vorwurf zu machen, dass er an einer Krankheit gestorben ist, während andere mit ähnlicher Erkrankung genesen sind.
Es wäre nicht unangemessen, den Schuldbegriff aus dem Strafrecht zu eliminieren.
Oh Gott!
19.11.2007, Ingo-Wolf Kittel, AugsburgUnklar bleibt in dem Artikel schon, wie gebetet wurde. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Meditieren wird der mitdenkende Leser am ehesten ein "stilles" Beten oder "Kontemplieren" annehmen (müssen). Dass auch keine weiteren, für die Deutung der Ergebnisse der Untersuchungen evtl. wichtige oder auch nur in Betracht gezogene Details dieses Betens genannt werden, dürfte zu verschmerzen sein.
Gravierender erscheint dagegen, dass auch die Methoden, die von den untersuchten Meditierern angewendet wurden, nicht charakterisiert wurden; denn buddhistische Meditationen sind ausgesprochen differenziert und können selbst dann bemerkenswert unterschiedlich sein, wenn sie nur in gewöhnlichen Konzentrationsleistungen bestehen, auf die der Autor als einzige anspielt. (Während der Volksmund eher von "hoher Konzentration" redet, hält er es durchgehend mit z.T. größter Tiefe. Wenn er allerdings von "tiefer Konzentration" schreibt, nachdem er zuvor von "tiefster Versenkung" gesprochen hat, bringt er Meditieren in die Nähe von Versenkungszuständen wie Trance oder Hypnose oder solchen eher volkstümlicher Art wie Dösen und Tagträumen; zumindest buddhistische Meditationen haben mit all dem jedoch nicht das Geringste zu tun.)
Die wahrscheinlich bekannteste, weil "einfachste" buddhistische Meditation, das stille "Beobachten des Ein- und Ausatmens" (Anapanasati) zur Entwicklung von konzentrierter "Geistesruhe" (Shamatha), besteht beispielsweise in einem konstanten aufmerksamen Registrieren der Körperempfindungen beim Atmen und damit in reinem Wahrnehmen. Das soll nicht nur ein Abgleiten in beliebiges Phantasieren und erst recht in meist tranceartiges Tagträumen vermeiden; vielmehr ist diese geistige Übung in erster Linie gezielt auf die "Ausschaltung" gewöhnlichen Denkens wie z.B. des gewohnheitsmäßigen "inneren Mitredens", also ständigen Mitdenkens und Selbstkommentierens gerichtet. Es ist dann trivial, dass im dafür "zuständigen" präfrontalen Cortex unseres "Denkorgans" andere neuronale Aktivitäten als gewöhnlich festzustellen sind.
Auf ihrem "Trip ins Nirvana", wie der Autor phantasievoll formuliert oder eher fabuliert, könnten die Probanden allerdings auch etwas anderes gemacht haben. Als erfahrene Meditierer haben sie sich möglicherweise auf aktiv selbstgebildete und aufrecht erhaltenen visuelle Vorstellungen konzentriert. Seit mehr als zweitausend Jahre und damit lange vor Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten Psychotherapie werden derartige "Visualisierungen" nämlich in der buddhistischen "Geistesschulung" bewusst und gezielt zur Selbstbeeinflussung und hier vor allem zur Entwicklung und Übung der Fähigkeit der Steuerung von solchen Reaktionen genutzt (z.B. bei der Entwicklung von "Metta": Liebe und Mitgefühl), die wie emotionale Reaktionen "von Natur aus" reflexhaft aufkommen und "ablaufen" .
Das bloße Registrieren von Körperwahrnehmungen ist eine derart andere Tätigkeit als die aktive Bildung und Aufrechterhaltung von Vorstellungen, dass dabei neurophysiologisch erhobene Daten über Aktivitätsverteilung und -veränderungen im Gehirn noch deutlichere Unterschiede zeigen müssten. Nur geht aus dem Artikel nirgends hervor, womit die Untersucher ihre Befunde "korreliert", also worauf sie diese bezogen haben, so wenig wie erwähnt wird, ob es bei den Untersuchungen etwa nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte psychologische Explorationen der Probanden gegeben hat. (Im Gegenteil lesen sich die zitierten Aussagen, als seien die Meditierer und Beterinnen lediglich darum gebeten worden, ihr "inneres Erleben" und damit psychologisch gesehen weiter nichts als ihre Selbstwahrnehmungen aus ihrem persönlichen und damit subjektiven Selbstverständnis heraus sprachlich darzustellen. Selbst dieses wurde aber offenbar nicht differenziert oder gar kritisch hinterfragt und diskutiert, wie es ein wissenschaftliches Vorgehen erfordern würde.)
