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Mir scheinen hier zwei Vertreter der Systemischen Therapie geantwortet zu haben. Mich würde mal interessieren, welche öffentlich zugänglichen Studien es dazu gibt und welche Aussagekraft diesen in der Fachwelt zugestanden wird. Dies wird sicher wieder kontrovers diskutiert, das kann aber auch positiv sein. Man erfährt dann mehr über die unterschiedlichen Standpunkte.
29.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. Medizin
Friede, Herr Wicht! Ich gestehe, um nicht noch mehr von Ihnen aufs Haupt zu kriegen: In dem von Ihnen sicher gleich überprüften Wikipedia-Artikel zu Pallas Athene (deren Namen ich mit dem Abschnitt verlinkt hatte, in dem ihre Herkunft geschildert wird), ist nicht angegeben, mit welchem Instrument sich Zeus von seinem unansehnlichen Sohn Hephaistos, den er angewidert gleich nach seiner Geburt durch seine Gattin Hera aus dem Götterhimmel rausgeworfen hatte (woraufhin er auch noch fußlahm wurde ...), seinen Kopfschmerz geplagten Schädel spalten oder sogar "zerschlagen" ließ, wie es in dem Artikel derzeit sogar heißt.
Ich gestehe beschämt, dass ich so fantasielos war und nicht darauf gekommen bin, er könnte das mit einem Vorschlaghammer bewerkstelligt haben. Allerdings kann ich für meine von Ihnen beanstandete und zugegebene kühne Vermutung, der fiese Gott des Feuers und der Schmiedekunst könnte martialischen Usancen seiner Zeit gemäß mit einer ordinären Axt zugeschlagen haben, auch keinen Originalitätsanspruch erheben: Darauf ist vor zweieinhalb Tausend Jahren der Dichter Pindar gekommen, wie ich den Angaben hier entnommen habe.
Ich kann Sie also nur um Ihre gütige Nachsicht aus dem Himmel des akademischen Überbaus für meine Keckheit ersuchen, dass ich lediglich Naheliegendes und für klassisch Gebildete zudem Altbekanntes behauptet habe.
Schade fände ich bei der ganzen Sache bloß, wenn darüber unterginge, dass den Häuptern heutiger Hirnforscher oder denen, die (Wissenschafts-)Journalisten auf ihren Schultern tragen, nicht weniger Wundersames "entspringt" ...
Pardon, um mich gleich zu korrigieren: Heute wissen wir natürlich, dass ihre von mir monierten "Fragwürdigen Deutungen" ihren Gehirnen "entspringen" - oder deren "Windungen", deren "Verschaltungen"* oder was immer da gerade "in Frage" kommt ...
PS: Der Untertitel des verlinkten Artikels von Wolf Singer lautete in der gedruckten Fassung "Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören, von Freiheit zu reden" (s. dazu die Ausführungen hier und den Überblick hier.)
In der hier zitieren Untersuchung wurde noch bei allen Kindern dasselbe Trainingsverfahren (gleiche Hirnregionen und Frequenzen) angewendet. Selbst in dieser unspezifischen Anwendung zeigen sich bereits die beschriebenen Erfolge. Diese lassen sich jedoch noch steigern (und Fehlbehandlungen vermeiden), wenn vorher eine Quantitative EEG-Diagnostik stattgefunden hat und die Behandlung daraufhin an den individuellen Bedarf der Kinder angepasst wurde.
Ich kann es ja verstehen, dass man mitunter mit der Axt auf mache Köpfe hauen möchte - aber wo haben Sie denn den Axthieb auf Zeus' Haupt her?
Meines Wissens ist die Pallas eher so eine Art von "zu Kopfe gestiegene Blähung" des Zeus, denn er fraß ihre Mutter, die Metis, als sie mit ihr (der Pallas) schwanger ging. Gezeugt hatte er sie übrigens selbst - und er fürchtete ein Orakel, das ihm vorhersagte, die Kinder der Metis würden klüger sein als er selbst.
Wie genau die Athene dann aus ihres Verschlinger-Vaters Kopf ins Freie kam (MundNaseOhren?), weiß ich allerdings auch nicht. Von einem Axthieb hab' ich jedoch noch nie gehört.
2. Seit März d.J. gibt es auch im deutschen Sprachraum eine kritische Untersuchung "zur Sprache der Hirnforschung". Das ist besonders deswegen zu begrüßen, weil die Öffentlichkeit hierzulande trotz intensiver Diskussionen sogar in der Tagespresse wie z.B. 2004 in der FAZ (s.a. jüngst dort die hier dokumentierte Auseinandesetzung) selbst von Fachjournalen einschlägiger Art kaum über die gewichtige wissenschaftliche Kritik informiert worden ist, die seit den 1990er Jahren an der bisherigen Art der Interpretation messtechnisch gewonnener Daten in der Neurophysiologie ("Hirnforschung") in wissenschaftlichen Fachzeitschriften und Sammelwerken unentwegt geübt wird. Es handelt sich um den Beitrag Nr. 21 zur neuen Reihe des Suhrkamp-Verlags "edition unseld" von Peter Janich mit dem Titel "Kein neues Menschenbild", mit dem er offensichtlich auf den Titel der Zusammenstellung von "Gesprächen über Hirnforschung" aus den Jahren 1993-2001 reagiert, die der Frankfurter Neurophysiologe Wolf Singer im Anschluss an den Erfolg der Bücher seines Kollegen Gerhard Roth 2003 unter dem suggestiven Titel "Ein neues Menschenbild?" veröffentlicht hat. (Wie uralt das dort vertretene "Bild" real ist, wurde von fachlicher Seite im "Apropos" dieses Leitartikels schon 2005 kritisiert.)
19.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. Medizin
Die griechische Göttin Athene - "Ausgeburt" von Weisheit und Intelligenz - soll ihrem Vater Zeus aus dem per Axthieb gespaltenen Kopfe entsprungen sein und das in voller Rüstung, eine "geborene Kämpferin" also - für geistige Höchstleistung ...
An diese abartige Kopfgeburt erinnert der Bericht, wenn dort behauptet wird, "Bewegungen" und "bewusste Absichten" (gibt es andere?) wären den stimulierten Gehirnregionen "entsprungen".
Germanisten wie der Chefredakteur von G&G mögen beurteilen, ob hier lediglich metaphorische Ausdrucksweise misslungen ist. Für mich ist die Denkweise fatal, die dabei zum Ausdruck kommt und gleich zu Anfang mit der offenbar forschungsleitenden Frage wiedergegeben wird: "wo im Gehirn ... bewusste Intentionen entstehen".
Hier steht offenbar die Vorstellung Pate, das Gehirn generiere statt des Nasenschleims, wie in alten Zeiten angenommen wurde, geistige Aktivitäten, wie die Niere also Urin.
Hier zeigt sich eine Denkweise, nach der man konsequenter Weise auch annehmen müsste, Walzertanzen entstünde "in" den dazu nötigen Muskeln, und Weit- oder Hochsprung würde ihnen wortwörtlich "entspringen" ...
In der Hirnforschung lässt man Sprache offensichtlich in ganz besonders intensiver Weise "feiern", wie Ludwig Wittgenstein gedankenlosen Sprachgebrauch umschrieben hat.
Unterscheidung zwischen belebten und unbelebten Dingen ist für das menschliche Gehirn eine Fingerübung und bereits bei Kleinkindern etabliert. Das Gehirn als Regelerkennungsmaschine trifft die Unterscheidung nach wenigen Regeln. Das menschliche Gehirn und der Mensch ist nicht dafür ausgelegt, zwischen echten und simulierten Lebewesen zu unterscheiden - weshalb er leicht einer Täuschung unterliegt. Dies insbesondere, wenn eine entsprechende emotionale Bereitschaft besteht, wie Stolz eines Technikers oder Einsamkeit eines Singles.
"Maschinenanimismus" nennt man das Phänomen, wenn selbst Technik-Freaks ihre Maschinen benamen oder mit ihnen "sprechen" - namentlich tun dies einsame Computer-User. Die Namensgebung für ein Gerät zeigt, dass der Mensch existenziell auf Kommunikation, auf Gemeinschaft angelegt ist - notfalls wird ein Surrogat, die Maschine benutzt. Wir täuschen uns so leicht, weil wir uns täuschen lassen wollen - dies gilt übrigens auch im Umgang mit anderen Menschen!
... und von der BBAW, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ein "Humanprojekt".
Schade, dass davon allgemein so wenig zu erfahren ist, insbesonders über die Ergebnisse all der engagierten wie aufwändigen Arbeit. Allein die BBAW präsentiert m.W. ihre Forschungsergebnisse in einer auf fünf Bände angelegten Buchreihe; die drei bereits erschienenen gelten der "Natur(und Kultur)geschichte der Freiheit" (2007), den "Funktionen des Bewusstseins" (2008) und der Frage "Was ist der Mensch?" (Die zwei bei spektrumdirekt und in G&G erschienenen und sich gut ergänzenden Besprechungen von - leider nur ... - diesem letzten Band sind über seine Vorstellung im Science-Shop des Verlags hier zu erhalten.)
Aus der Neurowissenschaft selbst scheint dabei allerdings "Kein neues Menchenbild" zu folgen, wenn der Wissenschaftstheoretiker und Kulturwissenschaftler Peter Janich Recht mit dem hat, was er in seinem Beitrag mit diesem Titel zur "edition unseld" des Suhrkamp Verlags im März 2009 ausführt ...
Ein realistisches und damit allgemein akzeptables Selbstbild - denn darum geht es letztlich bei der Diskussion des Themas "Menschenbild" - wird vielleicht erst durch die Analyse dessen gewonnen werden, wie Menschen auf der Grundlage ihres Selbsterlebens und ihre daraus sich ergebenden Selbstkenntnis zu einem Selbstverstehen und zu Selbsterkenntnis gelangen und schließlich all dies zusammen zu einem kohärenten Wissen oder "Bild" von sich selbst ausformen.
08.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. Medizin
Eine Stellungnahme zu dem Artikel wurde von der Redaktion hier veröffentlicht.
Dagegen hat Prof. Strack am 5.5.09 dem Autor der Zuschrift hier persönlich bestätigt, seine "Intention ... genau getroffen" zu haben: in der Tat trage s.E. "die zerebrale Lokalisierung von psychischen Funktionen ... wenig zum tieferen Verständnis der ablaufenden Prozesse bei."