Das Fehlen genauer Angaben ist besonders deswegen misslich, weil es eine buddhistische Meditationsmethode von ganz Art gibt. Als überhaupt wichtigste und zentrale buddhistische Geistesübung könnte sie von den, wie eigens hervorgehoben wird, damit "vertrauten" Meditierern jedoch auch angewendet worden sein: die sog. Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation (Vipassana).
Bei dieser Meditationsweise wird Aufmerksamkeit im Gegensatz zu den zuvor genannten nicht wie üblich "konzentriert" und gezielt auf ein Erlebensdetail oder einen geistigen bzw. gefühlsmäßigen ("seelischen") Vorgang gerichtet sowie willentlich eine Zeit lang darauf fokussiert. Diese Beschränkung wird im Gegenteil zusammen mit der dabei nötigen Konzentrationsleistung vollständig aufzugeben geübt, man könnte auch sagen: aufgelöst, los- oder sein "gelassen" oder auch, dass man sich dabei von dieser Einstellung oder Einengung "befreit".
Damit geht zwar eine für Gelassenheit typische geistigen Entlastung einher. (Sie ist ähnlich der, die man empfindet, wenn man, statt etwas scharf und genau anzusehen, mit sog. "weichem Blick" entspannt "ins Leere" schaut.) Hier liegt besonders die Gefahr eines Abgleitens ins Dösen nahe. Doch besteht die meditative Leistung hier just darin, eine diesmal allseits offene weite Wahrnehmungsbereitschaft zu entwickeln, die nunmehr "gegen" die ständige und normale, weil natürliche Tendenz zur gegenläufigen konzentrativen Einengung und Engstellung der Aufmerksamkeit gerichtet ist.
"Achtsamkeit" dieser Art, wie Buddhisten sie verstehen (s. den Eintrag Achtsamkeit), besteht deswegen in einer gelassenen und gewahrsamen "Präsenz", wie oft gesagt wird, die auch als wache und offene "situative Allgegenwärtigkeit" umschrieben werden könnte. Es handelt sich um einen weitgestellten, panoramaartigen Wahrnehmungsmodus, den zu beschreiben deswegen schwierig ist, weil er so wenig bekannt ist, dass es keine vertrauten Bezeichnungen dafür gibt. Es versteht sich von selbst, dass bei Einnahme einer zu Konzentrationsleistungen derart gegensätzlichen Geisteshaltung wiederum andere Hirnaktivitätsverteilungsmuster zu erwarten sind.
Ob die geschilderten Untersuchungen in solche, wenn überhaupt in Details gingen, geht aus dem Artikel jedoch nirgendwo hervor - auch nicht, was derartige Geistestechniken, die Buddhisten in zweieinhalb Jahrtausenden entwickelt, erprobt und herausdifferenziert haben, mit Gott, Gottesvorstellungen, Gotteserfahrungen, ja überhaupt mit irgendwelchen, in welchem Sinn auch immer "religiösen", "übernatürlichen" oder "transzendenten" Erfahrungen zu tun haben. Dass sie in den zentralen Lehren des Buddhismus, auf denen die Praxis von Buddhisten ruht, nirgendwo vorkommen, ist dem Autor keine Erwähnung wert, genauso wenig wie die Überlieferung, dass Buddha sich in seiner Anatman- oder Anatta-Lehre ausdrücklich gegen die Annahme einer ewigen Seele oder "Atman" - unser "Atmen"! - gestellt haben soll und aller damit verbundenen "Vorstellungen" und "Gedankenspielereien", fast wörtlich die Bedeutung unseres Fremdwortes "Illusion"! Aber nicht erst seit ihm ist die explizite Aufforderung in der Welt, alle Illusionen - "Maya" - zu "durchschauen" ...