... wenn überhaupt etwas! Hirnforscher beziehen sich bei der Erforschung sog. "höherer kognitiver Leistungen" nämlich auf traditionell psychisch oder "geistig" genannte Aktivitäten von uns, die sie bereits vorab und daher aus anderen Quellen kennen müssen, um ihnen die Daten überhaupt zuordnen zu können, die sie bei der Messung der elektrischen Aktivität von Neuronengruppen oder des (ggf. unterschiedlichen) Energiebedarfs in anatomisch oder funktionell unterscheidbaren Hirnregionen erheben.
Darauf hat jüngst auch der bekannte Wissenschaftstheoretiker Peter Janich in seinem, in der "edition unseld" des Suhrkamp Verlags erschienenen Essay "Kein neues Menschenbild - Zur Sprache der Hirnforschung" hingewiesen. Demnach ist es keineswegs so, wie die jungen Wissenschaftler Derrfuß, Fiebach und Heekeren in ihrer o.a. Stellungnahme ohne weitere Begründung behaupten, dass "die Psychologie ... auf den Blick ins Gehirn nicht verzichten" könne; das gilt am ehesten für die medizinische Psychopathologie in der Psychiatrie und Neurologie, speziell in der sog. "Neuropsychologie".
Im Hinblick auf die Psychologie verhält es sich dagegen genau umgekehrt! Hirnforscher können auf exakte psychologische Kenntnisse all der Aktivitäten von uns nicht verzichten, die sie daraufhin "unter"-suchen, welche physischen Gehirnvorgänge "(dar)unter liegen" oder ihnen "zugrunde liegen", wie im Deutschen gesagt werden kann, sachlich genauer und vor allem adäquat ausgedrückt: welche Körperprozesse mit den Messinstrumenten, die in der Neurophysiologie benutzt werden, bei ihrer Ausführung gleichzeitig registriert werden können.
Der Beitrag von Herrn Paulus liest sich für den unbefangen Leser so, als ob er auf dem Hintergrund objektiver Sachkenntnis geschrieben sei. Dem ist nicht so. Für eine objektive Auseinandersetzung in diesem Feld wäre es erforderlich, dass sich ein Autor die Mühe macht, sich mit der Sprache und Begrifflichkeit der betreffenden Therapierichtung auseinander zu setzen. Herr Paulus macht in seinem Artikel ein Hehl daraus, dass er von den systemischen Fachbegriffen keine Ahnung hat. Das wäre aber das mindeste, wenn Herr Paulus mit seinen Argumenten ernst genommen werden möchte. Das scheint er nicht nötig zu haben. Warum nicht? Weil er offensichtlich der Meinung ist, dass systemische Beratung und Therapie für ihn kein ernst zu nehmender Gesprächspartner ist, dessen Begriffe und Argumente man getrost belächeln kann. Das hat aber zur Folge, dass man auch seine Argumente nicht ernst nehmen kann, da sie von mangelnder Sachkenntnis zeugen. Gerade die systemische Therapie nimmt am stärksten (Chaostheorie, Autopoiesis) an der aktuellen allgemein gültigen wissenschaftlichen Entwicklung teil und setzt sie in die therapeutische Praxis um. Es muss einen erstaunen, dass sich diese Entwicklung noch nicht bei Herrn Paulus herumgesprochen hat.
05.05.2009, Tigris Seyfarth, München - Allgemeinarzt
Die Beweisführung, dass Denken (und damit "Geist") kein Zustand des Gehirns sein kann, ist denkbar einfach: - Kein Mensch kann sein Gehirn wahrnehmen (die KST-Darstellungen sind technisch vermittelte Darstellungen "von außen"). - Beim Zustand des Denkens nimmt man jedoch etwas wahr (Gedankeninhalte, Gedanken-Kreisen, Kopfrechnen). - Also kann das, was man beim Denken wahrnimmt, kein Zustand des Gehirns sein (falsch wäre der Schluss, dass beim Denken das Gehirn nicht beteiligt ist). - Es ist zu fragen, wo die sensorischen Zellstrukturen sind, deren Stoffwechsel (ohne erkennbare Bewegung) variiert und so wahrgenommen wird. - Das Nervensystem hat keine andere Funktion (simple Neurophysiologie) als die der Übertragung sensorischer Abläufe auf Muskulatur (diese aber ist die Voraussetzung für Veränderung bei beweglichen Organismen). - Antwort: Spannungsveränderung von Muskeln kann unterschiedlich wahrgenommen werden ohne Bewegung, wenn sie 1) mit Sinnesstrukturen verbunden sind und 2) antagonistisch angelegt sind. Die Muskeln, die beim Menschen die Grundlage für das Sprechen darstellen, sind weit gehend antagonistisch.
04.05.2009, Dr. Wilhelm Rotthaus, Bergheim bei Köln
Man weiß ja niemals, was einen Menschen bewegt, einen Kommentar zu schreiben. Aber selten habe ich Ausführungen gelesen, die derart vorurteilshaft, polemisch und frei von irgendwelchen Kenntnissen zur Sache sind. Auf den Stil von Herrn Paulus einzugehen, lohnt nicht. Deshalb nur einige Informationen:
1. Die Systemische Therapie ist international ein hoch angesehenes Psychotherapieverfahren, dass in der USA und den meisten europäischen Ländern zur Krankenversorgung zugelassen ist. Familiensystemische Interventionen werden beispielsweise durch die US-Regierung für die Behandlung von Substanzstörungen Jugendlicher ausdrücklich propagiert und gefördert.
2. Die Systemische Therapie ist ohne Zweifel eines der am besten theoretisch fundierten Therapieverfahren. Die Systemtheorie - die natürlich im Laufe der Jahre in unterschiedlicher Weise ausgeformt wurde - gilt in allen wissenschaftlichen Fachdisziplinen als das Wissenschaftsmodell, das Komplexität komplexitätsgerecht zu reduzieren vermag und deshalb die größten Zukunftschancen hat. Allerdings stellt sie auch einige intellektuelle Anforderungen.
3. Die Studienlage zur Wirksamkeit der Systemischen Therapie ist so überzeugend, dass auch der vorwiegend mit Vertretern konkurrierender Therapieverfahren besetzte Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie nicht umhin kam, die Wirksamkeit und damit - in seiner Definition - die wissenschaftliche Anerkanntheit zu bestätigen. (Dass die Studienlage zu Angststörungen dabei keine entscheidende Bedeutung hatte, heißt nicht, dass solche Studien nicht vorliegen!)
4. Gerade bei den sog. schweren und kostenaufwändigen Störungen wie Substanzmittelmissbrauch, Störungen des Sozialverhaltens, Anorexie u.a. ist die Studienlage für die Systemische Therapie besonders überzeugend (siehe oben). Dass Systemische Therapie bei sog. leichten Störungen, wie den zweifellos häufigen Angststörungen, seltener beforscht worden ist, hat mit Fragen der Forschungsfinanzierung zu tun und sagt nichts über die Wirksamkeit der ST bei diesem Störungen.
5. Nicht nur die Wirksamkeit der Systemischen Therapie muss als eindeutig belegt angesehen werden. Für die Zukunft unseres Gesundheitswesens ist von gleich hoher Bedeutung, dass diese Erfolge - wie eine Reihe von Studien zeigt - mit einem vergleichsweise geringeren Aufwand und damit mit geringeren Kosten erreicht werden. Dabei blieb sogar noch unberücksichtigt, dass Systemische Therapie nicht nur positiv auf den Indexpatienten wirkt, sondern die Familienmitglieder - wie einige Studien zeigen - in ihrer psychischen Gesundheit ebenfalls profitieren.
04.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. Medizin
Die kritischen Anmerkungen von Fritz Strack habe ich wesentlich grundsätzlicher "gelesen". Nach seiner hier online gestellten Einleitung schien er mir darauf hinweisen zu wollen, dass die Phrenologie auf derselben Basis entwickelt wurde, auf der auch die heutige "funktionelle" Neurophysiologie nach wie vor operiert. Hier ist es im Unterschied zur alten Anatomie, der analytischen Aufschneidekunst in der Medizin, dank neuer Registriermethoden möglich geworden, nun auch dynamische Prozesse im Gehirn zu "verorten", wie die Autoren in ihrer Replik bezeichnender Weise selbst wiederholt schreiben. Hirnforschung ist nämlich bis in ihre heutige funktionelle Erweiterung hinein schlichte Lokalisationslehre: wie der primitive, der "erste" Ansatz des Begründers der Phrenologie, des Anatomen Franz J. Gall.
Selbstverständlich ist es legitim zu erforschen, wie Aktivitäten von uns wie beispielsweise "Kognition und Verhalten mit der Anatomie und Physiologie des Gehirns zusammenhängen". Die Frage ist lediglich, was daraus folgt! Zur Veranschaulichung: Was erfahren wir - auch nur prinzipiell - über einen Walzer, wenn wir aus der anatomischen Forschung erfahren, welche Muskeln beim Walzertanzen insgesamt (alle!) oder vorwiegend (z.B. in den Schultern) betätigt werden, und Muskelphysiologen imstande wären, uns auf Fotos den gemittelten Blutdurchfluss in der Körpermuskulatur bei Walzer-tanzenden Personen zu zeigen?!
Es gilt nicht nur, mit der "Macht der bunten Bilder" aus der Neurophysiologie verantwortlich umzugehen, wie die Autoren meinen. Vielmehr geht es darum, mit den neurophysiologisch gewonnenen Daten selbst verantwortlich umzugehen! Dass hier vieles im Argen liegt, hat soeben Peter Janich in seinem Essay "Kein neues Menschenbild" dargestellt, der als Nr. 21 in der "edition unseld" des Suhrkamp-Verlags erschienen ist. Fritz Strack hat meinem Eindruck nach nur die gegenwärtige neurophysiologische Methodendiskussion genutzt, auf dasselbe hinzuweisen.
Wieso ist sich die Wissenschaftlerin so sicher, dass der Schlafmangel die Verhaltensauffälligkeiten auslöst? Möglicherweise ist es ja auch genau umgekehrt? Respektive die beiden Symptome besitzen eine gemeinsame Ursache. So langsam ist ja wohl bekannt, dass die Abläufe im Gehirn bei ADS etwas anders sind, als bei Nichtbetroffenen. Diese Unterschiede bilden möglicherweise auch die Grundlage für Schlaf-"Störungen", respektive einen gegenüber dem "Durchschnitt" abweichenden Schlafrhythmus.