Frage nach Gott
12.11.2007, Stephan Buchenau, GeraDenn der hat das Forschungsobjekt "Gehirn" nach naturwissenschaftlicher Methode zu ergründen.
Nun steht dem Psychologen, gleich welcher Schule, gut zu Gesicht, sich der Erkenntnisse der Gehirnforschung zu bedienen.
Aber auch von den Psychologen ist zu erwarten, dass sie sich auf gesichertem Terrain bewegen. Für meine Begriffe bedeutet das, Gott in der Analyse und Heilung von psychischen Erkrankungen auszulassen.
Insofern hat die Frage nach Gott keine Relevanz in der Psychotherapie.
Bauchgefühl
05.11.2007, Matthias Diem, BerlinViele meiner Teilnehmer aus dem Bereich EINKAUF richten sich nach ihren "Bauchwerten", die sich nach 7 Sekunden für oder gegen einen Verkäufer mit seinem Erscheinen/Auftreten entscheiden.
Am Theater bedeuten 7 Sekunden, die längste mögliche "Stille" (Pause) für ein Publikum - danach wird es weltweit unruhig.
Dieses Bauchgefühl kann vom Verkäufer positiv zu seinen Gunsten beeinflusst werden, je mehr er authentische Emotionen zulässt, in Symbolen und Bildern erzählt und weniger nur informativ spricht.
Optimal läuft es für den Verkäufer, wenn er sich so verhält, wie der Kunde denkt!
Matthias Diem, Berlin - Regisseur im Business
Fragwürdigkeit mancher Studien
31.10.2007, Dr. PosthDer Artikel von Verena Ahne ist gut und packt die strittigen Fragen von der richtigen Seite an. Einige wenige Punkte aber bleiben zu wenig beleuchtet, insbesondere die Fragwürdigkeit mancher international herumgereichter Studien. Vor allen Dingen diesen Punkt möchte ich mit meinem Leserbrief aufgreifen und eine Verknüpfung mit den neuesten Paradigmen der Bindungstheorie, die im Artikel nicht ausführlich zur Darstellung kommen, herstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Posth
Bindungssicherheit Basis für prosoziales Verhalten
31.10.2007, Dr. Erika Butzmann, WildeshausenSo ist z.B. die schwedische Studie von Andersson die einzige, die vermeintlich positive Aussagen zur Krippenbetreuung macht. Die Bindungssicherheit, die in vielen anderen Studien als negativ beurteilt wurde, hat er allerdings nicht überprüft. Die Bindungssicherheit ist jedoch die wesentliche Basis für prosoziales Verhalten und spätere Bindungsfähigkeit.
Auch ist die von der Krippenexpertin Ahnert durchgeführte Untersuchung zur Stressbelastung von Krippenkindern falsch zitiert, denn die Kinder waren nicht drei Wochen unter Stress, sondern 5 Monate. Aus der Hirnforschung gibt es Angaben darüber, was 5 Monate Stress für 15 Monate alte Kinder bedeuten! Das wird leider von allen "Experten" auf diesem Feld ausgeblendet.
Richtigerweise erkennt die Autorin bei der Wiedergabe des Bildungsprogramms für Krippenkinder des Instituts für Frühpädagogik, dass Kleinkind-Pädagogen Supermütter sein müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Wie viele Mütter haben denn Drillinge, Vierlinge oder Fünflinge? Das ist die Ausnahme, und sie haben Anspruch auf Hilfe von außen. Erzieherinnen sollen das ohne "Elternmotivation" alleine schaffen? Das kann nur in der Überforderung enden und zu Lasten der Kinder gehen, wie sich das zum großen Teil in England schon zeigt.
Was für ein Gesellschaftsbild liegt den zitierten Expertenaussagen zu Grunde, wenn den Müttern und Vätern heute die Erziehungs- und Bildungsfähigkeit ihrer Kleinkinder mehr oder weniger abgesprochen wird, um die Legitimation der Krippenbetreuung herzustellen?
Im Sinne der betroffenen Kinder wird es höchste Zeit, dass die Erkenntnisse zur frühen psycho-sozialen Entwicklung bei dieser unsäglichen Debatte berücksichtigt und nicht nur die Bedürfnissen der Erwachsenen fokussiert werden.