Zudem gibt es auch den ADS-Typ ohne Hyperaktivität, diese Kinder sind oft sogar besonders ruhig. Führt also vielleicht zu viel Schlaf auch zu ADS?
ADS geht zudem häufig auch mit leichter Ablenkbarkeit und Mühe, Dinge wie einen Tagesablauf zu strukturieren, einher. Mir passiert es z.B. ständig, dass ich schlicht vergesse, schlafen zu gehen.
Schade, dass Koorelationsstudien, gerade bei diesem sensiblen Thema, nicht mit mehr Vorsicht ausgewertet und interpretiert werden.
So weit einige kurze Überlegungen einer selbst von ADS Betroffenen.
30.04.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg (FA für pt. Medizin)
.... wurde meine Zuschrift zur psychologischen Grundlage von "Sprache" hier in Heft 1-2/2009 S. 7 der gedruckten Ausgabe vom Gehirn&Geist veröffentlicht, allerdings nur auszugsweise und ohne den Hinweis auf die wichtigen, von mir angegebenen Veröffentlichungen des verstorbenen Princeton-Psychologen Julian Jaynes. (Auf ihn wurde eben erst in zwei neueren Büchern wie dem von Ulrich Schnabel "Die Vermessung des Glaubens" und dem von Rüdiger Vaas und Michael Blume "Gott, Gene und Gehirne" mal wieder aufmerksam gemacht, wenn auch im Zusammenhang mit eher irrelevanten, weil hochspekulativen neurophysiologischen Spekulationen von ihm.)
Stellungnahme der Redaktion
Sehr geehrter Herr Kittel,
leider ist im Unterschied zur Webseite der Platz auf unseren Leserbriefseiten im Heft sehr beschränkt, so dass wie keine Briefe über ca. 1500 Zeichen Länge veröffentlichen können und längere entsprechend kürzen müssen. Im Fall Ihres Briefes entschieden wir uns, zu Gunsten des Erhalts Ihrer Aussage die Literaturverweise zu streichen.
Öffentliche Studien?
07.06.2009, O. Hoffmann, GothaVielleicht war's ja auch nur ein Beil
29.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. MedizinIch gestehe beschämt, dass ich so fantasielos war und nicht darauf gekommen bin, er könnte das mit einem Vorschlaghammer bewerkstelligt haben. Allerdings kann ich für meine von Ihnen beanstandete und zugegebene kühne Vermutung, der fiese Gott des Feuers und der Schmiedekunst könnte martialischen Usancen seiner Zeit gemäß mit einer ordinären Axt zugeschlagen haben, auch keinen Originalitätsanspruch erheben: Darauf ist vor zweieinhalb Tausend Jahren der Dichter Pindar gekommen, wie ich den Angaben hier entnommen habe.
Ich kann Sie also nur um Ihre gütige Nachsicht aus dem Himmel des akademischen Überbaus für meine Keckheit ersuchen, dass ich lediglich Naheliegendes und für klassisch Gebildete zudem Altbekanntes behauptet habe.
Schade fände ich bei der ganzen Sache bloß, wenn darüber unterginge, dass den Häuptern heutiger Hirnforscher oder denen, die (Wissenschafts-)Journalisten auf ihren Schultern tragen, nicht weniger Wundersames "entspringt" ...
Pardon, um mich gleich zu korrigieren: Heute wissen wir natürlich, dass ihre von mir monierten "Fragwürdigen Deutungen" ihren Gehirnen "entspringen" - oder deren "Windungen", deren "Verschaltungen"* oder was immer da gerade "in Frage" kommt ...
PS: Der Untertitel des verlinkten Artikels von Wolf Singer lautete in der gedruckten Fassung "Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören, von Freiheit zu reden" (s. dazu die Ausführungen hier und den Überblick hier.)
Hohe Effektivität
27.05.2009, Martin Gecks, ads-hilfe.orgDiese lassen sich jedoch noch steigern (und Fehlbehandlungen vermeiden), wenn vorher eine Quantitative EEG-Diagnostik stattgefunden hat und die Behandlung daraufhin an den individuellen Bedarf der Kinder angepasst wurde.
Die Pallas und die Axt
22.05.2009, Helmut WichtMeines Wissens ist die Pallas eher so eine Art von "zu Kopfe gestiegene Blähung" des Zeus, denn er fraß ihre Mutter, die Metis, als sie mit ihr (der Pallas) schwanger ging. Gezeugt hatte er sie übrigens selbst - und er fürchtete ein Orakel, das ihm vorhersagte, die Kinder der Metis würden klüger sein als er selbst.
Wie genau die Athene dann aus ihres Verschlinger-Vaters Kopf ins Freie kam (MundNaseOhren?), weiß ich allerdings auch nicht. Von einem Axthieb hab' ich jedoch noch nie gehört.
Helmut Wicht
Zur Sprache von Hirnforschern
22.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg1. von dem hoch geachteten australischen Synapsenforscher Max Bennett und dem ähnlich renommierten englischen Philosophen Peter Hacker - G&G hat ihn vor fünf Jahren mal interviewt, allerdings ohne erkennbare Konsequenzen - liegt schon lange eine fast halbtausendseitige Analyse neurowissenschaftlicher Begrifflichkeit in dem Buch "Philosophical Foundations of Neuroscience" vor (dt. Übersetzung in Vorb. - seit letztem Jahr übr. auch eine kritische Rekonstruktion der Deutung neurowissenschaftlicher Experimente auf dieser Grundlage in ihrem Folgewerk "History of Cognitive Neuroscience" u.a. - s. ganz unten a. hier).
2. Seit März d.J. gibt es auch im deutschen Sprachraum eine kritische Untersuchung "zur Sprache der Hirnforschung". Das ist besonders deswegen zu begrüßen, weil die Öffentlichkeit hierzulande trotz intensiver Diskussionen sogar in der Tagespresse wie z.B. 2004 in der FAZ (s.a. jüngst dort die hier dokumentierte Auseinandesetzung) selbst von Fachjournalen einschlägiger Art kaum über die gewichtige wissenschaftliche Kritik informiert worden ist, die seit den 1990er Jahren an der bisherigen Art der Interpretation messtechnisch gewonnener Daten in der Neurophysiologie ("Hirnforschung") in wissenschaftlichen Fachzeitschriften und Sammelwerken unentwegt geübt wird. Es handelt sich um den Beitrag Nr. 21 zur neuen Reihe des Suhrkamp-Verlags "edition unseld" von Peter Janich mit dem Titel "Kein neues Menschenbild", mit dem er offensichtlich auf den Titel der Zusammenstellung von "Gesprächen über Hirnforschung" aus den Jahren 1993-2001 reagiert, die der Frankfurter Neurophysiologe Wolf Singer im Anschluss an den Erfolg der Bücher seines Kollegen Gerhard Roth 2003 unter dem suggestiven Titel "Ein neues Menschenbild?" veröffentlicht hat. (Wie uralt das dort vertretene "Bild" real ist, wurde von fachlicher Seite im "Apropos" dieses Leitartikels schon 2005 kritisiert.)
Fragwürdige Deutungen
19.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. MedizinAn diese abartige Kopfgeburt erinnert der Bericht, wenn dort behauptet wird, "Bewegungen" und "bewusste Absichten" (gibt es andere?) wären den stimulierten Gehirnregionen "entsprungen".
Germanisten wie der Chefredakteur von G&G mögen beurteilen, ob hier lediglich metaphorische Ausdrucksweise misslungen ist. Für mich ist die Denkweise fatal, die dabei zum Ausdruck kommt und gleich zu Anfang mit der offenbar forschungsleitenden Frage wiedergegeben wird: "wo im Gehirn ... bewusste Intentionen entstehen".
Hier steht offenbar die Vorstellung Pate, das Gehirn generiere statt des Nasenschleims, wie in alten Zeiten angenommen wurde, geistige Aktivitäten, wie die Niere also Urin.
Hier zeigt sich eine Denkweise, nach der man konsequenter Weise auch annehmen müsste, Walzertanzen entstünde "in" den dazu nötigen Muskeln, und Weit- oder Hochsprung würde ihnen wortwörtlich "entspringen" ...
In der Hirnforschung lässt man Sprache offensichtlich in ganz besonders intensiver Weise "feiern", wie Ludwig Wittgenstein gedankenlosen Sprachgebrauch umschrieben hat.
Mein Freund, der Roboter!
18.05.2009, Dr. Georg Stürmer"Maschinenanimismus" nennt man das Phänomen, wenn selbst Technik-Freaks ihre Maschinen benamen oder mit ihnen "sprechen" - namentlich tun dies einsame Computer-User. Die Namensgebung für ein Gerät zeigt, dass der Mensch existenziell auf Kommunikation, auf Gemeinschaft angelegt ist - notfalls wird ein Surrogat, die Maschine benutzt. Wir täuschen uns so leicht, weil wir uns täuschen lassen wollen - dies gilt übrigens auch im Umgang mit anderen Menschen!
Mit freundlichen Grüßen
Die Ergebnisse würden interessieren - nicht nur dieser Tagung
14.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, AugsburgÜberhaupt scheint interessant, was nach der Homepage des 2008 eröffneten Marsilius Kollegs und der des 2005 gegründeten IFBK mit ihrem Projekt "Menschenbild und Neurowissenschaften" in der berühmten Neckarstadt unter dem übergreifenden Thema "Menschenbilder und Menschenwürde" bearbeitet wird.
Mit anderen Schwerpunkten wird m.W. auch in Marburg ein Projekt "Menschenbilder" betrieben ...
... und von der BBAW, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ein "Humanprojekt".
Schade, dass davon allgemein so wenig zu erfahren ist, insbesonders über die Ergebnisse all der engagierten wie aufwändigen Arbeit. Allein die BBAW präsentiert m.W. ihre Forschungsergebnisse in einer auf fünf Bände angelegten Buchreihe; die drei bereits erschienenen gelten der "Natur(und Kultur)geschichte der Freiheit" (2007), den "Funktionen des Bewusstseins" (2008) und der Frage "Was ist der Mensch?" (Die zwei bei spektrumdirekt und in G&G erschienenen und sich gut ergänzenden Besprechungen von - leider nur ... - diesem letzten Band sind über seine Vorstellung im Science-Shop des Verlags hier zu erhalten.)