Sehr geehrte Frau Dr. Butzmann,
Die Daten über Belastungsreaktionen bei Kleinkindern wurden vor und während der Eingewöhnungsphase sowie am ersten, fünften und neunten Tag nach dem ersten Alleinbleiben der Kinder in der Krippe erhoben. Eine letzte Messung gab es dann etwa vier Monate später (im fünften Monat bedeutet nicht fünf Monate). Zu diesem Zeitpunkt hatten alle Kinder die Ausgangswerte wieder erreicht - die Kleinen waren demnach keinesfalls "fünf Monate unter Stress".
Wann genau die Kinder wieder normale Werte hatten, geht aus der Studie selbst nicht hervor. Wenn man allerdings die Kurve, die die Abnahme der Belastungsreaktion von Tag eins bis Tag neun zeigt, fortzeichnet, kommt man auf maximal ein paar Wochen. Im persönlichen Gespräch hat die Studienautorin Liselotte Ahnert diesen Zeitraum auf "etwa drei Wochen" eingegrenzt.
Mit freundlichen Grüßen
Verena Ahne
Sinn für Transzendentale Wahrnehmung?
28.10.2007, Jürgen Neu, VelbertDa es nicht sein darf, wird ein Sinn für "überermaterielle geistige Wahrnehmung" kategorisch abgelehnt´. Man spricht sogleich von Visionen und Hirngespinst, statt von Wahrnehmungen.
Ist das nicht sehr willkürlich? Eine Sinnhaftigkeit eines vermuteten Hirnareals für nicht reale Einbildungen lässt sich ebenfalls nicht sinnvoll begründen. Da scheint mir ein realer Sinn wesentlich glaubhafter.
Die Welt ist nicht rein materiell. Es ist ja nicht die erste wissenschaftliche Erkenntnis, die auf eine geistige Ebene jenseits unserer materiellen Wahrnehmung hindeutet (Beispiel: Telepathie). Ich freue mich auf weitere wissenschaftliche Erkenntnisse, die zwangsläufig zur Erkenntnis einer geistigen Welt führen werden.
Es gibt viel zu tun - auf beiden Seiten!
26.10.2007, Ihr Name, WohnortStreitgespräch zwischen Herrn Hollmann und Herrn Longree
Herr Hollmann begründet Entwicklungschwierigkeiten einseitig aus externen Gründen. Wir haben Kinder in der Ergotherapie, die in wunderbaren Familien aufwachsen, sowie reichlich Bewegungsangebote und Zuneigung bekommen. In der Therapie erlebe ich die Eltern dieser Kinder oft extrem verausgabt und niedergeschlagen, weil sie an den verschiedensten Stellen nicht ernst genommen wurden - angefangen beim Kinderarzt. Mittlerweile hat es sich zu einem Spießrutenlauf entwickelt, eine Verordnung für Ergotherapie zu ergattern. Vitamin B zum Arzt wird immer wichtiger. Da erbarmt sich auch schon mal der Kumpel, der Zahnarzt ist, eine Verordnung für Ergotherapie aus zu stellen. Eine andere Familie reist mittlerweile ans andere Ende des Ruhrgebiets – Vitamin B- der Arzt ist Kunde bei Papa!
Alles hat also seine zwei Seiten. Herr Hollmann zieht den Beruf an einigen Stellen ins lächerliche. Beispiele wie „übers Tennisfeld kullern um Tennis spielen zu lernen“ begründen sich in entweder absoluter Unwissenheit oder einer Ignoranz demgegenüber, dass es Dinge gibt, die der Medizin verschlossen bleiben, weil es keine Pillen dafür gibt.
Meine völlige Bejahung findet Herr Hollmann in seinen Aussagen darüber, die Ursache aller Probleme den Basissinnen zu-zuschreiben. Sensorische Integrationsstörung kommen nicht häufig vor – aber es gibt sie. Herr Hollmann stellt das ÜBEN mit Kindern in den Vordergrund. Therapie ist gerade dann notwendig, wenn das nicht klappt. Hinter Therapieaktivitäten die aussehen, wie lustig vor sich her zu basteln, begründen sich X Einzelschritte. Die Komplexität von (Kinder-) Ergotherapie an dieser Stelle zu erklären ist unmöglich. Herr Hollmann driftet im Streitgespräch oft ins plakative ab. Mein Lob an Herrn Longree, dass er sich da nicht mitreißen lässt und sachlich bleibt.