Auch die Wissenschaftliche Gesellschaft zu Frankfurt hat mit ihrer Festschrift zum 100-jährigen Gründungsjubliäum im Jahre 2006 "Beiträge zu einer aktuellen Anthropologie" wichtige und vom Herausgeber Hans-Rainer Duncker von langer Hand vorbereitete Anregungen zur Diskussion unseres Selbstverständnisses gegeben.
Aus der Neurowissenschaft selbst scheint dabei allerdings "Kein neues Menchenbild" zu folgen, wenn der Wissenschaftstheoretiker und Kulturwissenschaftler Peter Janich Recht mit dem hat, was er in seinem Beitrag mit diesem Titel zur "edition unseld" des Suhrkamp Verlags im März 2009 ausführt ...
Ein realistisches und damit allgemein akzeptables Selbstbild - denn darum geht es letztlich bei der Diskussion des Themas "Menschenbild" - wird vielleicht erst durch die Analyse dessen gewonnen werden, wie Menschen auf der Grundlage ihres Selbsterlebens und ihre daraus sich ergebenden Selbstkenntnis zu einem Selbstverstehen und zu Selbsterkenntnis gelangen und schließlich all dies zusammen zu einem kohärenten Wissen oder "Bild" von sich selbst ausformen.
Bildgebung in der Krise
08.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. MedizinDagegen hat Prof. Strack am 5.5.09 dem Autor der Zuschrift hier persönlich bestätigt, seine "Intention ... genau getroffen" zu haben: in der Tat trage s.E. "die zerebrale Lokalisierung von psychischen Funktionen ... wenig zum tieferen Verständnis der ablaufenden Prozesse bei."
... wenn überhaupt etwas! Hirnforscher beziehen sich bei der Erforschung sog. "höherer kognitiver Leistungen" nämlich auf traditionell psychisch oder "geistig" genannte Aktivitäten von uns, die sie bereits vorab und daher aus anderen Quellen kennen müssen, um ihnen die Daten überhaupt zuordnen zu können, die sie bei der Messung der elektrischen Aktivität von Neuronengruppen oder des (ggf. unterschiedlichen) Energiebedarfs in anatomisch oder funktionell unterscheidbaren Hirnregionen erheben.
Dies wurde von einem der bekanntesten deutschen Hirnforscher vor Sachkennern auf einem wissenschaftlichen Kongress vor Jahren (2005) offen eingeräumt - und bei der Gelegenheit auch zugestanden, dass deswegen "Psychologie und Psychiatrie gegenüber neurophysiologischer Forschung" unabhängig und eigenständig sind.
Darauf hat jüngst auch der bekannte Wissenschaftstheoretiker Peter Janich in seinem, in der "edition unseld" des Suhrkamp Verlags erschienenen Essay "Kein neues Menschenbild - Zur Sprache der Hirnforschung" hingewiesen. Demnach ist es keineswegs so, wie die jungen Wissenschaftler Derrfuß, Fiebach und Heekeren in ihrer o.a. Stellungnahme ohne weitere Begründung behaupten, dass "die Psychologie ... auf den Blick ins Gehirn nicht verzichten" könne; das gilt am ehesten für die medizinische Psychopathologie in der Psychiatrie und Neurologie, speziell in der sog. "Neuropsychologie".
Im Hinblick auf die Psychologie verhält es sich dagegen genau umgekehrt! Hirnforscher können auf exakte psychologische Kenntnisse all der Aktivitäten von uns nicht verzichten, die sie daraufhin "unter"-suchen, welche physischen Gehirnvorgänge "(dar)unter liegen" oder ihnen "zugrunde liegen", wie im Deutschen gesagt werden kann, sachlich genauer und vor allem adäquat ausgedrückt: welche Körperprozesse mit den Messinstrumenten, die in der Neurophysiologie benutzt werden, bei ihrer Ausführung gleichzeitig registriert werden können.
Subjektivität im objektiven Gewand
06.05.2009, Reinhard WickDenken und Gehirn
05.05.2009, Tigris Seyfarth, München - Allgemeinarzt- Kein Mensch kann sein Gehirn wahrnehmen (die KST-Darstellungen sind technisch vermittelte Darstellungen "von außen").
- Beim Zustand des Denkens nimmt man jedoch etwas wahr (Gedankeninhalte, Gedanken-Kreisen, Kopfrechnen).
- Also kann das, was man beim Denken wahrnimmt, kein Zustand des Gehirns sein (falsch wäre der Schluss, dass beim Denken das Gehirn nicht beteiligt ist).
- Es ist zu fragen, wo die sensorischen Zellstrukturen sind, deren Stoffwechsel (ohne erkennbare Bewegung) variiert und so wahrgenommen wird.
- Das Nervensystem hat keine andere Funktion (simple Neurophysiologie) als die der Übertragung sensorischer Abläufe auf Muskulatur (diese aber ist die Voraussetzung für Veränderung bei beweglichen Organismen).
- Antwort: Spannungsveränderung von Muskeln kann unterschiedlich wahrgenommen werden ohne Bewegung, wenn sie 1) mit Sinnesstrukturen verbunden sind und 2) antagonistisch angelegt sind. Die Muskeln, die beim Menschen die Grundlage für das Sprechen darstellen, sind weit gehend antagonistisch.