Herr Hollmann wünscht sich, dass wir die Kinderärzte mehr mit auf unsere Reise nehmen? In der Realität ist das schwierig – Anregungen nehme ich gerne entgegen.
Vorschläge, eine Beobachtung des Kindes gemeinsam durch zu führen werden seit 8 Jahren nicht angenommen…
Und immer wieder kommt das Totschlag - Argument des wissenschaftlichen Nachweises auf den Tisch. Nach Schätzungen von Experten sind im ärztlichen Alltag nur 20% der Tätigkeiten mit hoher Evidenz (wissenschaftlichem Nachweis) belegt. Wie lange gibt es die Medizin?? Herr Hollmann beschreibt auch zukünftige Forschung von vornherein als nicht aussagekräftig, da Kinder sich mehrdimensional entwickeln und verschiedensten Einflüssen ausgesetzt sind.
Auch in pharmakologischen Studien ist der Patient, der das Medikament einnimmt äußeren Einflüssen ausgesetzt. Vielleicht hat er sich während der Studie einen Hund gekauft und es geht ihm deshalb besser…
Wir können die Zukunft für Kinder auf zwei Arten gestalten:
Entweder vertrödeln wir die Zeit damit, uns gegenseitig an zu zweifeln oder es gelingt uns, die Versorgung gemeinsam zu gestalten. Dies gelingt aber nur, wenn wir uns auf Augenhöhe begeben und unser Expertenwissen gegenseitig respektieren und in gemeinsame Forschungsprojekte sowie die Leitlinienentwicklung einfließen lassen. Wenn ich diesen Hoffnungen und Visionen Pressemitteilungen der Bundesärztekammer gegenüberstelle, sehe ich für diese Entwicklung allerdings schwarz. Dort wird die Akademisierung in den Gesundheitsfachberufen „als leider nicht mehr zurückzudrehen“ beschrieben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Rolf, Ergotherapeutin bc. (NL)
Triftstraße 1, 47533 Kleve
Ergotherapie-rolf@web.de
Ein klassisches Experiment
25.10.2007, Marcel GaborSo wie die Aufgabe definiert ist, hilft es durchaus, K umzudrehen, denn es könnte ja auf der Rückseite ein Vokal stehen - dann würde die Regel nicht stimmen.
Andersherum:
(1) Die Lösung passt, falls die Aufgabe etwas "restriktiver" definiert wird (genauer: die Beschriftung der Karten), z.B. indem spezifiziert wird, dass immer auf der einen Seite ein Vokal und auf der anderen Seite ein Buchstabe steht - was der Autor wahrscheinlich annimmt, aber vergisst zu spezifizieren (es wird nur gesagt: "... vier Karten, die jeweils auf Vorder- und Rückseite beschrieben sind.").
(2) Die Lösung passt auch, wenn die Regel etwas "restriktiver" definiert wird, wie folgt:
"Wenn auf einer Seite ein Vokal steht und auf der anderen Seite eine Zahl, dann ist diese Zahl gerade."
[Nebenbei: der Vorschlag (2) ist allgemeiner als (1), aber ich nehme an dass der Autor an (1) gedacht hat.]
Gerade in einem Artikel über logisches Denken, sollte ein Beispiel wie dieses korrekt sein.
Gruß
Marcel Gabor
P.S.: Ich bin trotzdem ein zufriedener Leser Ihrer Zeitschrift, vom ersten Heft an.
Sehr geehrter Herr Gabor,
vielen Dank für Ihren Hinweis!
Sie haben natürlich Recht: Gemeint war, dass jede Karte auf einer Seite mit einem Buchstaben, auf der anderen Seite mit einer Zahl beschrieben ist (und nicht etwa beide Seiten mit Buchstaben oder Zahlen beschrieben sein könnten). Diese Spezifizierung ist offenbar einer unzulässigen Verkürzung zum Opfer gefallen.
Wir bitten dies zu entschuldigen!
Eine Berichtigung folgt voraussichtlich in der Januar-Ausgabe, da die Leserbrief-Seite des Dezember-Hefts schon fertig gestellt ist.
Herzliche Grüße
Christiane Gelitz
Redaktion Gehirn&Geist