Anerkennung der Systemischen Therapie
04.05.2009, Dr. Wilhelm Rotthaus, Bergheim bei Köln1. Die Systemische Therapie ist international ein hoch angesehenes Psychotherapieverfahren, dass in der USA und den meisten europäischen Ländern zur Krankenversorgung zugelassen ist. Familiensystemische Interventionen werden beispielsweise durch die US-Regierung für die Behandlung von Substanzstörungen Jugendlicher ausdrücklich propagiert und gefördert.
2. Die Systemische Therapie ist ohne Zweifel eines der am besten theoretisch fundierten Therapieverfahren. Die Systemtheorie - die natürlich im Laufe der Jahre in unterschiedlicher Weise ausgeformt wurde - gilt in allen wissenschaftlichen Fachdisziplinen als das Wissenschaftsmodell, das Komplexität komplexitätsgerecht zu reduzieren vermag und deshalb die größten Zukunftschancen hat. Allerdings stellt sie auch einige intellektuelle Anforderungen.
3. Die Studienlage zur Wirksamkeit der Systemischen Therapie ist so überzeugend, dass auch der vorwiegend mit Vertretern konkurrierender Therapieverfahren besetzte Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie nicht umhin kam, die Wirksamkeit und damit - in seiner Definition - die wissenschaftliche Anerkanntheit zu bestätigen. (Dass die Studienlage zu Angststörungen dabei keine entscheidende Bedeutung hatte, heißt nicht, dass solche Studien nicht vorliegen!)
4. Gerade bei den sog. schweren und kostenaufwändigen Störungen wie Substanzmittelmissbrauch, Störungen des Sozialverhaltens, Anorexie u.a. ist die Studienlage für die Systemische Therapie besonders überzeugend (siehe oben). Dass Systemische Therapie bei sog. leichten Störungen, wie den zweifellos häufigen Angststörungen, seltener beforscht worden ist, hat mit Fragen der Forschungsfinanzierung zu tun und sagt nichts über die Wirksamkeit der ST bei diesem Störungen.
5. Nicht nur die Wirksamkeit der Systemischen Therapie muss als eindeutig belegt angesehen werden. Für die Zukunft unseres Gesundheitswesens ist von gleich hoher Bedeutung, dass diese Erfolge - wie eine Reihe von Studien zeigt - mit einem vergleichsweise geringeren Aufwand und damit mit geringeren Kosten erreicht werden. Dabei blieb sogar noch unberücksichtigt, dass Systemische Therapie nicht nur positiv auf den Indexpatienten wirkt, sondern die Familienmitglieder - wie einige Studien zeigen - in ihrer psychischen Gesundheit ebenfalls profitieren.
Es geht um viel mehr!
04.05.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. MedizinSelbstverständlich ist es legitim zu erforschen, wie Aktivitäten von uns wie beispielsweise "Kognition und Verhalten mit der Anatomie und Physiologie des Gehirns zusammenhängen". Die Frage ist lediglich, was daraus folgt! Zur Veranschaulichung: Was erfahren wir - auch nur prinzipiell - über einen Walzer, wenn wir aus der anatomischen Forschung erfahren, welche Muskeln beim Walzertanzen insgesamt (alle!) oder vorwiegend (z.B. in den Schultern) betätigt werden, und Muskelphysiologen imstande wären, uns auf Fotos den gemittelten Blutdurchfluss in der Körpermuskulatur bei Walzer-tanzenden Personen zu zeigen?!
Es gilt nicht nur, mit der "Macht der bunten Bilder" aus der Neurophysiologie verantwortlich umzugehen, wie die Autoren meinen. Vielmehr geht es darum, mit den neurophysiologisch gewonnenen Daten selbst verantwortlich umzugehen! Dass hier vieles im Argen liegt, hat soeben Peter Janich in seinem Essay "Kein neues Menschenbild" dargestellt, der als Nr. 21 in der "edition unseld" des Suhrkamp-Verlags erschienen ist. Fritz Strack hat meinem Eindruck nach nur die gegenwärtige neurophysiologische Methodendiskussion genutzt, auf dasselbe hinzuweisen.
Ursache und Wirkung?
30.04.2009, Sandra, SchweizZudem gibt es auch den ADS-Typ ohne Hyperaktivität, diese Kinder sind oft sogar besonders ruhig. Führt also vielleicht zu viel Schlaf auch zu ADS?
ADS geht zudem häufig auch mit leichter Ablenkbarkeit und Mühe, Dinge wie einen Tagesablauf zu strukturieren, einher. Mir passiert es z.B. ständig, dass ich schlicht vergesse, schlafen zu gehen.
Schade, dass Koorelationsstudien, gerade bei diesem sensiblen Thema, nicht mit mehr Vorsicht ausgewertet und interpretiert werden.
So weit einige kurze Überlegungen einer selbst von ADS Betroffenen.
Leider ohne Quellenangabe ...
30.04.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg (FA für pt. Medizin)Sehr geehrter Herr Kittel,
leider ist im Unterschied zur Webseite der Platz auf unseren Leserbriefseiten im Heft sehr beschränkt, so dass wie keine Briefe über ca. 1500 Zeichen Länge veröffentlichen können und längere entsprechend kürzen müssen. Im Fall Ihres Briefes entschieden wir uns, zu Gunsten des Erhalts Ihrer Aussage die Literaturverweise zu streichen.
Ihre G&G-Redaktion